TORUL – Superposition

TORUL – Superposition
Geschätzte Lesezeit: 3 Minute(n)

7.5 Gesamtnote

7.5

Die Band Torul hat sich mittlerweile einen außerordentlichen Status in der Szene erspielt. Zwar sind mir die Slowenen lange verborgen geblieben, aber namentlich schon seit geraumer Zeit bekannt und bereits in der Erstbesetzung mit Jan Jenko war mir die Band ein Begriff. Doch erst mit der Neubesetzung durch Sänger Maj Valerij scheinen die Musiker ihre wahre Bestimmung gefunden zu haben. Vor der Pandemie konnte ich die Band zwei, drei Male livehaftig sehen, jedoch ohne dass sie einen bleibenden Eindruck bei mir hinterließen. Letztendlich war es dann ihr Auftritt beim letztjährigen Eastside-Festival in Halle, der bei mir den nötigen Funken gezündet hat, um zu sagen: Jawohl, diese Band ist wirklich herausragend. Nun steht seit dem 14. Februar ihr neuer Longplayer “Superposition” in den Regalen, und ich muss erst einmal verarbeiten, dass auch eine Band wie Torul das Recht wie auch die Pflicht hat nicht auf der Stelle zu treten und sich weiterzuentwickeln.

“Day of Slay”, der Opener, bestätigt meine Erwartungen nahezu perfekt. Eine dunkle, wabernde Bassline eröffnet einen weiten Klangraum. Einmal mehr zeigt sich, dass elektronische Darkwave-Klänge längst kein deutsches, englisches oder skandinavisches Phänomen sind, sondern sich immer weiter ausbreiten. Der zweite Track, “Conversations”, enttäuscht mich allerdings ein wenig. Er klingt für meinen Geschmack etwas naiv, als hätte Torul Torulsson hier mehr Wert auf Reime als auf die inhaltliche Tiefe gelegt. Falls doch eine tiefere Aussage vorhanden ist, erschließt sie sich mir nicht so, wie es dem Song möglicherweise gerecht werden würde. “Dancers in the Dark” hingegen ist ein echtes Highlight. Eine treibende Bassline und analoge Synthesizer transportieren uns zurück in die frühen 80er, als Spacepop von Künstlern wie Giorgio Moroder geprägt wurde – hier allerdings mit deutlich mehr Druck. Die Referenz ist unverkennbar.

Der Song “Just Upon A Star” knüpft nahtlos daran an. Endlich ein Song, bei dem Maj Valerijs Gesang klar im Vordergrund steht. Leider mit nicht einmal drei Minuten Spielzeit ist mir das Stück etwas zu kurz – hier hätte ich mir mehr gewünscht. “You Knew” bringt dann eine überraschende Wendung. Ein beeindruckender Electroblues, der fast rotzig aus den Boxen quillt, rundet die erste Hälfte des Albums gekonnt ab.

TORUL—Dancers in the Dark (Lyrics)

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Das fast instrumentale “Zu spät” ist nett, scheint aber für mich nicht mehr als ein Lückenfüller. Torul entfernen sich hier zu sehr von dem, was ich an der Band so schätze. Mit dem Übergang zu “Messianic” wird ein Bogen geschlagen, der mein Herz zunächst höherschlagen lässt, mich dann aber doch wieder in eine gewisse Starre versetzt. Natürlich kann man nicht immer jeden Hörer begeistern und ich will den Track keineswegs schlechtreden. Doch für mich fehlt es ihm bisher an Wiedererkennungswert. Aktuell scheint es ohnehin im Trend zu liegen, Electropop im Stil der frühen 80er zu reproduzieren. Leider verliert man dabei schnell ein Stück seiner Identität – und Torul sind hier keine Ausnahme. Positiv hervorzuheben ist jedoch, dass “Messianic” besonders laut sehr gut funktioniert. Ich tanze bereits durch die Wohnung und stelle mir mit geschlossenen Augen einen 80ies-Dancefloor vor, mit Spiegelball und beleuchtetem Boden.

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Das Stück “On My Way” zieht das Tempo dann weiter an. Vielleicht habe ich jetzt ja auch einfach die richtige Lautstärke gefunden, bei der das Album seine volle Wirkung entfaltet. Mittlerweile schauen die Nachbarn neugierig durchs Fenster, was für eine Electro-Party hier gefeiert wird. Zusammen mit “Messianic” markiert dieser Track für mich den bisherigen Höhepunkt der Platte. Noch etwas rauer wird es dann mit “Just Go”. Ich mag es, wenn Electro-Acts ihre Komfortzone verlassen und bewusst kantiger klingen. Drei Songs am Stück, die mich begeistern – ich glaube, jetzt bin ich endgültig in “Superposition” angekommen und schon startet mit “Running Away” auch schon der finale Track.

Die Slowenen haben mit “Superposition” sicherlich keinen Fehlgriff gelandet – ganz im Gegenteil. Das Album klingt zwar anders als erwartet, aber gerade das ist ja oft der Reiz der künstlerischen Weiterentwicklung. Schade. dass genau an den Stellen, an denen man es sich wünscht, ein Song könnte noch länger laufen, leider schon Schluss ist. Torul sind keine Drei-Minuten-Radioband und sollten ihre Möglichkeiten stärker ausschöpfen und sich so mehr Zeit lassen. 35 Minuten für zehn Stücke lassen noch reichlich Luft nach oben.

Tracklist TORUL – Superposition:

01. Day of Slay
02. Conversations
03. Dancers in the Dark
04. Wish Upon a Star
05. You Knew
06. Zu Spät
07. Messianic
08. On My Way
09. Just Go!
10. Running Away

Weblinks TORUL

Homepage: torul-recordings
Facebook:  torul
Instagram:  torul_official

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