Anfang 2017 schlug Anomalie, das Debütalbum der Ulmer Rockband Van Holzen, in Indie- und Alternative-Kreisen ein wie eine Bombe. Drei Jungs, nicht mal volljährig und immer noch mit einem Bein im Klassenzimmer sitzend, lieferten eine rundum gelungene, fett klingende Platte mit nachdenklichen, schwermütigen und reifen Texten. Nun melden sich Sänger Florian Kiesling, Bassist Jonas Schramm und Drummer Daniel Kotitschke mit ihren zweiten Longplayer Regen zurück. Bevor es im Sommer auf zahlreiche Festivals und im Herbst auf große Deutschland-Tournee geht, beantwortete uns Florian Kießling flugs noch ein paar Fragen.
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Es liegen ereignisreiche zwei, drei Jahre hinter Euch. Sind irgendwelche Vorkommnisse und Erlebnisse besonders in Erinnerung geblieben?
Was Van Holzen betrifft hatten wir zwei wunderschöne Jahre. Wir sind viel getourt, habe tolle Menschen kennengelernt und vor allem die Produktion von „Regen“ wird uns immer als eine sehr schöne, inspirierte Zeit in Erinnerung bleiben. Privat gab es hin und wieder schwierige Phasen, Herausforderungen und auch den ein oder anderen „Spinal-Tap-Moment“. Aber auch auch diese Erfahrungen haben wir stets in Gemeinschaft erlebt. Ich denke, diese Phasen stärken unseren Zusammenhalt!
Bei Typen, die so jung sind wie Ihr, fragt man sich als Außenstehender natürlich schon: Wie lässt sich dieses Pensum, dass Ihr die letzten Jahre gegangen seid (Songwriting, Produktion, Promo und Live-Konzerte) mit der Schule vereinbaren?
Das war halb so wild. Wir haben Abitur/Ausbildung nebenher ganz gut gemeistert. Dazu gehört natürlich etwas Disziplin und ein gutes Zeitmanagement. Aber da wir alle den Anspruch hatten, einen vernünftigen Schulabschluss in der Tasche zu haben, konnten wir das bisschen Disziplin aufbringen.
Was war das Erste, das Ihr Euch nach erreichter Volljährigkeit gegönnt habt?
Den Führerschein. Und eine Tour. Und natürlich Party machen …
Mal ehrlich: Könnt Ihr Fragen, die sich auf Euer Alter beziehen, überhaupt noch hören?
Als wir 16 Jahre alt waren, ging uns das Thema noch eher auf die Nerven, da wir das Gefühl hatten, aufgrund unseres Alters nicht ernst genommen zu werden. Mit 20 wird man einfach anders wahrgenommen, deshalb: Diese Fragen können wir noch hören, ja.
Kommen wir zum neuen Album: Zunächst überrascht das Cover. Rund um Anomalie waren ja alle Artworks, Videos, Fotos etc. komplett in Schwarz/Weiß gehalten, nun kommt Regen auf kräftigem Dunkelblau daher. Keine Lust mehr auf Schwarz/Weiß? Und was ist darauf eigentlich abgebildet?
Wie auch musikalisch wollten wir uns im Artwork des Albums nicht wiederholen. Immer nur Schwarz/Weiß wird ja auch irgendwann langweilig. Das Cover passt für uns zum Gefühl der Songs und öffnet das Feld für alle zukünftigen Releases. Wir beschränken uns nicht auf einen Look und können dies dank des Covers auch weiterhin so fortsetzen. Das Cover von Regen zeigt Stahlträger in einer Wand in Reykjavik.
Nach dem doch recht großen Erfolg und den euphorischen Kritiken von/zu Anomalie: Habt Ihr während der Schreibprozesse/Aufnahmen von Regen irgendeine Form von Druck gespürt? Gab es „Schreibblockaden“?
Wir haben uns direkt zu Anfang des Schreibprozesses von Regen von jeglichem Druck befreien können. Da wir einen Riesenspaß am Musik machen haben und es total abfeiern, wenn wir gemeinsam im Proberaum stehen und Songs schreiben, gibt’s in diesen Momenten einfach keinen Platz für solche Gedanken.
httpv://www.youtube.com/watch?v=eJa–g5wxlc
Regen klingt erneut schwer, melancholisch, düster, in nicht wenigen Texten geht es um Sorgen und Ängste. Warum fühlt Ihr Euch in der Melancholie so wohl? Und ist es denkbar, dass Ihr jemals „fröhliche“ Party-Hymnen schreibt?
Für mich sind traurige, melancholische Gefühlszustände einfach deutlich intensiver, tiefgehender und bewegender als fröhliche Gefühlszustände. Deshalb verpacke ich diese auch lieber in Texte. Was nicht heißen soll, dass wir uns die Freiheit nehmen irgendwann mal eine Party-Hymne zu schreiben, wer weiß …
Was mir auffiel, ist die hohe Anzahl verwendeter „Ich“, „Du“, „Mir“ und „Dir“ in den Texten. Haben die Texte autobiografische Züge? Werden mit den „Dus“ bestimmte Personen angesprochen?
Regen ist deutlich introvertierter und persönlicher als sein Vorgänger. Wir erzählen viel von uns selbst und was wir fühlen. Ich persönlich mag es sehr, wenn mich ein/e Sänger/in mit „Du“ anspricht. So reißt er/sie mich direkt in seinen/ihren Bann und der Text wird dringlicher.
Euer Soundbild hat sich schon etwas geändert. Gitarre und Drums krachen deutlich weniger als auf der Debüt-EP und Anomalie, der Gesang ist bei einigen Songs fast schon eher ein Gesäusel. Wie eine Rockband, die ein Dream-Pop- oder Shoegaze-Album machen will. Irgendwelche Vergleiche zu Bands wie Royal Blood, die es ja zu EP-/Anomalie-Zeiten des Öfteren (durchaus berechtigt) gab, haben sich so nun erledigt. Seht Ihr das ähnlich? Wenn ja, warum klingt die Platte so wie sie klingt?
Wie bereits erwähnt, wir wiederholen uns musikalisch nicht gern. Für uns war es wichtig, Regen seine eigene Identität zu verpassen, dazu gehört natürlich auch der Sound. Wir wollten ein atmosphärisches Album aufnehmen, das auch klanglich wieder ein Alleinstellungsmerkmal mit sich bringt. Ob die Vergleiche mit Royal Blood & Co. nun immer noch gelten, dürfen die Menschen, die die Vergleiche ziehen, entscheiden. Das Album ist von sehr vielen unterschiedlichen Musik-Genres und Gefühlen beeinflusst. Ich denke, genau dieser Cocktail macht das Album für uns aus und seinen Sound ungewöhnlich und speziell für eine Rock-Produktion aus Deutschland.
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Interessant fand ich zudem die Screams bei den Songs Schrammbock und Einen Feind – denkbar, dass Ihr Euch in Zukunft mehr in eine solche Richtung entwickelt? Stehen Eure Kollegen von Fjørt und Heisskalt da Pate?
Weblinks VAN HOLZEN:
Homepage: vanholzen.com
Facebook: www.facebook.com/vanholzenofficial