Auf seiner Festivaltour durch Europa legte Robert Bartleh Cummings aka Rob Zombie einen Zwischenstopp in Deutschland ein. In Wiesbaden, genauer gesagt. Insofern durchaus etwas Besonderes und genau das, etwas Besonderes, dürfen Besucher von einer Show des Multitalents auch erwarten. Bei sommerlichen Temperaturen reihen sie sich vor dem Schlachthof zu einer langen, schwarz gekleideten, bunt tätowierten Schlange. Bierflaschen leeren sich, aus dem mobilen Lautsprecher einer Gruppe Fans dröhnen bereits Zombies Songs. In der großen Halle des Schlachthofs fallen derweil nicht Heerscharen von Untoten, sondern willige Käufer über den Merch-Stand her. Überaus lebendige 35 Euro kostet etwa ein T-Shirt mit Rob Zombies Konterfei vom Hellbilly Deluxe (1998) Albumcover. Gut gealtert, Zombie.
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Der Blick auf die Bühne lässt erahnen, dass die heutige Zombie Horror Picture Show allein platzbedingt deutlich weniger bombastisch ausfallen wird als jene aus seinem gleichnamigen Konzertfilm. Aber zahlreiche Videoleinwände wecken dennoch Lust auf ein visuelles Vergnügen. Die Zombie Horror Picture Show eben. Immer mehr gut gelaunte Besucher suchen sich ihren Platz in der Halle, unter denen sich gleichermaßen Fans der ersten Stunde als auch jüngere Anhänger befinden. Es ist erfrischend mit anzusehen, wie ein Konzert des 1965 geborenen Künstlers Metaller, Goths und Leute mit Vorliebe für das Morbide zusammenbringt.
Eine Vorband gibt es nicht und so schlägt Vorfreude langsam in Ungeduld um, als mit etwas Verspätung um 20.20 Uhr das Licht ausgeht. Zu den wummernden Bässen des Intros zucken die Buchstaben des Zeremonienmeisters über die Videoleinwände. Das Publikum ist aufgeregt und johlt sich warm. Dann betreten Schlagzeuger Ginger Fish, Bassist Piggy D. und Gitarrist John 5 die Bühne, gefolgt von Rob Zombie. Der Funke ist bereits jetzt auf die applaudierende Menge übergegangen, dennoch reagieren die Besucher vergleichsweise verhalten, als die Band mit American Witch vom Album Educated Horses (2006) loslegt. Das liegt weniger an mangelnder Begeisterung, sondern eher an akuter Reizüberflutung.
Ein Ohren- und Augenschmaus
Wo man hinhören soll, machen die Boxen kompromisslos klar. Aber wohin schauen? Es passiert so viel! Vor den flimmernden Leinwänden paradieren Piggy D. und John 5 maskiert und in aufwendige Outfits gehüllt, Rob Zombie selbst erscheint mit Hut und charakteristischem Westernoutfit. Damit sieht er noch immer aus wie Tex Hex, der Schurke aus der US-amerikansichen Zeichentrickserie BraveStarr.
Mit dem zweiten Lied – Meet the Creeper – hat die Band das Publikum aber endültig in ihren Bann gezogen. Zombie weiß um die Popularität des Albums Hellbilly Deluxe (1999) und schiebt Superbeast und Living Dead Girl hinterher. Kaum zu glauben, dass die Songs zwanzig Jahre auf dem Buckel haben. Obendrauf gibt es den White-Zombie-Klassiker More Human Than Human (1995). Das Publikum kennt kein Halten mehr. Bei aller Liebe für Erinnerungsfetischismuss lässt Rob Zombie aktuelle Lieder natürlich nicht zu kurz kommen. In the Age of the Consecrated Vampire We All Get High macht den Anfang, das in der Menge ebenfalls nicht seinen Zweck verfehlt.
Während den ersten Besuchern Nacken und Rücken schmerzen dürften, tollt der 54-jährige Zombie gelenkig wie ein Hampelmann über die Monitorboxen, springt mit gespreizten Beinen in die Luft und fuchtelt geschmeidig mit den Armen. Vielleicht ist an der Wirkung von Yoga und fleischfreier Ernährung ja doch etwas dran. Es macht Spaß, der Band zuzusehen. Der erhöht im Hintergrund über der Bühne thronende Ginger Fish mag im Spektakel etwas untergehen, dafür sind Piggy D. und vor allem John 5 wie Zombie vortreffliche Entertainer. Immer wieder deutet der Bassist mit dem Finger in die Menge und sucht Kontakt zu den Fans, Gitarrenmeister John 5 – wie viele Gitarren hat der Mann? – gibt den Freak und grinst mit gefletschten Zähnen ins Publikum, das bei Dead City Radio and the New Gods of Supertown lautstark mitsingt und auch beim Beatles-Cover Helter Skelter Textsicherheit beweist.
Neben den mit jedem Song wechselnden Clips aus Musikvideos, Horrorfilmen und Animes auf den Leinwänden – zu sehen ist auch der Trailer zu Zombies nächstem Film 3 from Hell – gehören zu einer Zombie Horror Picture Show selbstverständlich auch Gimmicks, die zu Well, Everybody’s Fucking in a U.F.O. als riesige Ballons ins Publikum fliegen und für den Rest des Konzerts über die Menge dopsen. Plötzlich ist Rob Zombie selbst in dieser Menge, wo er sich mit dem grellen Strahl einer Taschenlampe bemerkbar macht. Auf der Bühne zaubert John 5 minutenlange Gitarrensoli in seine Saiten, die in einen weiteren White-Zombie-Klassiker, Thunder Kiss ’65, übergehen.
“Sind hier auch Punkrocker?” fragt Zombie und schaut dabei vor allem auf dien Moshpit vor der Bühne, in dem seit einiger Zeit auch diverse Crowdsurfer vorbeischauen. Das Publikum johlt, aber Zombie ist skeptisch und grinst. “Echt jetzt? Ich habe nach Punkrockern gefragt, nicht nach Metalheadz“. Als Antwort ertönt erneut nur ein affirmatives Gröhlen, das sich kurz darauf in ein kollektives “Hey ho, let’s go” entlädt, da die Band mit dem Ramones–Hit Blitzkrieg Bop den zweiten Coversong des Abends spielt. Wie könnte man die fantastische Stimmung im Schlachthof wohl noch toppen? Antwort: Mit dem Fanliebling Dragula, der das reguläre Set abschließt, und drei Zugaben.
Es ist etwa 21.45 Uhr. Einige Besucher blinzeln beim Verlassen der Konzerthalle ungläubig in den noch von Restsonne erhellten Abend. Zurück im Alltag. “Alter, ich hätte nicht gedacht, dass es wirklich so gut wird“, sagt jemand. Aber das war es.
Setlist ROB ZOMBIE @ Wiesbaden, Schlachthof (17.09.2019)
01. American Witch
02. Meet the Creeper
03. Superbeast
04. Living Dead Girl
05. More Human Than Human
06. In the Age of the Consecrated Vampire We All Get High
07. Dead City Radio and the New Gods of Supertown
08. Helter Skelter (The Beatles Cover)
09. The Lords of Salem
10. Get Your Boots On! That’s the End of Rock and Roll
11. Well, Everybody’s Fucking in a U.F.O.
12. Pussy Liquor
13. Thunder Kiss ’65
17. Blitzkrieg Bop (Ramones Cover)
18. Dragula
19. The Hideous Exhibitions of a Dedicated Gore Whore (Z)
20. Never Gonna Stop (The Red, Red Kroovy) (Z)
21. Ging Gang Gong De Do Gong De Laga Raga (Z)
Weblinks ROB ZOMBIE:
Homepage: robzombie.com/
Facebook: www.facebook.com/RobZombie
Instagram: www.instagram.com/robzombieofficial