THE JESUS AND MARY CHAIN – Köln, Live Music Hall (12.4.2024)

THE JESUS AND MARY CHAIN
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Die Altrocker von The Jesus and Mary Chain feiern zurzeit ihr 40-jähriges Jubiläum mit einer großen Europa-Tour und erfüllten in diesem Rahmen am zweiten April-Freitag die Live Music Hall mit ihrem bunt-melancholischen Noise! Das inzwischen achte Album der Band, Glasgow Eyes, welches am 22. März erschien, war der perfekte Anlass, dieses Ereignis zusammen mit alten und neuen Fans angemessen zu feiern. Und gerade die Mega-Fans von früher wurden an diesem Abend komplett mit ihrer Nostalgie für frühen 90s-Alternative-Rock abgeholt, denn was die Band immer wieder demonstriert, ist, dass nicht jede Band im Laufe der Zeit ihre Qualitäten verlieren muss und noch genauso klassische Tunes machen kann, wenn sie nur weiß, wie.

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Support: DEATHCRASH

Für diesen Teil der Tour war die Londoner Post-Rock-Band Deathcrash als Vorband am Start gewesen. Irgendwo zwischen Mogwai und Doom Metal zu verorten, ist ihr Sound sehr langsam und melancholisch, aber auch laut und emphatisch – und passt somit ausgezeichnet zu The Jesus and Mary Chain! Ohne direkt Emo zu klingen, präsentiert der Sänger Tiernan Banks seine Lyrics in einer sehr ruhigen, dumpfen Stimmlage, mehr sprechend als singend, und paart dies perfekt mit den sehr klassisch klingenden Post-Rock-Instrumentals der Band. Wenn dies auch technisch nicht immer perfekt klang (zugegeben, es gab ein paar kleinere Probleme mit der Technik), so passte dies doch ironischerweise sehr zum depressiven Gesamtbild der akustischen Landschaft, die Deathcrash lautstark bemalten. Auch die Lautstärke war überraschend passend: Die sonst eher als “zu leise” bekannte Location hat an diesem Abend bewiesen, dass es auch lauter geht, wenn es nötig ist – und davon durfte auch die Vorband schon profitieren. Kudos! Zu schade, dass die Band nur knappe 25 Minuten spielen durfte; wie ich finde, viel zu wenig.

Weblinks DEATHCRASH

Homepage: www.deathcrash.com
Facebook: facebook.com/deathcrashband
YouTube: youtube.com/channel/UCHuJy9HlPOHgNqApjFM0d9Q
Spotify: open.spotify.com/artist/7m7gr3M1p4S92xuwXvorEH

THE JESUS AND MARY CHAIN

Und so und nicht anders geht guter Shoegaze heutzutage: Es ist keine große Energie auf der Bühne und auch nicht viel Gerede und Crowd Work notwendig. Einfach ein paar gut geübte Ikonen auf die Mitte der Bühne kleben, die Anlage auf volle Lautstärke stellen und der Sache ihren freien Lauf lassen. So hat The Jesus and Mary Chain ein erstklassiges Noise-Rock-Konzert hingezaubert, bei dem sowieso Fans der alten Schule, aber auch die Jüngeren voll auf ihre Kosten kommen konnten!

Klar, dass jetzt kein Moshpit bei diesem eher langsamen Dreampop zu erwarten ist, das ist klar. Aber die Fans gingen auf jeden Fall deutlich mehr ab, als ich es hätte vermuten können! Es bildeten sich ganze Tanz-Traufen und alle sangen lautstark mit und wippten und schunkelten im Takt; es war eine pure Freude, dieser Atmosphäre beiwohnen zu dürfen.

Die Songauswahl war sehr durchmischt, es waren einige Songs dabei, die man nicht unbedingt erwartet hätte – klarer Fanservice -, aber auch nicht jeder Kracher war dabei (April Skies und Sometimes Always wurden schmerzlich vermisst), was dann bei einer Stunde und 40 Minuten Spielzeit aber wiederum Sinn machte. Eine gute, eher längere Spielzeit. Aber 40 Jahre und acht Alben in diese Zeit zu quetschen, ist eh unmöglich. Die Jungs haben sich klar Gedanken gemacht, welche Songs die Band in ihrem jetzigen Status am besten repräsentieren würde. Für die erste Hälfte hat die Band ein wenig den Noise ihrer Songs runtergedreht: Was auf der Platte noch schranzig und schief klang, war live deutlich ruhiger – aber das galt dem Crescendo des Konzertes. Denn, zum Schluss hin wurden die Songs immer lauter und der gewohnte Krach war zurück! Das gab dem Konzert, besonders mit der Zugabe, einen gefühlten Punkt am Ende, der es richtig in sich hatte. Besonders mit einer extra langen Version von Reverence, welche auf über 10 Minuten gezogen wurde.

Sicherlich hätte man auch den ganzen Gig mit dieser Energie durchziehen können und ich will den nicht jungen Reid-Brüdern das auch nicht zumuten müssen, wenn es denn doch am Alter lag. Und sicherlich hätte ich es persönlich cooler gefunden, wenn meine Ohren die ganzen 100 Minuten geblutet hätten, aber ich weiß den gezielten Aufbau als Konzept zu schätzen, und wie heftig das Publikum drauf abging, hat mir gezeigt, dass dieses Konzept auch voll aufging! Alles in allem also eine gelungene Geburtstagsfeier für eine der einflussreichsten Alternative-Bands der Welt!

Setlist THE JESUS AND MARY CHAIN

01. Jamcod
02. Happy When It Rains
03. Head On
04. Far Gone and Out
05. All Things Pass
06. Chemical Animal
07. The Eagles and the Beatles
08. Amputation
09. Cracking Up
10. Some Candy Talking
11. In a Hole
12. Sidewalking
13. Pure Poor
14. Blues From a Gun
15. Nine Million Rainy Days
16. Venal Joy
17. I Love Rock ‘n’ Roll
18. Just Like Honey
19. Darklands (Zugabe)
20. Taste of Cindy (Zugabe)
21. I Hate Rock ‘n’ Roll (Zugabe)
22. Reverence (Zugabe)

Text: Robert Pinske / Steffen Seth Prohn

Weblinks THE JESUS AND MARY CHAIN

Homepage: https://themarychain.com/
Facebook: www.facebook.com/JesusAndMaryChain
YouTube: https://www.youtube.com/@jesusandmarychainofficial
Spotify: https://open.spotify.com/artist/4rjlerN21ygkIhmUv55irs
Twitter: https://twitter.com/TheMaryChain

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