Bei höllischen Mittagstemperaturen und einer drückender Hitze begann der Tag schon mal sehr brutal, Teile der Monkeypresscrew waren aufgrund dessen auch noch nicht einsatzfähig, daher beginnen wir auf den Nebenbühne erst am späteren Nachmittag. Die Hitze setzte allen extrem zu, zum Glück gab es recht viele Wasserstellen und Wassernebeler auf dem Infield, zudem sorgten die Grabenschlampen für regelmäßige Wasserduschen.
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Main Stage
Dennoch zogen bereits um 12.00 Uhr tausende Besucher in Overalls, mit Toilettenpapierrollen und Klobürsten bewaffnet vor die Main Stage, um dort Gutalax zu frönen. Die Tschechen sind mittlerweile gefühlte Stammgäste auf dem Breeze und beginnen den Tag mit munteren Fäkalgrind. Die tiefgründigen Texte sorgten für eine hochkomplexe Energie zwischen dem Publikum und der Band, diese magische Verbindung wurde dann mit fliegenden Klorollen und (Mülltonnen)-Crowdsurfern geschlossen.
Wer nun noch nicht in der Sonne verbrannt ist, geht zum Hardcore-Metal von Terror, die Band mobilisiert auch wieder so einiges an Publikum vor der Bühne und startet den Circle Pit Ventilator, um die Hitze zu reduzieren. Die Breakdowns sitzen und das Publikum zerstört sich mit Spit My Rage oder One With The Underdogs einfach mal selbst. Bei der Energieentwicklung + Hitze könnte man so einige Energieprobleme auf der Welt lösen.
Einige hundert Motivierte nutzen zeitgleich das schöne Wetter, um dem Metalyoga auf dem Campingplatz nachzugehen und die Crowdsurferspannung zu trainieren. Dieser war heute aufgrund der Hitze gefühlt nicht ganz so schnell, aber man muss ja fit bleiben, oder?
Danach ist man ein Fall für den Grave Digger, hier geht es zum Glück etwas gemächlicher zu, immerhin sind die Musiker um Chris Boltenthal schon etwas länger auf den Bühnen unterwegs, aber noch sehr agil. Der Heavy Metal versprüht dabei wieder etwas Trueness auf dem Summer Breeze und das Publikum kann den ewigen Hymnen von Excalibur, Rebellion (The Clans Are Marching) und Heavy Metal Breakdown frönen.
Während Teile der Region bereits in Starkregen und Unwetter versinken bauen sich direkt am Gelände ebenfalls mächtige Gewitterwolken auf, Erinnerungen und Albträume an das letzte Jahr wurden wach und einige Besucher flüchteten bereits Richtung Zeltplatz. Die Botschafter für norddeutsche Beziehungen von Versengold spielten den anfänglichen Regen und das Unwetter mit ihrem Folkrock aber schnell weg. Was kann der Regengott auch gegen den neuen Song Komm Wir Feiern Den Norden oder Kobold Im Kopf entgegensetzen. Zum Ende gehen Malte und Eike noch in das Publikum und spielen von dort Butter Bei Die Fische und Die Letzte Runde. Danach wurde es auf dem Gelände auch merklich norddeutsch frischer für den Rest des Tages und blieb trocken.
Abgekühlt ging es nun wieder weiter mit Tempo auf der Main Stage, Stick to Your Guns starten mit Nobody und machen schnell wieder Druck. Der Hardcore regiert den Pit, es wird gemosht und gesurft, als gebe es kein Morgen und die Band feuert immer weiter ihre Riffs in die Menge. Frontmann Jesse Barnett legt dazu stimmlich auch massiv vor und sorgt für so einige Fangesänge im Publikum. Als die Band dann mit Against Them All das Set abschließt läuft der Schweiß mal wieder in Mengen.
Oh, und Hardcore auf der Main Stage, heute bleibt es etwas beim massiven Druckkessel vor und auf der Bühne. Hier folgt nun Beartooth, die Band entfacht sehr schnell einen massiven Druck und sorgt für einen ständigen Circle Pit. Die hyperaktive Band kann das Publikum sehr schnell einbinden und spätestens zu Disease schallen die Gesänge über das Infield. Eventuell lag es auch am Sänger, wer weiß… Der Druck reißt nicht ab und die Band legt ein Eisen nach den anderen ins Feuer, Crowdsurfer, Circle Pit, Wall Of Death, heute wird hier jeder befriedigt.
Da hat das Summer Breeze noch einmal Glück gehabt, Trivium gab während des Festivals bekannt, dass sie nun erst einmal eine längere Bandpause anlegen wollen, ohne ein neues Album zu planen. Also durfte das Publikum heute noch einmal die US-Band genießen, bevor es in die Durststrecke geht, zum Glück ist die Bierversorgung auf dem Summer Breeze trotz allgemeinen Personalmangel immer überraschend gut. So feiert das Publikum bei bestem Sound Becoming The Dragon, Feast Of Fire ab und sorgt für eine ausgelassene Mosphitstimmung an diesem Abend, der passend nach etlichen Crowdsurferwellen mit In Waves beendet wird.
Was Frog Leap auf einem Headlinerslot zu suchen haben, ist zumindest ein wenig fragwürdig. Klar sind der norwegische Tausendsassa Leo Moracchioli und seine Backingtruppe (u.a. ein psychotischer Karnickel und Gitarrengott Rabea Massad) vor allem in der Online/Youtube-Community große Nummern, aber die glorifizierte Coverband ist halt eben nur eine solche, auch wenn die dargebotenen Versionen von Welthits wie Africa (Toto), House Of The Rising Sun (Eagles) oder dem Pokémon Theme durchaus auf Resonanz stoßen. Gute Show, aber ein wenig underwhelming – doch dem Publikum scheint’s zu gefallen, also alles im Lot.
Nach dem nicht ganz so ernsten Auftritt von Frog Leap wird es mystisch, die Senkrechtstarter von Sleep Token erscheinen nun in dunklen Gewändern auf der Bühne und zelebrieren ihren Auftritt regelrecht wie auch das noch zahlreich vorhandene Publikum. Die Band beherrscht dabei die Mischung der verschiedenen Genres und ihren Auftritt perfekt. Ihr Material lässt viele verwunderte Gesichter vor der Bühne aufhorchen und die Band kann mit Granite, Hypnosis oder Higher mehr als überzeugen.
T, Ficken & Rebell Stage
Wo die HC-Senkrechtstarter Setyøursails aufschlagen, sind Circle Pits, Mosherei und allgemeine Gewaltakrobatik in den vorderen Reihen nicht fern. Good, friendly, violent fun, wie die Jungs von Exodus sagen würden. Der kölsche Vierer um Fronterin Jules holzt sich bestens gelaunt durch ein Best-Of-Set (falls man das bei einer so jungen Band bereits sagen kann), animiert gerade das jüngere Publikum zum Ausrasten und haut am Ende sogar noch ein paar Pyros raus. Way to go, kids!
Dass die Kombination aus Jim Müllers Gitarrenriffs und Anna Brunners Ätzröhre des Todes™ wunderbar funktioniert, konnte man bereits auf dem Titeltrack von Kissin’ Dynamites 2018er Scheibe Ecstasy bestaunen, auf dem Madame als Gastsängerin mitwirkte. Nun lag es also nahe, dieses Duo in Form der League Of Distortion mit einem Haufen eigener Songs auf die Menschheit loszulassen, was live durchaus unterhaltsam ist. My Revenge, It Hurts So Good, I’m a Bitch – da sind ein Haufen cooler Songs dabei. Natürlich wird das Rad nicht neu erfunden, Spaß macht die Combo aber allemal.
Mit instrumentaler Exzellenz und ungesundem Menschenverstand bieten die kanadischen Vollfreaks Archspire eine fatale Mischung aus waffenfähigem ADHS in Form von ultrafrickeligem technical Death Metal, der sich oft genug jenseits der 300bpm bewegt und brillieren zwischen den Klanghalden durch absolut nicht jugendfreie Ansagen u.a. über die rektalerotischen Vorlieben (oder das Fehlen dieser) von Lebensgefährtinnen der Bandmitglieder und lassen den einen oder anderen vollkommen konfus zurück — definitiv die Band mit dem größten WTF-Faktor des Tages, musikalisch jedoch mehr als beeindruckend.
Auf der T-Stage wird es nun dunkel nicht nur aufgrund der aufziehenden Regenwolken, End of Green frohlockt mit dunklen Klängen und schwarzen Humor, zudem gehört die Band auch bereits zum festen Inventar auf dem Summer Breeze. Etliche Fans sind vor der Bühne erschienen, um die dunklen Melodien zu feiern und in melancholischen Gedanken zu schwelgen. Bei den Songs der Band gelingt dies auch sehr gut und Sänger Michelle Darkness hat dazu immer den richtigen Spruch auf den Lippen, also keine Wasted Time.
Kurze Exkursion auf die Ficken Stage, wer die jungen Lappen (im Sinne von “Bewohner von Lappland”, genauer aus Rovaniemi) von I Am Your God auf die Party Stage auf dem Campinggelände abgeschoben hat, soll doch bitte einmal rektal gestachelkeult werden. Die Kids um Sänger Julius hauen ihren Mix aus Melodic Death und Power Metal mit Core-Einschlag, der mehr als einmal verdächtig an Children Of Bodom erinnert, trotz relativ geringer Publikumszahl vor der Bühne (die direkt neben dem Ficken-Schnaps-Stand positioniert ist. Hätte man nicht doch J.B.O. oder ähnliche Karnevalskapellen da hinschieben können?) hochmotiviert raus und lassen sich auch vom einsetzenden Regen nicht beirren. Coole Truppe mit bereits 2 Alben unterm Gürtel, die jeder Fan von COB oder auch Trivium einmal abchecken sollte.
Obituary sind und bleiben eine Bank, die eigentlich gar nichts mehr falsch machen können. Die entspannten Floridianer können auf einen derart großen Fundus von Perlen der Death-Metal-Historie zurückblicken, dass es einem Angst und Bange wird. Nach einem Pat-Travers-Intro vom Band wird direkt mit dem Redneck Stomp die Walze angeschmissen. Der Sound drückt, Tardy brüllt mit finsterem Blick ins Mikro, die Leute nicken, bangen, moshen und feiern eine DM-Party bis hin zum finalen Rausschmeißer Slowly We Rot. Für die Modern-Metal-Kids vielleicht uncool, aber das Altmetallerherz freut sich nen Ast!
Der Post-Metal von Amenra aus Belgien ist glimpflich gesagt schon ein etwas spezieller Musikgeschmack, wenn der Sänger dann gefühlt das komplette Konzert dem Publikum den Rücken zudreht und in den Rückraum schreit ist dies wahrscheinlich Kunst. Für die einen ist der Auftritt eine musikalische Offenbarung, bei den anderen sorgt dies eher für Stirnrunzeln. Musikalisch gibt es hier aber nichts zu meckern und die mangelnde Interaktion mit dem Publikum ist wohl scheinbar normal.
Mit nautischem Doom, einem der besten Lichtbilder des Festivals und in Bullaugen-Bleiglas gegossener Tiefseeatmosphäre präsentieren Ahab ihren fesselnden Doom, dessen wabernde Tentakel sich psychedelisch ins Gehirn fressen wie ein untoter Spongebob. Begleitet von lovecraftigem Dröhnen aus den Untiefen der See schiebt sich dieser musikalische Leviathan derart mächtig ins Bewusstsein, dass man auf ewig panische Angst vor Krabbenburgern bekommt und schon das Pupsen in der Badewanne künftig Vorahnungen von drohendem Unheil erzeugen wird. Beeindruckend und immersiv!
Bloodbath mussten aufgrund der herrschenden Unwetter am Flughafen ihren Slot mit Ahab tauschen und durften zur sehr späten Stunde ohne ihr eigentliches Equipment und Outfit auf die Bühne. Dafür wurde der Death Metal der Schweden umso brachialer, auch wenn Nick Holmes auf einem extrem hohen „Well pissed“ Level war. Die Band sorgte dann für ein wahres Death Metal-Gewitter zur späten Stunde und selbst Nick taute langsam auf und bedankte sich beim noch zahlreich erschienenen Publikum.
Nach dem mehr als intensiven Start am Donnerstag geht es nun um 3.00 für die restlichen Besucher munter weiter auf den Campingplatz um die sanfte Sommerwärme zu genießen.