In der Auseinandersetzung mit Bands der Neuen Deutschen Härte ist gerade im Falle von Ost+Front sehr interessant zu beobachten, inwiefern die Band polarisiert. Denn selten sind es die blutrünstigen Bilder und die mehr oder minder gruseligen Gewandungen der Mitglieder, sondern viel häufiger wird die Frage ein den Raum geworfen, inwieweit hier Rammstein nachgeeifert würde oder Ost+Front eben doch etwas Eigenes darbieten. Sie sind eben einfach groß, die Schatten der großen Genre-Heroen. Das Auftreten der Band sollte man eben als die Ästhetik der Band hinnehmen, drüber hinwegsehen, mit Augenzwinkern betrachten oder einen eigenen Umgang damit finden – darüber hinwegtäuschen lassen, dass Ost+Front spätestens auf Album Nummer 3 eine eigene Nische gefunden haben, sollte man sich auf jeden Fall nicht.
Einen ersten Wink in die Richtung schickte schon Sternenkinder als Vorab-Single, das mit hymnischen Chorälen arbeitete und zunächst einmal befremdlich wirkte – eben weil es nicht das war, was man unbedingt von Ost+Front erwartete. Immer mal wieder fällt auf Ultra auf, dass die Schwermut nicht mehr zwingend im Mittelpunkt steht. Bruderherz beweist das früh mit einem sehr hohen Tempo, eingängigem Gesang (der die Härte dennoch nicht vermissen lässt) und dennoch der Band-typischen Härte. Das Tempo ist dabei auch ein Merkmal, das sich stark durch das Album zieht und uns in sehr vielen Nummern begegnet. Das zeigen beispielsweise auch Titel wie Fick Dich. Wobei gerade letzteres auch zeigt: Die Provokation, ob sie nun funktioniert oder nicht, gehört nun einmal auch weiterhin zu Ost+Front – wobei man diese auch stellenweise nicht als solche unterschätzen sollte und teils Richtung Zynismus geht.
Mit Gastsänger Erk Aicrag (Hocico) lassen Ost+Front auch mexikanische Rhythmen auf Ultra einfließen
Man könnte meinen, Ultra ist so etwas wie „Neue Deutsche Härte mit anderen Mitteln“, denn die Band ist nun nicht aus ihrem Genre ausgebrochen, zeigt aber, wie auslotbar die Grenzen sind. Dabei schreckt sie auch nicht davor zurück, mit der von Bedřich Smetana übernommenen Komposition Moldau eine Art Metal-Walzer zu kreieren oder auch mexikanische Rhythmen einfließen zu lassen wie in Fiesta de Sexo, für das man passenderweise den Label-Kollegen Erk Aicrag als Gast gewinnen konnte.
Bei all dem bleibt Ultra aber immer noch ein Album der Kategorie „muss man mögen“. Der Sprung in den großen Massenmarkt a la Rammstein wird hiermit nicht gelingen, dürfte aber auch nicht das erklärte Ziel der Band gewesen sein. Mit der Ästhetik der Band muss man klar kommen, für die Inhalte sich öffnen, dann wird man Ultra mögen. Was man der CD einzig vorwerfen könnte ist, dass bei den in diesem Text nicht hervorgehobenen Titeln teilweise immer noch eine gewisse Gleichförmigkeit herrscht. Insgesamt aber ist das Abwechslungsreichtum erfreulich und das Album unter den erwähnten Voraussetzungen empfehlenswert!
Tracklist OST+FRONT – Ultra (Standard Version):
01. Sternenkinder
02. Bruderherz
03. Fiesta Del Sexo (feat. Erk Aicrag)
04. Afrika
05. Moldau
06. Krüppel
07. Suizid (feat. B. Deutung)
08. Fick Dich
09. Volksmusik
10. Blitzkrieg
11. Nein
12. Klassenkampf
13. Siebenbaum