Von zu klein nach zu groß. Ursprünglich sollte das Editors-Konzert im Münsteraner Jovel stattfinden. Die Kartennachfrage war so hoch, dass die Show schon kurz nach Vorverkaufs-Start ausverkauft war, die Verlegung ins direkt nebenan liegende Messe + CongressCentrum war die Folge. Dort blieb ein Teil der Ränge jedoch abgehangen und der hintere Teil des Innenraums durchaus luftig. Soviel vorweg: Die Editors hätten eine rundum volle Hütte verdient gehabt.
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Dass es ein derart gelungener Konzertabend wurde, war zu Beginn gegen 19:45 Uhr noch nicht zu erwarten. Zunächst ging bei Public Service Broadcasting nämlich nichts. Das Trio aus Süd-London stand auf der Bühne minutenlang im Dunkeln, es gab größere technische Probleme. Nachdem diese endlich beseitigt waren, gab es 40 Minuten lang interessante Musik auf die Ohren. Die Herren hinter den Pseudonymen J. Willgoose, Wrigglesworth und JF Abraham spielen instrumentalen, frickeligen Art Rock, versehen mit massivem Einsatz von Nachrichten-ähnlichen Sprachsamples. Einsätze von im Rock eher ungewöhnlichen Instrumenten, wie einer Trompete, ergänzten das Spektakel, welches den ein oder anderen Editors-Fan sicher ratlos zurückließ. Der überwiegend tanzbare, vergleichsweise experimentell wirkende Sound fand aber bei vielen Besuchern Anklang, die recht günstigen Preise für Merchandise und Musik stützen den sympathischen Gesamteindruck.
Punkt 21 Uhr wurde es erneut dunkel. Mit dem krachigen Hallelujah vom neuen Album Violence eröffneten die Editors ihre Show. In den nun folgenden gut 110 Minuten performte die Band aus Birmingham einen fast perfekten Querschnitt aus 15 Jahren Bandgeschichte. Mit Ausnahme von An End Has A Start – hiervon gab es nur den Titelsong und The Racing Rats – spielte der Trupp um den bestens aufgelegten Sänger und Multiinstrumentalist Tom Smith mindestens drei Stücke von jedem Album. Bei aller Heterogenität der Songs gelang der Band somit ein perfekter Spagat zwischen Indie-Rock-Hits, Gänsehautballaden und Dancefloor-Krachern.
Hier passt das zusammen, was eigentlich nicht zusammenpasst
Bei der stilistischen Abwechslung keineswegs eine leichte Aufgabe, aber: Die Songabfolge wirkte durchdacht, einige Übergänge absolut gelungen (vor allem der vom Techno-Outro des Album-Titeltracks Violence zur pluckernd-schönen Ballade No Harm). Der drei Stücke umfassende The Back Room-Block in der Set-Mitte bediente dann auch die Fans der ersten Stunde, die die musikalische Entwicklung der Editors in den letzten Jahren kritisch oder gar völlig negativ betrachten. Doch auch die größten Nörgler müssten einsehen, dass Stadion-taugliche Songs wie A Ton Of Love, Papillon, Ocean Of Night oder vor allem das abschließende Marching Orders einfach Hymnen sind, die es verdient haben, von einem großen Publikum gehört zu werden.
Dazu eine atmosphärische Lichtshow vor einer seltsam geformten, aber nichtsdestotrotz imposanten Metall-Installation, eine wirklich gute Akustik und ein Publikum, welches an den richtigen Stellen im richtigen Takt klatscht und laut mitsingt – fertig ist der wunderschöne Konzertabend, an dem es quasi nichts auszusetzen gab. Wie gewohnt hielt sich die Band in Sachen Publikumsinteraktion vornehm zurück – aber hat das irgendwen gestört?
Fazit: Editors sind den kleinen Clubs entwachsen, ohne ihre Wurzeln zu verraten. Keine andere Band kombiniert aktuell derart hochklassig das Beste aus den sich stark voneinander unterscheidenden Klangwelten von Joy Division, Depeche Mode, U2 und Coldplay. Wer Lust auf ein baldiges Wiedersehen hat, bekommt im Sommer auf mehreren Festivals in ganz Deutschland die Gelegenheit dazu.
Setlist EDITORS @ MCC Halle, Münster (24.03.2018):
01. Hallelujah
02. A Ton Of Love
03. Darkness At The Door
04. Formaldehyde
05. Violence
06. No Harm
07. Lights
08. Blood
09. Munich
10. An End Has A Start
11. In This Light And On The Evening
12. Eat Raw Meat = Blood Drool
13. Nothingness
14. Belong
15. Sugar
16. The Racing Rats
17. Ocean Of Night
18. No Sound But The Wind (Z)
19. Cold (Z)
20. Magazine (Z)
21. Papillon (Z)
22. Marching Orders (Z)
Galeriebilder: André Techert