“Chapter Five: The Dark Hippie-Goat”
Mit ihrer Gründung 2012 haben sich The Devil & The Universe von der Kreativität gelöst und konsequent in die Hände des Magischen, Spirituellen und Religiösen begeben. Schon der Name ihres transzendenten Gestaltungs- und Verwandlungsprojektes wurde dem berüchtigten Aleister Crowley und sein 78 Blatt umfassendes Tarotkartenset überlassen. Das Entstehen ihrer Werke folgt einem ähnlichen Muster: Akkorde, Rhythmusfolgen, Instrumente und alles, was man so in einem Songs dabei haben möchte, wird jeweils einer Karte zugeordnet. Die Karte aus der jeweiligen Soundkategorie, die gezogen wird, eröffnet dann den ersten Akt. Der Sound wird zum Ergebnis transzendenter magischer Fügung, der Mensch allein zu ihrem Mittler. Selbstverständlich gibt es zu jedem neuen Album ein konzeptionelles Thema, damit das Ganze einem bestimmten Muster folgt und ein Ziel hat. Auf dem Vorgänger Folk Horror (2017) war dies „The Wicker Goat“, einer Reminiszenz an The Wicker Man (1973), den damit verbundenem Horror, einem Soundtrack, der ein ganzes Musikgenre prägte, und den okkult-heidnischen Neo-Folk – ohne jegliche Glorifizierung, dafür aber mit einer ordentlichen Spur Ironie.
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Die magisch-religiös gespeisten Musikstücke erhalten zusätzlich Substanz durch zahlreiche Samplings und field recordings. So erzeugen The Devil & The Universe einen unverkennbaren spirituell fesselnden Sound. Der ist vor allem und sehr passend zum Bandkonzept dem Ritual Ambient, Dark Ambient, Dark Wave und Ghost Wave verpflichtet. Zum Teil hören sich die Stücke wie Soundtracks aus B-Horror- und Suspensefilmen vergangener Jahrzehnte an, dann wieder, dominiert durch die allgegenwärtigen Trommeln und Keyboards, wie treibende, tanzbare Clubnummern. Nun stelle man sich dieses Konzept vor dem Hintergrund der ausgehenden 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts vor.
:Endgame 69: beschäftigt sich mit dem Ende des Hippie-Zeitalters, das untrennbar mit den Ereignissen rund um Altamont Free Concert am 06. Dezember 1969 verbunden ist. Der Sommer der Liebe fand hier sein definitives Ende. Aber auch Symbole und Symptomatiken dieses Jahres werden als Marker des Verlustes der Unschuld der Hippie-Generation oder zumindest ihrer Ambivalenz aufgegriffen. Neben fernöstlichen Religionen fand auch die Church Of Satan immer mehr Zulauf, die friedliche Bürgerrechts- und Antikriegsbewegungen wurden (konsequenterweise) zu den Black Panthern, Hippie-Festivals wurden von gewalttätigen Hells Angels bewacht. Der Schrei nach Liebe und Freiheit verhallte in einer Welt aus Repressionen, Ressentiments und Ignoranz. Und das Erwachen darüber brach einem Fatalismus und einer Hysterie bahn, die unter anderem in den Manson Morden (Spahn Ranch) im selben Jahr gipfelte. Die Hippies sahen das Licht und folgten ihm in ihre eigene Dunkelheit.
Um diese Ereignisse einfangen zu können, für den speziellen Vibe dieser Epoche, gehen The Devil & The Universe 50 Jahre in die Vergangenheit. Das beginnt schon beim Albumcover. Warme Rot-Braun-und Orange-Töne dominieren (man fühlt sich leicht an Pril-Blumen erinnert). Die Bandmitglieder, angetan mit den obligatorischen Ziegenmasken, starren in einen seltsamen Apparat, der sich nach kurzer Recherche als eine Dream Maschine herausstellt, die zur damaligen Zeit recht beliebt war, um die eigenen Gedanken auf eine Reise zu schicken. Die Instrumentierung ist organischer und gitarrenlastiger geworden. Mit dem The Stooges Cover 1969 schafft es sogar ein waschechter Punkvorläufer auf das Album (Original von selbstbetitelten Debüt, 1969). Darüber hinaus hat man sich fernöstlicher meist indischer Instrumente, wie z. B. einer Sitar, bedient, die ebenfalls zu jener Zeit Einzug in die Populärmusik hielten (u. a. The Beatles Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band). Dadurch erhalten viele Stücke auf :Endgame 69: jenen meditativen, psychedelischen Sound dieser Zeit (Orange Sunshine, Kali’s Tongue).
Und dadurch unterscheidet sich die neue Veröffentlichung schon von den vorangegangenen. Diese Tatsache muss jedoch vor dem Hintergrund der konzeptionellen Idee von :Endgame 69: nicht weiter diskutiert werden. Zum einen bleibt immer noch der typische Goat-Stil erhalten (Man höre sich nur einmal Altamont Apocalypse oder Satanic (Don’t) Panic an.) und zum anderen funktioniert alles in summa hervorragend zusammen (und wieder Orange Sunshine). Auf :Endgame 69: erfinden sich The Devil & The Universe als “Dark Hippie Goats” neu und das funktioniert glänzend.
:Endgame 69: ist am 21. Juni bei Solar Lodge (CD-Format) und bei Aufnahme + Wiedergabe (Vinyl-Format) erschienen.
Anspieltipps: Satanic (Don’t) Panic, Altamont Apocalypse, Kali’s Tongue
Tracklist THE DEVIL & THE UNIVERSE – :Endgame 69:
01. Orange Sunshine
02. Turn Of, Turn Out, Drop Out
03. Dream Machine I
04. Altamont Apocalypse
05. Spahn Ranch
06. 1969
07. Dream Machine II
08. Satanic (Don’t) Panic
09. Kali’s Tongue
10. Revelation 69
Weblinks THE DEVIL & THE UNIVERSE:
Official: https://www.thedevilandtheuniverse.com
Facebook: https://www.facebook.com/TheDevilAndTheUniverse/
Label: https://solarlodge.de/
Label/Bandcamp: https://aufnahmeundwiedergabe.bandcamp.com/album/endgame-69