Der Name ist entstanden, weil wir vor ca. einem Jahr in einem texanischen Wüstenort namens „Terlingua“ für eine Woche verweilten. Wir hatten in Austin (Texas) eine Show und haben gesagt, wenn wir schon einmal in den USA sind, lass uns doch nicht nur für einen Tag rüber fliegen und wieder zurück, sondern noch ein paar Tage dranhängen und etwas Urlaub und ein paar Fotos machen oder die Landschaft anschauen. Daraus ist etwas erwachsen, was wir so nicht erwartet hatten. Es entstand eine wahre Banddynamik: du machst etwas und sagst dir: „lass uns mal ein paar Fotos machen und aus der Großstadt hinaus in den Süden von Texas fahren“. Dann kommt man in eine andere Umgebung und die hat uns geholfen, weil dort auf dieser Ranch alles so spartanisch, staubig und so unsagbar einsam, still und vor allem weitläufig war.
Als Band sind wir wieder mehr zusammengerückt und die eigentlichen Ursprünge, warum wir diese Band gegründet haben, sind dadurch wieder wesentlich deutlicher zum Vorschein getreten, als wenn man sich einfach in Hamburg am Frühstückstisch getroffen hätte, ohne richtigen Tagesablauf. Da wird man wieder richtig frei. Dort haben wir uns gesagt „da müssen wir wieder als Band hin“ und waren dann glaube ich im November 2014 mehrere Wochen dort und hatten uns nur mit uns Vieren und einem Tontechniker auf einer Ranch eingemietet. Das war mit das Schönste was ich mit der Band erleben durfte. Wir haben uns wieder neu aufeinander eingelassen und auch viel zugelassen und der Großteil der Lieder auf dem Album handelt auch inhaltlich davon. Eben von jenen Dingen, die uns und insbesondere Martin dort durch den Kopf gegangen sind und dann sagten wir uns, das Album muss auch so heißen, weil es eben für uns einen so großen Stellenwert hat.
Wenn du ein Album in Deutschland einfach nur „Texas“ nennen würdest, dann weiß auch jeder wo das ist, aber wenn du es Terlingua nennst, dann klingt das erst einmal ungewöhnlich und geheimnisvoll und dann stellen viel mehr Leute Fragen. Die ganze Ecke dort in Terlingua, in der Nähe vom Rio Grande, hat ihren besonderen Reiz. Die Zeit vergeht viel langsamer, es ist so klar, so still und eine derartige Weite, wie man sie sich hier in Deutschland überhaupt nicht vorstellen kann. In Terlingua stößt man auf Ghost Towns, einen Nationalpark, wo sich viele kleine Geschichten verbergen, die irgendwo und irgendwie auch in unseren Texten wieder zu finden sind. Man muss die vielen Eindrücke irgendwie auf sich wirken lassen und damit dann auch verarbeiten, ohne zu ahnen, ob es den Fans gefällt oder auch nicht.
(lacht) gereift das klingt so negativ…das Neue soll der Zuhörer selbst beurteilen. Wir haben eine analoge Aufnahmetechnik verwendet, die den Klang entscheidend veredelt. Diese haben wir dann in Hamburg verfeinert. Neue Gitarrensounds, neue Nuancen… und dann probierten wir erst den einen Gitarrensound aus und dann einen anderen. Wenn ein Song eher rockig ist, ich spreche jetzt mal aus der Sicht des Gitarristen, dann darf dieser auch ruhig noch etwas rockiger sein oder wenn es ein eher ruhiger Song ist, dann darf das Ganze ruhig auch etwas poppiger ausfallen. Also zusammengefasst: die Zutaten, die Mono Inc. verwendet, haben wir in einen Topf geschmissen und haben eine Zutat dann jeweils speziell hervorstechen lassen. Und all diese Ideen sind in Terlingua entstanden; dort haben wir uns entschlossen, etwas zu riskieren und etwas Neues zu tun.
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Wie sieht ein typischer Mono Inc.-Arbeitsalltag aus?
(lacht)…du meinst wahrscheinlich außerhalb des Live-Streams. Ja, also den ganz typischen Arbeitsalltag gibt es bei Mono Inc. so eigentlich nicht, denn wir müssen verschiedene Sachen selbst machen. Seit der Tour mit Unheilig, das ist jetzt ungefähr fünf Jahre her, sind wir rund um die Uhr Mono Inc. Musiker. Ich glaube, das nennt man dann Profi. Ich habe als einer der Letzten meiner Firma gekündigt, Martin hat schon immer professionell Musik gemacht. Denn wenn man so weit ist, muss man es auch richtig weitermachen. Und wenn du morgens aufstehst und die anderen dann schreiben, es ist jetzt Mittagspause, dann bequemt man sich los und dafür ist dann eben der restliche Tag länger für einen Musiker.
Du musst halt einmal dein Postfach aufmachen und schauen, was die Plattenfirma will, was für die Tour oder für irgendetwas anderes anliegt. Wir machen als Mono Inc. unser eigenes Management, ständig müssen Sachen aus unserem eigenen Umfeld entschieden werden, wie zum Beispiel auch, wer gerade ein Interview machen kann. Eben all die Sachen, die tagtäglich um uns herum sind. Wenn wir dann den „Büroteil“ hinter uns haben, trifft man sich entweder bei Martin, bei mir oder in der Stadt, bespricht Dinge und schickt sich Titel hin und her. Dann werden Ideen zusammengetragen, wie man es vielleicht auch live umsetzen kann. Es gibt so viele Dinge um den Mikrokosmos Mono Inc. herum. Wenn man sich fragt, wo der Tag geblieben ist, dann weiß man das meistens gar nicht. (lacht) Das liegt auch daran, weil wir jetzt jedes Jahr eine neue Platte herausgebracht haben. Ein neues Album hat einen Vorlauf von 3 Monaten und etwa einen Nachhall von einem Monat was Interviews und Entscheidungen angeht und dann will die Plattenfirma oder der Vertrieb noch diesen oder jenen Bonustrack haben… Einer muss nach Berlin oder Hamburg zum Videodreh, der andere fährt zum Interview. (lacht) also zusammengefasst: Eine Antwort auf deine kurze Frage. Es gibt keinen typischen Mono Inc. Arbeitsalltag. Jeder Tag ist abwechslungsreich und immer anders.
Sind wir jedoch auf Tour, sieht das ganz anders aus. Da gibt es einen geregelten Arbeitsalltag. Da steht man am Vormittag auf und frühstückt. Erledigt dann die wichtigsten Dinge wie z.B. Facebook, denn auch wenn man sich da etwas zurückhält, ganz raushalten geht nicht. Dann macht man meist Mittagsruhe und so richtig beginnt der Tag dann erst ab dem Soundcheck. Abends folgt der eigentliche Showteil und danach noch das Treffen mit den Fans und später fällt man tot ins Bett und am nächsten Tag geht’s weiter. (lacht) Das spannendste an diesem „Beruf“ ist, dass eigentlich kein Tag dem anderen gleicht.
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Wir sind alle schon ziemlich lange zusammen und haben uns auch sehr früh die Ziele von Mono Inc. festgesteckt. Es ist ein relativ harmonisches Miteinander, weil jeder den anderen respektiert. Wir sind ja auch nicht mehr ganz blutjung und gehen gelassener mit den Kollegen um und wenn man sich seit quasi 10 Jahren kennt -Katha ist jetzt seit 2007, also auch schon seit 8 Jahren dabei-, dann hat man sich schon so aneinander gewöhnt und kennengelernt, dass sich keiner so verhält, dass es die anderen total nerven würde. Man versteht sich, man respektiert sich, man kennt die Eigenheiten… ganz wie in einer Beziehung. Ich brauche unterwegs Harmonie, das Wir-Gefühl, sonst dreht man durch. Wir haben viel Spaß auf der Bühne, nicht nur durch die Musik, sondern auch die Reflexion durch das Publikum spielt da eine entscheidende Rolle.
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Welche Erwartungen habt ihr selbst an „Terlingua“?
Natürlich erstmal gar keine. Da musst man die Frage schon anders formulieren/interpretieren, also anhand einer Erfolgsskala oder ob es ein Meilenstein werden soll. Die Musiker in uns haben ja dieses Album gemacht und finden dieses Album so toll und stark, dass wir frei davon sind, ob es auch anderen gefällt. Wir versuchen nicht die Musik danach auszurichten was Fans sagen oder was Facebook sagt, denn dann bist du gefangen in deiner eigenen Umklammerung.
Also die Erwartung ist, dass es uns gefällt, es muss uns glücklich machen und idealer Weise sind dann da draußen vielleicht ein paar Leute, die das Ganze auch mögen. Denn es ist für den Fortbestand einer Band viel wichtiger, mit dem glücklich zu sein, was du hast, weil man es sowieso nicht schafft, die Bestrebungen und Erwartungen von allen Parteien (Plattenfirmen etc.) gleichermaßen zu erfüllen. Wir wissen aus der Vergangenheit, dass unsere Platten einigen Leuten gefallen haben und die letzten Platten sind immer höher in den Charts platziert, aber wenn es dieses Mal keine Platzierung geben würde, dann wäre es auch okay und es ist für uns trotzdem noch immer eine gute Platte.
Ein neues Album ist nur ein wichtiges Element im Leben einer Band, neben vielen anderen Dingen. Wichtiger ist es live zu spielen. Ein neues Album ist zwar ein neuer Meilenstein, aber ob 20.000 oder 50.000 davon verkauft werden, das merkt man als Musiker nicht. Die Einzigen, die dies interessiert sind die Plattenfirmen und der Vertrieb. Die feiern das richtig. Die letzten Alben sind die erfolgreichsten von Mono Inc., aber die beiden ersten Alben haben wir genauso lieb. Als wir unsere erste Chartplatzierung hatten, schauten Martin und ich uns an und stellten uns die Frage: „Und nun? Was ist jetzt anders?“ Wir fanden schnell eine Antwort und die lautete: es ändert sich nichts. Wichtig für uns ist es, dass wir Musik machen können. Das macht keinen Unterschied letztendlich.
Was man jedoch merkt ist die Akzeptanz des Publikums bei Konzerten, da hat man ein direktes Feedback. Gestern Abend (Stadthalle Attendorn Anm. d. R.) zum Beispiel hatten wir eine Uraufführung vom neuen Album Terlingua und haben zwei neue Lieder gespielt und die sind monstermäßig angekommen. Und das ist ein schönes Gefühl, du spielst einen neuen Titel und die Leute feiern einfach nur ab als ob man Voices of Doom spielt oder andere Evergreens. Da ist ein neuer Sound, neue Optik, einfach das texanische Lebensgefühl. Ich freue mich schon darauf mit meinem neuen Cowboyhut rumzulaufen.
Heute, am 01.05.2015 um 00:00 Uhr, erschien ja eure erste Singleauskopplung. Es ist der Song Tag X. Wieso habt ihr speziell diesen Song als Auskopplung gewählt? Was bedeutet „Tag X“?
Der Tag X ist ein freundlich gemeinter, erhobener Zeigefinger, das Hier und Jetzt bestmöglich zu gestalten und zu genießen. Man sollte sich fragen, ob man gut zu seiner Umgebung und zur Familie ist. Hat man dem besten Freund gesagt, dass man ihn schätzt oder der Frau, dass man sie liebt oder die Mutter angerufen und gesagt, ich denke an dich. Das alles macht man viel zu selten. Man lässt sich treiben von den Tagesaktivitäten und wenn man nicht aufpasst, dann nimmt man seine Arbeit und Emails mit nach Hause, ist immerzu erreichbar und naja, man weiß selbst, wie das Leben so ist…
Das ist auch so ein Punkt, der aus der Weite und Ruhe in Terlingua entstanden ist. Dadurch haben wir jetzt ganz andere Schwerpunkte, wir waren dort mit ganz anderen Vorzeichen, wir hatten Benzin oder Treibstoff für wenig Geld in Hülle und Fülle, aber Wasser war Mangelware. Man hatte eine andere Sicht auf die Dinge, es ist dort halt alles nicht so selbstverständlich.
Der Refrain des Songs bringt den Gedanken auf den Punkt: „Hast du geliebt, hast du gelebt, wenn es heute zu Ende geht.“ Die Entscheidung für diesen Song ist eine Radiopromotion, Entscheidung der Geschäftsführung, alle möglichen Leute spucken in die Suppe, in unserem gesamten Team wurde eine interne Befragung gemacht, Familien, Fotografen und alle die etwas mit uns zu tun haben wurden befragt und da hat Tag X unter allen 22 Songs am besten abgeschnitten. Wir als Band haben gar nicht mehr das Gespür dafür, was ein richtiger Song für eine Single ist. Die Entscheidung ist dann eine Businessentscheidung und wir haben uns nicht dagegen gesträubt, denn wir finden ihn gut und warum soll er dann auch keine Single sein? Die einzige Überlegung die wir als Band gemacht haben ist, ob wir einen deutschsprachigen oder einen englischen Song als erstes rausbringen. Wir wollten ursprünglich Never-Ending Love Song, aber wenn unsere Plattenfirma sagt, es wird Tag X, dann ist das auch okay.
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Welches ist für euch jeweils das persönliche Lieblingslied auf dem Album?
Welche Pläne habt ihr bezüglich Tourneedaten und für die Zukunft allgemein?
Ich kann und darf dir nur so viel verraten, dass ab November eine Tour geplant ist, aber nähere Termine können aufgrund der Bestimmungen noch nicht bekannt gegeben werden. Hier noch ein paar aktuelle und bestätigte Daten:
01.05. 2015 Hexentanz-Festival
15.05.2015 Walsbüll Open Air
21.05.2015 Album Release Party, Hamburg – Queen Calavera
24.05.2015 Wave Gotik Treffen – Agra Halle
13.06.2015 Blackfield Festival
20.06.2015 Feuertanz Festival – Burg Abendberg
09.08.2015 M’era Luna Festival – Flugplatz Hildesheim
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Vielen Dank für dieses sehr offene Interview, bitte macht weiter so und grüß mir auch den Rest der Band!
Das Interview mit Carl Fornia (Mono Inc.) führte Claudia Marquardt am 01.05.2015.
Die Promofotos stammen von Sebastian Schmidt.