Ein beseelt-versponnener Sit-in unter dem smaragdgrünen Traumfänger
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Hexvessel zaubern uns den Frühling, noch bevor bei uns überhaupt die Natur in Wald und Flur ihre Kraft zu neuem Leben bahnt. Und so pflanzen die Finnen Hoffnung in unsere Herzen, auf das Grün, auf das Licht, auf die Magie, die das Werdende mit dem Ursprung des Seins verbindet. All Tree sind die nährenden Wurzeln, die fest im Boden ankern, trostspendende, moosfeuchte Stämme, das tragende Gespinnst aus Ästen und Zweigen, das uns schwindelnd macht, wenn wir daran hinaufblicken. Es ist die unendliche Weisheit aus Mythen und Geschichte, mystisches Geheimnis, Schutz und Alpdruck zugleich.
Es gibt kaum etwas, das so viele Emotionen weckt, wenig, das Stoff für so viele Fantasien bereitstellt, wie Wald und Baum. Eigentlich genügt ein Gedanke an all die großen und kleinen, grob- und feinstofflichen, unserer Welt feindlich oder wohlgesonnenen Geister, die ihn bevölkern oder zumindest (für die nüchterneren Zeitgenossen unter uns) die Geschichten, Märchen und Fabeln, die sich um diese Wesen ranken. All Tree fängt sie ein und schickt uns auf eine naturspirituelle Reise, beziehungsweise nimmt uns mit auf die spirituelle Reise von Matt “Kvohst” McNerney und seinem Co-Songwriter Andrew McIvor, mit dem McNerney bereits am Debüt Dawnbearer (2011) gearbeitet hat. Ersterer zog sich in sein abgeschiedenes Häuschen in die finnische Wildnis zurück, unternahm eine Erinnerungsreise zu seiner Kindheit in England und beschwor die ganz besondere Verbindung zwischen Mythen und Natur herauf, die er dort (an jenem Ort und zu dieser Zeit) gespürt hatte.
„Concealed within the seeds of ancient minds
the secret keys that chain your fate to mine“ (Ancient Astronaut)
Aus diesen Erfahrungen leitete er für All Tree eine Art Universalgeschichte verborgener Geister ab, die gewissermaßen auf einer Meta-Ebene über die Natur, den Wald und Bäume überall anzutreffen ist und so auch überall Gültigkeit hat. Wenn ich das richtig verstanden habe …
Worüber allerdings kein Zweifel bestehen sollte: Mit ihrem vierten Album kehren Hexvessel darüber hinaus auch zu ihren eigenen Wurzeln zurück. Bohrten sich einem beim Vorgänger When We Are Dead (2016) noch die Hammond Orgeln in die Hirnwindungen und setzten den unwiderstehlichen Drang frei, sich nach jedem Song “Einen bauen” zu wollen, zwitschern auf All Tree die Vögel und flüstern die Blätter (field recording nennt sich sowas 😉 ). Auch geht es auf der neuen Veröffentlichung wieder deutlich ruhiger, wärmer, beschaulicher und akustischer zu Werke. Fast jeder Song ist eine entrückte, melancholische Folkhymne im Stil traditioneller Bänkelsänger, die einen sofort in eine Art Paralleluniversum aus Balance und Wohlgefühl reißt, in dem irgendwie alles gut und schön ist.
Und so kann man sagen: Die Botschaften sind bei Hexvessel die Gleichen geblieben: Es geht um Träume und kosmische Wahrheit. Drunter machen’s die Finnen nicht mehr. Müssen sie auch nicht. Sollen sie um Waldgeist willen auch nicht, denn das hier ist das Beste, was sie bisher vorgelegt haben. Und so kann ich ohne Sorge, noch ganz beseelt von den Eindrücken dieses Albums mit folgendem Fazit schließen: All Tree ist die grüne Seele des Eskapismus. Es ist pure Waldverklärung und eine Ode an seine einst erdachten Bewohner.
All Tree erscheint in unterschiedlichen Formaten am 15. Februar bei Century Media Records.
Anspieltipps: Son Of The Sky, Ancient Astronaut, Birthmark
Tracklist HEXVESSEL – All Tree:
01. Blessing
02. Son Of The Sky
03. Old Tree
4. Changeling
5. Ancient Astronaut
6. Visions Of A.O.S.
7. A Sylvan Sign
8. Wilderness Spirit
9. Otherworld Envoy
10. Birthmark
11. Journey To Carnac
12. Liminal Night
13. Closing Circles
14. Summer Fires (Bonus Track nicht zur Rezension vorliegend)
Weblinks HEXVESSEL:
Official: https://www.hexvessel.com
Facebook: https://www.facebook.com/hexvessel/
Instragram: https://www.instagram.com/hexvesselband/?hl=de
Bandcamp: https://hexvessel.bandcamp.com/