Das Rock am Ring Festival 2017 wird unvergessen bleiben, das war schnell klar! Nicht nur, weil man sich wieder auf der legendären Rennstrecke Nürburgring befand, die dem größten deutschen Festival seinen Namen gab und dort vor sage und schreibe 32 Jahren sein Debüt feierte, während man nach internen Reibereien zuletzt für 2 Jahre nach Mendig gezogen war. Auch nicht wegen der tollen Konzerte der unterschiedlichsten musikalischen Genres. Sondern wegen des unglaublichen Publikums und der immer kompetenten und stets freundlichen Security, die mit einer aktuen Gefährdungslage (keiner Terrorwarnung!) gekonnt umging, welche am Freitag den ersten Festivaltag überschattete und fast zur kompletten Absage geführt hätte.
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Freitag, 02.06.2017:
Aber ehe es soweit war, konnte man sich noch über die Konzerte der deutschen Ska-Punk Helden von der Sondaschule, den Melodic Death Metal Könnern von In Flames aus Göteborg oder die spannend arrangierten Streicherversionen von 2Cellos freuen, die mit solchen bekannten Titeln wie The Trooper von Iron Maiden beweisen konnten, dass man auch mit 2 Cellos durchaus rocken kann.
Wer das bereits seit 2005 beherrscht, das sind Five Finger Death Punch aus Kalifornien, die mit ihrem Frontmann Ivan Moody ordentlich Stimmung machten und die auch mit einigen Nummern wie Got your six oder dem Cover von Bad Company, einer erfolgreichen Band der 1970er Jahre zeigten, dass sie ihre Hausaufgaben in Musikgeschichte erledigt haben.
Mit Simple Plan aus Kanada und dem Auftritt des Rag’n’Bone Man bewies der Veranstalter, dass ihm durchaus auch die Charts wichtig sind. Als man dann gerade nach den Auftritten von Red Sun Rising, Mallory Knox und Basement, mit den Broilers eine weitere Party feiern wollte, wurde das Konzert von jetzt auf gleich abgebrochen und Marek Lieberberg stand auf der Hauptbühne und sprach von einer terroristischen Gefährdungslage und dem daraus resultierenden Abbruch des ersten Festivaltages.
Wer jetzt mit Protesten der Fans gerechnet hatte, die sich seit mehreren Monaten auf die Konzerte von Rammstein, Marteria oder Liam Gallagher gefreut hatten, der wurde eines viel besseren belehrt. Ruhig und besonnen und geführt von einer couragierten Security verließen knapp 87.000 Menschen das Festivalgelände und sangen ihren Trotz mit der Geier Sturzflug NDW Nummer „Eins kann mir keiner nehmen und das ist die pure Lust am Leben“ oder dem Schlachtruf You’ll never walk alone einfach frei heraus und zeigten damit eine beispielhafte Reaktion, die man gar nicht genug würdigen kann!
Samstag, 03.06.2017:
Nach einer großangelegten Untersuchung gab der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz am Samstag vormittag das Festivalgelände wieder frei und man gewann schnell den Eindruck als wollten Musiker wie Fans jetzt 110% geben.
Das ging schon mit den Donots los, deren Frontmann Ingo gerne mal markige Worte findet, die aber immer Hand und Fuß haben, so wie auch an diesem Tag! Er vermittelte eindringlich, dass man sich nicht von den Terroristen die Angst aufzwingen lassen darf. Richtig und mit We’re not gonna take it von Twisted Sister wird dies entsprechend musikalisch untermalt.
Mit Greywind aus Irland, einem Duo das eher im Pop Rock zu Hause ist, SHVPES (ausgesprochen Shapes) einer Hardrock Band aus Birmingham und den As Lions, die mit ihrem Sound an Bring me the Horizon oder ähnliche Vertreter erinnern, bewies Rock am Ring erneut, dass es auch auf den kleinen Bühnen neue und interessante Künstler zu erleben gibt. Interessant bei Letzteren ist übrigens zudem die Tatsache, dass Sänger Austin Dickinson der Sohn der Metal Legende Bruce Dickinson (Iron Maiden) ist.
Auf der Hauptbühne, die seit wenigen Jahren Volcano Stage heißt, gaben sich derweil Sum41 und Daniel Wirtz die Ehre, die beide zu überzeugen wussten, vor allen Dingen Wirtz, den die meisten aus der TV Show “Sing meinen Song” kennen, der mit Nummern wie Auf die Plätze fertig los oder Frei den Support für den erneuten Auftritt der Broilers bei Rock am Ring 2017 gab. Die Band aus Düsseldorf war über Nacht am Ring geblieben um den Fans für ihre großartige Arbeit zu danken und ihr abgebrochenes Konzert vom Freitag fortzusetzen. Während die Broilers spielten, lohnte sich aber auch ein Blick auf die Beck’s Crater Stage wo die Hip-Hop Formationen 187 Strassenbande und Bonez MC und RAF Camorra eindrücklich bewiesen, dass deutscher Rap längst massentauglich ist.
Motionless in White ist ein Metalcore Projekt aus Pennsylvania, das mit seinem Gothic Anteil und dem verwendeten Make Up ein wenig an Marilyn Manson erinnert. Gemeinsam mit Suicide Silence, einer Deathcore Band aus den USA, die mit Nummern wie Doris oder Run aus dem selbstbetitelten 2017er Album zeigten, dass es auch mit „Clean Voices“ gelingt, ordentlich Aggressionen abzubauen und auch Beartooth aus Ohio, brachten sie mit ihrem Hardcore die Engelbert-Strauss Alternastage zum Beben.
Ebenfalls keine Probleme irgendwas zum Beben zu bringen haben die Beatsteaks, die ihre atemberaubenden Livequalitäten wie immer unter Beweis stellten und die mittlerweile eine Hitdichte an den Start bringen, die höchst respektabel ist und die von Let me in über Hello Joe bis I don’t care as long as you sing geht und natürlich gab es von Arnim Teutoburg-Weiß auch einige Sätze, über die es sich nachzudenken lohnt. Das fanden auch die Beginner, die sich die Show ebenfalls ansahen und auch beim Motörhead Song Ace of Spades zu Ehren von Lemmy laut mitsangen ehe sie selbst ein beeindruckendes Konzert auf der Crater Stage gaben, welches deutlich machte, dass Hip-Hop aus Hamburg auch weit über 20 Jahre nach Gründung von Jan Delay, Denyo und DJ Mad noch ein Garant für Party sein kann und Nummern wie Ahnma, Hammerhart, Füchse oder Gustav Gans immer für kollektives Ausrasten gut sind.
Eine Band, die wie nur ganz wenige andere für Rock am Ring steht, das sind Die Toten Hosen, die mit ihrem Best of Programm ihre eigene Geschichte bilanzierten. Egal ob es sich um alte Klassiker wie Alles aus Liebe, Hier kommt Alex oder neuere Songs wie Tage wie dieser oder Unter den Wolken handelte, solange es Rock am Ring gibt, sind die Herren um Campino ein gern gesehener Gast.
Gleiches gilt auch für Kraftklub, die mit Songs aus ihrem jüngst erschienen Album Keine Nacht für Niemand und Hits wie Ich will nicht nach Berlin diesen Samstag in der Eifel beendeten und das mit der wohl, lt. Veranstalter André Lieberberg, höchsten Anzahl an Menschen, die je gemeinsam auf ein und derselben Bühne gestanden habt.
Sonntag, 04.06.2017:
Nachdem es sich Samstagabend ausgeregnet hatte, man weiß ja schließlich wo man sich befindet, startet der Sonntag wieder mit, für Rock am Ring Verhältnisse, wirklich gutem Wetter und Code Orange, die sich für den Support bedankten und die sich mit ihrem Hardcore Punk zahlreiche neue Fans erspielt haben dürften. Das macht Rock am Ring auch aus, dass man neben den etablierten Musikern, immer auch die Neuigkeiten nicht aus dem Auge verliert.
Während sich einer der Söhne Mannheims nämlich Henning Wehland als Letzter an der Bar empfahl, konnten Chefboss mit einer Mischung aus Dancehall und Rap und einer außergewöhnlichen Choreografie überzeugen und schmissen auch Merchandise ins Publikum… kann man mal machen.
Feine Sahne Fischfilet leben bekanntlich ihre Musik sie besitzen einen Freiheitsgedanken, der bei den Jungs aus Meck-Pomm tief verankert ist. Sie fordern, dass man sich positionieren muss und so gehen „Monchi“ und seine Jungs mit ihrem Ska-Punk mit gutem Beispiel voraus.
Eine weitere logistische Meisterleistung gelang Marteria, der sein Konzert vom Freitag am Sonntag nachholte, bevor er schnell zu Rock im Park abdüste und dort am gleichen Abend ebenfalls auftrat. Solche musikalischen Helden braucht man viel mehr und erst Recht wenn sie Songs wie Endboss oder Kids (2 Finger an den Kopf) im Repertoire haben.
Airbourne aus Australien spielten derweil ihren ehrlichen Hardock im Stil der großen Vorbilder AC/DC, während Schnipo Schranke zeigten, dass am Ring auch Platz für Elektro-Chansons ist. Alter Bridge spielen seit Jahren auf den größten Bühnen der Welt und machen das mit ihrem Post-Grunge auch überragend und man spürt, dass die Mitglieder schon bei Bands wie Creed und Mayfield Four Erfahrungen gesammelt haben. Ganz anders dagegen Jake Bugg mit seinen gerade mal 22 Lenzen. Er spielt Singer-Songwriter Songs die an Bob Dylan erinnert und spätestens seit Lightning Bolt, das seinen Auftritt beendet, kennt und schätzt man ihn auch hierzulande.
Schlechte Zeiten erfordern auch musikalischen Widerstand, dachte sich auch Rage Against The Machine Gitarrist Tom Morello und gründete mit Cypress Hill Rapper B-Real, Public Enemys Chuck D., DJ Lord und der Rhythmus Sektion von RATM die Band Prophets of Rage. Mit einer Mischung aus alten Nummern wie Take the Power back, Bullet in the Head und der inoffiziellen Rock am Ring Hymne Killing in the name bewiesen Prophets of Rage, dass sich Musik und politisches Gewissen nicht ausschließen müssen und mit Like a stone, bei dem sich auch System of a down Sänger Serj Tankian einfand, wurde zudem Chris Cornell gewürdigt, der selbst früher mit Audioslave bzw. solo zu Gast auf dem Nürburgring war, aber leider kürzlich verstarb.
Bonaparte, das Schweizer Projekt um Tobias Jundt bot hingegen wieder eine beeindruckende und verrückte Show, während Annenmaykantereit mit ihren authentischen Liedern wie Barfuss am Klavier viel Gefühl zeigten.
System of a down sind ein Phänomen, 12 Jahre sind seit dem letzten Album Hypnotize vergangen und trotzdem sind Serj Tankian, Daron Malakian, Shavo Odadijian und John Dolmayan ein Garant für beste Konzerte voller besonderer Momente wie Aerials, B.Y.O.B. oder Chop Suey und sie konnten natürlich auch am Nürburgring wieder voll überzeugen.
Mit dem Auftritt von Macklemore & Ryan Lewis ging ein Festival zu Ende, das man noch lange im Gedächtnis haben wird und das vor allem bewies, dass man gemeinsam stärker als der Terror ist. Danke!
Fotos Alternastage & Pressekonferenz: Jan Focken (leider hatten wir in diesem Jahr keinen Fotozugang zur Volcano und Beck’s Crater Stage)
Weblinks ROCK AM RING:
Homepage: www.Rock-am-Ring.com
Facebook: https://www.facebook.com/rockamring/