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NEAR EARTH ORBIT – Artificial Intelligence

NEAR EARTH ORBIT veröffentlichen drittes Video von A. I. : Neuromancer

“Surpass the limitations of mankind …” (Deus Ex Machina)

Träumen Androiden von elektrischen Schafen? Künstliche Intelligenz ist das zentrale Thema des gleichnamigen neuen Albums des Berliner-Wiener Kooperationsprojektes Near Earth Orbit. Und obwohl es in Philip K. Dicks Roman vorrangig nicht um Intelligenz als Unterscheidungskriterium zwischen Maschinen und Menschen geht, sondern um Emotion und Empathie, war es vor allem diese Geschichte, die mir beim Hören des Albums nicht aus dem Kopf ging. Heute weiß man auch, dass sich Emotionale Intelligenz von der konventionell geglaubten nicht trennen lässt. Dass diese ebenso messbar ist und somit durchaus eine Eigenschaft, ein Ausdruck künstlicher Intelligenz sein kann. Das ist es auch, was Artaud Seth und Ashley Dayour möglicherweise mit dem Song Humanoid zum Ausdruck bringen wollten. Das Verhältnis zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz wird eine Symbiose sein, eine neue Stufe von Evolution vielleicht sogar, jenseits unserer körperlichen Grenzen. Und das beinhaltet auch Dicks melancholische Vision, die so treffend in der fiktiven filmischen Fortsetzung Blade Runner 2049 aufgegriffen und weitererzählt wurde.

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Das Schicksal der Menschheit innerhalb dieser hier nun vorliegenden Geschichte indes ist ungeklärt. Es ist eine Herausforderung ungleich hoher Verantwortung, und deshalb so machtvoll. Es ist Abenteuer, es ist ihr vielleicht letzter Weg. Er scheint unausweichlich. So sehen es zumindest Near Earth Orbit. Und als dystopische Zukunftsmaler blicken sie in ihre Neonplexiglaskugel, denn auch das Jahr, in dem uns die Maschinen überflügelt haben, steht bereits fest: 2034.

“The one who will excel in artificial intelligence will be the master oft he world.” (Putin, Präsident der Russischen Förderation, Erde, 2017)

Die Erzählung beginnt 2031, einem Jahr, in dem die menschenähnlichen Maschinen zum ersten Mal das Intelligenzlevel von Menschen erreichen und beginnen sich mit ihnen zu vernetzen (Deus Ex Machina). Harsche, industriell stampfende Beats dominieren das erste Stück, in dem sich A. I. das erste Mal von seinen Schöpfern löst und ein Eigenleben zu führen scheint. Ehemalige Kontrollinstanzen werden zu den Kontrollierten, integriert in einen neuen technisierten Leib (Future A. I.). All das erreicht seinen vorläufigen Höhepunkt in Singularity, einem nun körperlosen Zustand absoluten Funktionalität, der Quintessenz von Intelligenz, in dem sie maximale Effizienz erreicht – hier trifft künstliche Intelligenz auf die Spiritualität des rein Technischen. Ein Song voller beunruhigender Ruhe. Hier startet etwas völlig Neues.

“Everything that civilisation has to offer is a product of human intelligence: We cannot predict what we might achieve when this intelligence is magnified by the tools that A. I. may provide. But the eradication of war, disease, and poverty would be high on anyone’s list. Success in creating A. I. would be the biggest event in human history unfortunately, it might also be the last.” (Stephen Hawking, Erde, 2014)

Artificial Intelligence ist das intelligenteste Album, das Near Earth Orbit bisher vorgelegt haben. So beackert das Feld der A. I. auch ist, hatten Artaud Seth und Ashley Dayour auch eigentlich keine andere Möglichkeit, als sich der Thematik aus einem neuen Blickwinkel, so wohl überlegt, elegant, kreativ und einfallsreich zu nähern. Und so verkommt ihre Sicht auf einen Sachverhalt, der bereits jetzt unser aller Alltag, Gegenwart und Zukunft ist, nicht zur hohlen moralisierenden Mahnung oder geschmacklos brutalen Horrorvision, sondern wird zu einem dystopisch spirituellen wie musikalischen Hochgenuss. Dabei merkt man den Künstlern ihren Faible für Science Fiction, Cyber-Punk, Prä-Astronautik genauso an, wie ihre jahrzehntelange Erfahrung in unterschiedlichsten Musikgenres und ihre Verneigung vor diesen Leidenschaften in der Fähigkeit diese gebührend zu transportieren.

Gerade musikalisch legen Near Earth Orbit dieses Mal noch eine ordentliche Schippe drauf, in dem sie ihr Songwriting mehr öffnen, Atmosphäre und Stimmungen noch einmal deutlicher nach außen tragen. So ist der Sound noch einmal dröhnender und bombastischer, wenn es darum geht die Konfrontation der bedrohlichen Übermacht und des eindeutigen Schicksals zu umschreiben. Die Stücke sind weniger ambientlastig, dafür gitarrendominierter und deutlicher auf den Punkt als noch auf der End Of All Existance Trilogie. Im Song Humanoid, den man in Verbindung mit dem dazugehörigen Video, einfach nur als Geniestreich bezeichnen kann, ist zum ersten Mal auch die Stimme von Aeleth Kaven (La Scaltra) zu hören. Diese setzt so zerbrechlich wie wehmütig melancholisch den Kontrapunkt zu all der rationalen Ausweglosigkeit und lässt uns in der Kälte der technisierten Welt den Rest von Empathie erkennen, der in anderer Form weiterexistieren wird, unabhängig vom Schicksal der Menschheit. Großartig.

Artificial Intelligence ist am 15.März bei Solar Lodge erschienen.

Anspieltipps: Neuromancer, Humanoid, Singularity

Tracklist NEAR EARTH ORBIT – Artificial Intelligence:

01. Deus Ex Machina
02. Future A.I.
03. Singularity
04. Neuromancer
05. I.R.I.S. Unveiled
06. Humanoid
07. The Vessel
08. The Ancestors

Weblinks NEAR EARTH ORBIT:

Official: http://www.nearearthorbit.org
Facebook: https://www.facebook.com/NearEarthOrbit/

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