Nachdem ein Großteil der Festivals in den letzten 6 Wochen mehr oder weniger ins Wasser gefallen waren, standen die Wettervoraussichten für das diesjährige Summer Breeze Open Air im beschaulichen Dinkelsbühl unter einem guten Stern, Verzeihung dämonischer Sonne. Da einige Mitglieder der Reisegruppe sich noch von dem M’era Luna Warm Up erholen mussten, entschieden wir uns für eine Anreise am Mittwoch. So konnte man sich zu mindestens auch den epischen Stau am Dienstag ersparen, dieses Jahr eskalierte dies an einigen Anfahrtswegen sehr stark, es wurden hier von mehrstündigen Wartezeiten (6-8 Stunden) berichtet, da 2/3 der Besucher bereits am Dienstag anreiste. Nach dem ersten Saunagang beim Zeltaufbau ging es am späten Nachmittag dann direkt ins Infield wo heute bereits alle Bühnen mit einem kürzeren Programm bespielt wurden.
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Main Stage
Bühne frei für den feinen Death Metal von Kataklysm, die Kanadier sorgen gleich zu Beginn für einen massiven Druck auf der Mainstage und zerlegen das Publikum recht amtlich. Mit Stücken wie The Ambassador Of Pain oder Manipulator Of Souls auch kein Problem. Über sich drehende Köpfe und das bereits zahlreich erschienene Publikum freut sich die Band. Bei den warmen Temperaturen verzichtet man dennoch nicht auf ein zünftiges Workout. Die Band macht dann natürlich auch den erste Security Stress Test und läutet die diesjährige Crowdsurfersaison auf dem Breeze ein.
Epica fahren nun wahrlich epische Geschütze auf, mit einer Menge Pyro, Pyroschlangendeko und einer extrem gut ausgespielten Soundanlage sind die besten Voraussetzung schon mal gegeben. Die fast schon dämonische Spielfreude der Band schüttet noch weiter Feuer in das Publikum, die das Material hemmungslos abfeiert. Simone Simons strahlt dabei über alle Ohren, je nachdem ob die Pyros sie oder Teile der Band gerade pulverisieren. Mit Abyss of Time – Countdown to Singularity oder The Final Lullaby bezaubert die Band das Summer Breeze mit ihren musikalischen Meisterwerken. Nachdem bei Metallica und auf der Co-Headliner Tour letztes Jahr die Shows nicht ganz so gut rüberkamen ist der Auftritt heute Abend fürwahr episch grandios.
Über die zugegebenermaßen sperrige Persönlichkeit Dave Mustaines und die eher mittelmäßige Bühnenform der Band kann sich jeder seine eigene Meinung bilden – dass Megadeath eine der geschmackvollst kuratierten Setlisten des ganzen Festivals bringen ist jedoch Fakt. Lediglich das Fehlen von Tornado of Souls ist subjektiv unverzeihlich – aber fangen wir von vorn an: Mit dem Dreifachschlag Hangar 18, Dread and the Fugitive Mind und Angry Again setzen die Herren Mustaine, Loureiro, LoMenzo und Verbeuren einen saftigen Einstieg in ein erfrischend abwechslungsreiches Programm quer durch die Bandgeschichte. Neben dem stimmlich ein wenig angeschlagenen Mustaine brilliert vor allem Loureiro mit Spielfreude und einem Hang zu ausgeprägten Grimassenziehen. Selbstverständlich fehlen Über-Klassiker wie A Tout le Monde oder Symphony of Destruction nicht, die auch vom Publikum entsprechend anerkennend abgenickt werden, so dass, auch wenn das alte Feuer zum kleinen Campingkocher runtergebrannt ist, man unterm Strich eine positive Bilanz ziehen kann. Immer noch die beste Megadeath-Coverband auf dem Markt.
Wie sehr könnt ihr alles abfackeln? Sternhagelvoll geht alles, unter dem Motto lassen In Extremo heute Abend kein Effekt aus und zerlegen das Summer Breeze nach Strich und Faden. Neben allerlei bekannten Hits aus den letzten Jahren wird das Feuerwerk nicht nur bei der Setlist mehrfach abgefeuert. Neben den fröhlichen Trinkliedern setzten In Extremo aber auch mit den eher tiefgründigen Lieb Vaterland, Magst Ruhig Sein und Saigon Und Bagdad deutliche Zeichen gegen den Krieg, dazu gibt es noch den nagelneuen Weckt Die Toten als Würze auf dieser Setlist. Die Stimmung im rappelvollen Infield ist grandios und die Band stachelt hier immer weiter an, selbst nach unzähligen In Extremo Konzerten ist der Auftritt heute deutlich intensiver als sonst und die Band geht mit einem zweiten Feuerwerk zu Pikse, Palve würdig von der Bühne.
Nach In Extremo wird es Zeit für die Legende U.D.O., zur späten Stunde hat Udo Dirkschneider die Ehre auf den Abgesang des heutigen Abends. Es hat sich auch noch eine mittelgroße Meute an Fans versammelt um HOLY Udo zu huldigen und zu den ewigen Hits von Metal Never Dies und Man and Machine abzubangen. Dies gelingt ganz gut und der erste Tag auf der Main Stage kann gut abgeschlossen werden.
T-Stage & Rebell Stage
Melissa Bonnys nun schon seit 2020 um (u.a.) ex-Märzfelder Körbi am Bass verstärkte Symphonictruppe Ad Infinitum schaffen es, auch bisher nicht mit der Truppe in Berührung gekommenes Fanvolk zu aktivieren und liefern nicht zuletzt dank dem in ätherischen Wellen aus der Frontfrau strahlenden Charisma und dem hammerguten Sound eine der überraschenden Shows des Festivals ab. Nicht zuletzt sind sicherlich sackstarke Songs wie Seth oder Eternal Rains, die sich positiv vom üblichen, formulaischen Symphonic-Female-Fronted-Einheitsbrei absetzen, einen weiteren Daumen hoch wert. Gut abgeliefert!
Nach dem Sänger Björn „Speed“ Strid auf der letzten Tour ausgefallen war, konnte man Soilwork endlich wieder in voller Stärke bewundern und die Schweden sorgten dementsprechend auch für einen massiven Druck auf der T-Stage. Trotz Konkurrenz zu Megadeth haben sich etliche Fans eingefunden und trotzen der Hitze. Die Setlist ist gut austariert aus Hits und einigem neuen Material, eine Überraschung gab es dann noch bei Death Diviner, hier gesellte sich noch Scott Kennedy von Bleed From Within dazu und sorgte für einen mächtigen Rundumschlag.
Unglaublich, wie weit das italienische Beklopptenkommando Nanowar of Steel seit den Anfangstagen gekommen ist, als noch Bananen wie “Our Metal Is So Strong ‘Cos Our Dick Is So Long” rausgehauen wurden. Über die Jahre verfeinerten sich nicht nur der Humor sondern auch die spielerischen Fähigkeiten der Truppe, so dass man heuer mit einigen Hits ins Gefecht gehen kann. Zwischen The Call of Cthulhu, wo mit übergroßer Handyattrappe und Tentakelfressen-Maske herumgealbert wird, einem grenzdebilen Schleiereulenkostüm in Il Cacciatore Della Notte, fragwürdigen Ansagen zu Norwegian Reggaeton, der Sabaton-Parodie Pasadena 1994 und dem glorreichen, epischen Finisher Valhelleluja machen die Italiener trotz der fortgeschrittenen Stunde mächtig Spaß und schicken die Anwesenden mit einem breiten Grinsen vom Platz.
Auf der Rebell Stage entdeckt man immer wieder illustre Bands, so auch zur späten Stunde, gegen 2.20 zerlegt Capra mit ihrem Heavy Metal noch einmal das restliche vorhandene Publikum und Sängerin Crow Lotus kann hier stimmlich mehr als überzeugen. Der Druck ist durchweg hoch und die letzten Kraftreserven werden von der Band noch einmal animiert, großartiger Auftritt.