Eins vorweg: Die klassische Punktebewertung, die in unserem Online-Magazin bei CD-Kritiken obligatorisch ist, entfällt hier. Dies liegt zum einen an den abstrakten, durchgehend instrumentalen Klängen, die uns Alec Empire mit dem Soundtrack zum Film Volt vorlegt, zum anderen daran, dass eben diese Klänge erst reflektiert werden sollten und richtig eingeordnet werden können, nachdem man sich den Film von Regisseur Tarek Ehlail angeschaut hat. Wer den Plot des knapp 80-minütigen Streifens nicht kennt, hier das Wichtigste in Kürze: In einer allzu nahen Zukunft existieren keine Staatsgrenzen mehr. Stattdessen wurden an den Rändern Deutschlands sogenannte Transitzonen errichtet, in denen Flüchtlinge unter desolaten Bedingungen in Baracken hausen. Die Polizei wird tagtäglich zu Einsätzen gerufen, um in eben diesen Transitzonen “für Ruhe zu sorgen” – um nicht zu sagen: die ungewünschten “Blackies” und “Kanacken” niederzuprügeln. Bei einem dieser Einsätze tötet Polizist Volt, gespielt von Benno Fürmann, versehentlich einen der “Blackies” und gerät daraufhin in ein Dilemma, welches seiner Psyche schwer zusetzt. Eine Dystopie mit schonungslosen und kritischen Bildern zu den im Jahre 2017 omnipräsenten Themen Flüchtlingskrise und Polizeigewalt.
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Dunkel und atmosphärisch
Ausgestattet wurde der Film zum großen Teil mit passenden dunklen Bildern und spärlich beleuchteten Schauplätzen, auf der Farbenskala irgendwo zwischen Tiefschwarz und düster-atmosphärischem Türkis gehalten. Und eben daran scheint sich der Berliner Künstler, der nach eigenen Angaben nur vier Wochen Zeit für die Produktion und Fertigstellung des Scores hatte, auch orientiert zu haben. Dunkle, sphärische, auch teilweise leicht horroristisch klingende Sounds dominieren. Immer wieder bedient sich das Atari-Teenage-Riot-Mastermind aber auch Tönen, die beim ungeübten Hörer reflexartig für Schnappatmung sorgen können. Following Her – Torturing The Witness walzt im Mittelteil beispielsweise mit monströsem Industrial-Geschepper alles nieder. Schmetternde Beats tauchen in Kombination mit Streichern und wabernden Synthies auch im weiteren Verlauf des Soundtracks immer wieder auf, Shadow Boxing (Part 3) kommt gegen Ende sogar mit lupenreinem Tech-House um die Ecke. Dominant sind jedoch eher ruhige, aber gerade durch diese Ruhe bedingt unheimlich klingende Töne. Die perfekte musikalische Untermalung für die filmische Darstellung von Menschenleben, welche von Angstzuständen, Trauer, Ungerechtigkeit und (im Falle des Polizisten Volt) großen Selbstzweifeln geprägt sind. Produktionstechnisch gibt es am Volt-Soundtrack natürlich nichts auszusetzen. Am besten kommt der Konsum dieser Scheibe wohl auf Vinyl (welches im regulären Verkauf allerdings streng auf 500 Stück limitiert ist) oder nachts in der Dunkelheit vor dem Zubettgehen über Kopfhörer.
Fazit: Alec Empire beweist mit Volt einmal mehr seine Künste als anspruchsvoller Soundtüftler, der sich vor keiner musikalischen Herausforderung scheut. Wer aus der Feder des 44-Jährigen aber ein aggressives, mit politischen Parolen getränktes Electro-Punk/Digital Hardcore-Album erwartet, sollte sich besser bis zur nächsten Atari Teenage Riot-Veröffentlichung gedulden.
Tracklist Alec Empire – Volt OST
01. Now It’s Between You and G-D
02. Victims of Authority
03. Love While Death Is Watching
04. Shadow Boxing, Pt. 2
05. Meeting Her
06. Following Her, Torturing The Witness
07. The Confession
08. Changes Are Coming / The Raid
09. Getting Ready / Wind / Riotzone / Out of Control
10. Keep Quiet For Now
11. Shadow Boxing, Pt. 1
12. Shadow Boxing, Pt. 3
13. The Wall Screams Murder
14. Running Away / Get It Right / They Are Coming / Lost Friend
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