„Industrial Rock auf allerhöchstem Niveau“
Ziemlich genau 34 Monate mussten sich KMFDM-Fans gedulden, wenn am 16. August das insgesamt 20. Studioalbum Hell Yeah erscheint. Ein ungewohntes Gefühl, denn: Eine noch längere Pause zwischen zwei Alben der Hamburger Industrial-Rock-Institution gab es nur nach dem Bandsplit rund um die Jahrtausendwende zwischen Adios und Attak. Eins vorweg: Die verhältnismäßig lange Pause seit der Vorab-Scheibe Our Time Will Come – die zwischenzeitlich auf den Markt gebrachte Best of/Remix-Compilation Rocks lassen wir mal außen vor – hat Hell Yeah äußerst gut getan.
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Denn das Album klingt vor allem frisch. Was für einen Musikact, der bereits seit 1984 existiert und dem ohnehin nicht ganz zu Unrecht vorgeworfen wird, „doch eh immer gleich zu klingen“ durchaus ein großes Kompliment ist. Die harten Songs kommen so brachial wie ewig nicht mehr, die weniger harten punkten mit tollen Melodien, variabler Gesangsarbeit und teilweise sogar „funky“ Synthies. Inwiefern die Unterstützung von Lord Of The Lost-Sänger Chris Harms, der nun bei KMFDM fest mit ins Boot gestiegen ist, für den Qualitätssprung verantwortlich ist? Wer weiß …
Das großartige Opener-Doppel bestehend aus dem Titeltrack und Freak Flag wurde bereits an anderer Stelle ausreichend abgefeiert, widmen wir uns also den anderen elf Tracks. Wobei zwei von diesen nur wenige Sekunden lang sind und den wohl härtesten KMFDM-Song seit Saft und Kraft 2007 mit entspannten Reggae-Rhythmen (!!!) umrahmen: Total State Machine knallt mit Blastbeats, messerscharfen Riffs und einem wiederholt „Your government hates you“ brüllenden Sascha Konietzko so richtig rein. Ein Fest für Moshpit-Gänger, ein Albtraum für Chiropraktiker und Orthopäden.
Mehr Abwechslung geht im Industrial-Rock-Kosmos kaum
Weiter geht es mit Murder My Heart. Der Song klingt deutlich poppiger und luftiger, als es der Titel vermuten lässt und liefert getragen von Sängerin Lucia Ciffarelli sowie einer tollen Melodie einen weiteren Ohrwurm. An Position 7 folgt die obligatorische Retrospektive in die eigene Bandhistorie: „Black Man, White Man – Rip The System“ – wirklich jeder KMFDM-Fan kennt diese Textzeile, die von frischem Beat und Strophen umrahmt nun zum x-ten Mal in einem anderen musikalischen Kontext auf einem Studioalbum landet.
In der zweiten Albumhälfte wird das Wort Abwechslung noch ein wenig größer geschrieben. Bei Shock und Only Lovers zeigt Lucia mal wieder, dass auch ein etwas lasziverer Gesangsstil zu KMFDM-Songs passen kann, bei Rx 4 The Damned lässt die 46-Jährige passend zum wuchtig-industriellen Beat die Furie aus sich raus. Eine deutlich in Richtung von Donald Trump zielende Nummer darf bei einer traditionell politischen Gruppe wie KMFDM natürlich nicht fehlen und liefert einen weiteren potenziellen Disco-Hit (Fake News), zudem überzeugt auch Burning Brain mit seinem eingängigen Refrain.
Ganz zum Schluss folgt mit Glam Glitz Guts & Gore eine weitere mächtig wütende Abrissbirne. Wer die „Ultra Heavy Beats“ in den vergangenen Jahren vermisst hat – hier sind sie wieder!
Fazit: Auf Hell Yeah findet sich kein einziger schlechter Song. Die Platte punktet musikalisch wie stimmlich mit viel Abwechslung, starkem Songwriting, einer bombastisch fetten Produktion und ist der beste Longplayer der Band in diesem Jahrtausend. Wer KMFDM kennt und mag, darf ohnehin bedenkenlos zugreifen. Wer den sympathischen Trupp aus der Hansestadt noch nicht kennt und allgemein auf die Crossover-Mischung aus Electro, Techno und Metal steht – hier ist eure neue Lieblingsband!
Tracklist KMFDM – Hell Yeah
01. Hell Yeah
02. Freak Flag
03. Opression 1/2
04. Total State Machine
05. Opression 2/2
06. Murder My Heart
07. Rip The System v. 2.0
08. Shock
09. Fake News
10. Rx 4 The Damned
11. Burning Brain
12. Only Lovers
13. Glam Glitz Guts & Gore
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