COMBICHRIST / PRIEST – Krefeld, Kulturfabrik (12.05.2023)

COMBICHRIST / PRIEST - Krefeld, Kulturfabrik (12.05.2023)
Combichrist, © Schwarzpixel - Carsten Zerbe
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Mit dieser Tour-Ankündigung haben Combichrist die Herzfrequenz etlicher Fans in die Höhe schnellen lassen. Gerade die Anhänger der ersten Stunde sehnen sich nur allzu gern an die Zeit zurück, in der Andy LaPlegua einzig mit einem weiteren Mann an den Synths für Furore sorgte. Zu den Anfängen im Jahr 2003 klang das Projekt noch harsch, aggressiv und technoid. Als der Industrialsound seinen Siegeszug durch die Clubs vollzog, waren Combichrist ein klares Zugpferd und wurden zum Vorbild einer neuen Generation – der Cybergoths. Erst im Laufe der Jahre wuchs die Band stetig an und neben einem Drummer gesellten sich noch ein Bassist und ein Gitarrist hinzu. Die Besetzung war nicht in Stein gemeißelt. Immer mal wieder tauchte ein neues Gesicht auf und ein bekanntes verschwand wieder. Im Fokus stand ohnehin seit eh und je Andy LaPlegua. Mit der erweiterten Besetzung veränderte sich auch der Musikstil. Nach und nach gewannen die Saiteninstrumente immer mehr an Bedeutung und der Sound wurde härter und metallischer. Metalheads befanden sich mittlerweile auch unter den Fans und nach der gemeinsamen Tour mit Rammstein folgten Auftritte auf den bedeutendsten Metalfestivals.

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Doch so ganz verlor man den elektronischen Sound nie aus den Augen. Und nach ein paar einzelnen Oldschool Electronic Sets, beschloss Andy mal wieder ausgiebig mit kleinem Besteck auf Tour zu gehen und zu den Wurzeln der Band zurückzukehren. Nachdem der Fahrplan einen letzten Halt in der Krefelder Kulturfabrik vorsah, begaben wir uns endlich mal wieder in diese Location. Noch vor einigen Jahren waren hier etliche Konzerte der Schwarzen Szene angesiedelt. Zuletzt traten die dazugehörigen Bands eher in den umliegenden Städten auf. Umso erfreulicher war die Ankündigung, dass wir endlich mal wieder in der Kufa zu Gast sein dürfen, in der wir bereits viele besondere Abende verbracht haben. Am Tag zuvor ereilte uns die frohe Kunde, dass sämtliche Tickets ausverkauft waren. Umso überraschter waren wir, als wir bemerkten, dass wir an diesem Abend nicht in der gewohnt großen Area, sondern in der kleinen zugegen sein sollten. Die Verwunderung schlug jedoch schnell in pure Freude um. Schließlich bedeutete dies eine intimere Konzertatmosphäre. Also auf in die Electro Sauna!

Für den ersten Aufguss waren aber zunächst die maskierten Mannen von Priest zuständig. Das Synthpoptrio aus Schweden hat sich im Laufe der letzten Jahre in der Szene durchaus etabliert und somit waren im Publikum gar einige Fans mit Shirts der Band zu sehen. Zu einem Intro gesellten sich zunächst die beiden “Raben” an ihre Instrumente. Airghoul und sein Musikerkollege trugen schwarze Pechmasken aus glänzendem Kunststoff. Ersterer hatte an seinen Lederhandschuhen kleine LED Taschenlampen integriert, die ihn auch bei Dunkelheit die richtigen Tasten treffen ließen. Mercury 3.0 war zwar bereits der dritte Frontmann des musikalischen Kunstprojekts, jedoch gehörte er mittlerweile schon ein kleines Weilchen dazu. Seine schwarze Maske war am Oberkopf mit Nieten besetzt und mit einem bizarren künstlichen Auge samt rotem Laser-Strahl versehen. Bereits zum Opener The Pit ging er mit den ersten Reihen auf Tuchfühlung, als er seine Hand auf die Schöpfe der Fans hielt. Der flotte Track Neuromancer lud zum bereits zum Tanzen ein und der Rabe an den Keys bearbeitete dazu mit seinem neongelben Schlagzeugstick ein elektronisches Drumpad.

“Dankeschön Krefeld. We’re gonna continue with the last single from our latest album. It’s called ‘A Signal In The Noise’.” Mercury untermalte die Songs mit passenden Posen, zeigte auf sein “gefrorenes Herz” oder drehte sich mit erhobenen Armen filigran im Kreis. “Now we’re gonna play something from our first album ‘New Flesh’: ‘Nightmare Hotel’.” Wild schüttelte er zu den schaurig-schönen 80ies Sounds seinen Kopf. “We’re very happy to be here tonight in Krefeld. You look beautiful.” Mit The Cross folgte ein weiterer beliebter, jedoch tieftrauriger Klassiker, in dem ein schmerzlicher Verlust thematisiert wird. Bestens gelaunt entledigte sich der extravagante Sänger seiner warmen Lederjacke. Schmunzelnd stimmte er dazu Nelly’s Megahit an: “It’s getting hot in here, so take off all your clothes.” Zu Blacklisted nahm er Anlauf und wagte einen weiten Sprung über die Bühne. Airghoul schnallte sich seine schicke Keytar um und präsentierte vorn am Bühnenrand ein lässiges Solo. “Dankeschön Krefeld. Now we’re gonna treat you with another oldie, but yet a goodie.” Es folgte Obey und Mercury unternahm einen ausgedehnten Ausflug durch das Publikum. Seine Mitstreiter hatten unterdessen ihren Spaß auf der Bühne und die Fans begannen fröhlich hochzuhopsen.

Der Frontmann zeigte sich zufrieden “Oh, you’re warmed up here in Krefeld tonight.” Wohl wahr. Dies betraf jedoch nicht nur die Menge, denn mittlerweile war es tatsächlich auch lecker warm in der Kulturfabrik. “Before we leave the stage tonight for the fantastic Combichrist, first of all I wanna thank you. Do you call this entertainment?” Der herrlich wahnsinnig anmutende Track Vaudeville läutete auch schon das Finale des unterhaltsamen Auftritts von Priest ein. Ein letztes Mal ging auf und vor der Bühne die Post ab. “Dankeschön Krefeld. Du bist wunderbar! We are Priest and we’ll be back.” Nach 45 Min. war es an der Zeit, Abschied voneinander zu nehmen. Höflich verneigte sich das Trio aus Stockholm und gab sodann die Bühne für den Headliner des Abends frei. Wer hier nicht gleich zur Bar eilte, konnte einen unmaskierten Blick auf die beiden “Raben” erhaschen, bauten die zwei doch eigenhändig ihr Set ab. Wer dann noch besonders fuchsig unterwegs war und sich sorgsam das Tattoo auf dem Handrücken von Mercury einprägte, konnte später auch ihn entdecken, als er sich unter die Leute mischte ;).

Setlist PRIEST – Krefeld, Kulturfabrik (12.05.2023)

01. The Pit
02. Neuromancer
03. Dead Ringer
04. A Signal In The Noise
05. Nightmare Hotel
06. The Cross
07. Blacklisted
08. Let Your Body Go
09. Obey
10. History In Black
11. Vaudeville

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Generell konnte man sich glücklich schätzen, wenn man seinen Platz nach dem Special Guest nicht verlassen hat, denn nach der kürzesten Umbaupause ever standen Combichrist bereits parat. Selbst das Intro dauerte länger, als das mini Break. Im hinteren Bereich der Bühne nahm Elliott Berlin seinen Platz ein und entlockte seinem Theremin kunstvolle Töne. Ein mystisches Intro erklang mit Andys norwegischem Gesang vom Band. Allmählich breiteten sich Nebelschwaden aus, ehe sich der Mann der Stunde auch persönlich die Ehre gab. Gut sah er aus! Seine Haare waren nun ein wenig länger und seinen Undercut hatte er zu einem kleinen Zopf zusammengebunden. Schwarze Farbe rann an Andys bleich geschminktem Gesicht herab. Neben Handstulpen und einem ärmelfreien Shirt samt einer Weste trug er eine lässige Haremshose.

Mit einem herzlich breiten Grinsen begrüßte er uns: “Meine Damen und Herren, it’s so fucking good to see you! You all look so fucking handsome tonight.” Zu Beginn ballerten uns Combichrist ihren Kracher At The End Of It All entgegen. Getrieben von dem harten Electrosound fegte Andy wie ein Derwisch über die Bühne und steckte die Menge unaufhaltsam mit seiner Energie an. Elliott befreite seine Mähne von dem bändigenden Haargummi und headbangte wild über seinen Synths daher. “We are celebrating… how many years? 20 years of Combichrist. We celebrate with all of you chicks.” Andy setzte einen teuflischen Blick auf. Die Bühne wurde in rotes Licht getaucht und zu Blut Royale verwandelte sich die Kufa in einen stattlichen Saunakessel. Hämmernde Bässe erklangen aus den Boxen und die springenden Fans brachten die Mauern fast zum Zittern.

“Tonight and every other other night, we’re allElectroheads’.” Inbrünstig klopfte Andy eine Hand auf sein Herz und shoutete die Lyrics zu dem erwähnten Track heraus “It’s in my body, it’s in my soul – invading it all.” Die Electroheads vor der Bühne stimmten mit ein und feierten ausgelassen und zugleich rücksichtsvoll ihre Lieblingssongs. “How about this? It’s been a while since we played in Krefeld and it’s great to be back. And every person who comes to our shows is family!” Schon warfen Combichrist folgend den Song Fuck That Shit in den Ring. In einem unbedachten Moment schnappte mir Andy dann übermütig mein Notizbuch weg und versuchte auf der dunklen Bühne meine bizarre Arztschrift zu entziffern. Und er ließ es sich nicht nehmen, einen kleinen Beitrag hinzuzufügen. Somit schrieb er in großen Lettern “Hello Ale” in mein Büchlein.

“Can you remember how to ‘Get Your Body Beat’?! Hände bitte!” Direkt schnellten eben diese in die Höhe und läuteten klatschend die nächste Electro-Granate ein. Andy nahm nicht nur die Bühne, sondern auch die tosende Menge für sich ein. Immer wieder knüpfte er mit Gesten und Blicken direkten Kontakt zu seinen Fans und wirkte dabei absolut glücklich. “We only came to dance. I feel fantastic.” Marschierend und mit einem dreckigen Lachen verlieh der Frontmann dem brachialen Banger Rain Of Blood noch mehr Eindruck. Stolz zeigte er auf sein Publikum “‘This is my rifle!’ As long as this is my rifle, as music is my weapon, there will be no enemy. I wanna hear you now!” Darum musste er uns kein zweites Mal bitten. Schließlich waren hier alle textsicher und es war allen eine sichtliche Freude, lautstark mitzugrölen. “Vielen vielen Dank, Krefeld. Tonight you could have been on your couch or in a movie theatre, but you are here! This is awesome. Thank you. This is the last show of this tour. Do you want one more? Two, or three more?” 

Keine Gnade! Treibend ging es mit Without Emotions weiter, ehe dieser beliebte Evergreen der Band von They abgelöst wurde. “Thank you so much. This has been an incredible fucking night. Thank you to everyone who keeps coming out. Please keep your spirit and give it up to our friends Priest!” Happy verließ unser Strahlemann die Bühne. Doch das Ende stand uns hier noch nicht bevor. Beachtlicher Jubel brachte die Soundanlage noch einmal in Wallung. Andy folgte: “I guess we’re not done quite yet.” Airghoul beobachtete das muntere Treiben seitlich der Bühne zu Shut Up And Swallow. “One last song Krefeld. I wanna see you all. If it doesn’t hurt tomorrow, you didn’t do this right tonight! I just wanna see you dance one more time” Mit Like to Thank My Buddies stand uns dann tatsächlich der letzte Abriss des Abends bevor. Nach kraftvollen 90 Minuten entließen wir Combichrist in die Nacht, nachdem Andy LaPlegua noch dankbare Shakehands verteilte. “Thank you so much, Krefeld!”

Wir haben zu danken, Andy und Elliott! Im Juli dürfen wir die beiden noch einmal mit ihrem Oldschool Set auf dem Amphi Festival erleben. Ab September kehren dann die restlichen Bandmember zurück und gemeinsam mit Megaherz begeben sich Combichrist auf eine ausgedehnte Co-Headliner Tour. Dort heißt es dann erneut: Get Your Body Beat!

Setlist COMBICHRIST – Krefeld, Kulturfabrik (12.05.2023)

01. At The End Of It All
02. Are You Connected
03. Blut Royale
04. Electrohead
05. Feed Your Anger
06. Fuck That Shit
07. Get Your Body Beat
08. I Want Your Blood
09. Fuckmaschine
10. Today I Woke To The Rain Of Blood
11. This Is My Rifle
12. Without Emotions
13. They
14. Shut Up And Swallow (Z)
15. Like To Thank My Buddies (Z)

Weblinks COMBICHRIST:

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