Get Well Soon Sänger Konstantin fasst das Festival auch gleich für alle Anwesenden mit einfachen Worten aus seiner Sicht zusammen: "Least Rock’n’Roll, most fun" und erklärt den Rolling Stone Weekender kurzerhand zu seinem Lieblingsfestival. Tatsächlich scheint er sich hier auch um einiges wohler zu fühlen als auf einem großen Festival wie dem Hurricane Festival im letzten Sommer (wir berichteten). Einfach nur toll was die sechs Vollblutmusiker hier wieder an Melodien erschaffen und die Stimmen von Konstantin und seiner Schwester Verena scheinen noch immer von Mal zu Mal schöner zu werden – was eigentlich kaum mehr möglich sein dürfte. So spielt man sich vor einem begeisterten Publikum durch die Bandhistorie und zelebriert Hits wie Roland I Feel You, We Are Free oder Angry Young Men.
Derweil verschenken Empire Escape, wie bei jedem ihrer Konzerte, eine CD. Sie liefern ein feines Konzert ab, von dem ich aber leider wegen einer Fehlinformation im aktualisierten Timetable viel zu wenig mitbekomme. Wichtigster Song, nämlich der, warum sie das alles nach eigener Aussage machen, ist The Chemistry Of Colours, denn sie verbinden damit die Hoffnung, dass am Ende eines jeden Konzertabends zwei Menschen glücklich zusammen nach Hause gehen. Ob es heute geklappt hat ist nicht überliefert, man darf aber wohl nach einem solch schönen Set davon ausgehen.
Im Baltic Saal geht es kurz darauf leicht psychedelisch zu, denn hier spielen nun The Dodos auf und mit ihren Songs lassen die drei amerikanischen Indie-Rocker aus San Francisco wirklich niemanden still stehen, alles wippt mit den Füßen oder tanzt im niedrigsten Saal des Festivals.
Die Schlange vor dem Rondell wird pünktlich zum Auftritt von Josh Record richtig lang und so entscheide ich mich stattdessen direkt für Glasvegas im Zelt, was wohl immer eine gute Wahl ist. Doch scheinbar geht dies nicht jedem so, denn die Schotten berichten, dass sie zuletzt mit Hurts auf Tour waren und dass sich dort die Leute vielfach die Ohren zugehalten haben und man fragt ironisch, ob dies ein Zeichen für Begeisterung in Deutschland sei. Hier beim Weekender seien die Leute jedenfalls deutlich netter und man feiert Songs wie Euphoria oder gegen Ende Go Square Go ordentlich ab!
Im Baltic Festsaal beherrschen bei Phosphorescent als nächstes Molltöne das Geschehen, ich wende mich aber nach einem ersten Eindruck der Zeltbühne zu, denn hier steht mit Thees Uhlmann und Band durchaus ein Hochkaräter auf dem Programm. Die Band aus Hamburg hat hier ja quasi ein Heimspiel und das merkt man auch am Zuschauerzuspruch im Zelt. Ganz auf dem Boden geblieben bedankt sich Thees vor Mädchen von Kasse 2 erstmal bei allen die heute hier arbeiten müssen damit alle anderen in Ruhe feiern können. Und die Tatsache dass jemand sowohl Pink Floyd, als auch ihn mag, quittiert er dem Fan im Pink Floyd Shirt gegenüber gar mit einer Verbeugung und dem großzügigen Angebot, sich an Thees’ Merchandisestand aussuchen zu dürfen was er mag. Auf einen Gastauftritt von Casper hoffen wir heute leider vergeblich, denn dieser ist verhindert und daher muss Thees bei und Jay Z singt uns ein Lied selbst rappen, was er aber durchaus ordentlich und authentisch macht. Und auch sonst nimmt man ihm das „sympathischer Junge aus dem Norden“ stets ab und so ist er den ganzen Auftritt hindurch „einer von uns“ und seine Songs werden gemeinsam zelebriert, allen voran natürlich Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf, bei dem der Gesang der Fans noch lange nachhallt. Und auch bei Römer am Ende Roms gegen Ende des Sets herrscht eine so gute Stimmung, dass man eigentlich gar nicht aufhören möchte, doch mit The Tallest Man On Earth gibt es im Baltic Festsaal einen durchaus guten Grund dafür. Denn auch der mit bürgerlichem Namen eigentlich Kristian Matsson heißende Schwede ist äußerst sympathisch und fasziniert sein Publikum ganz alleine mit einer Gitarre und einem Stuhl auf der Bühne. Seine feinen Akustiksongs werden vom Eröffnungstrack King Of Spain an mit viel Charisma vorgetragen und machen ihn sicher zu einem der „Gewinner“ des Festivals.
Mit Travis folgen nun die Samstagsheadliner. Und diese starten auch gleich mit Mother vom aktuellen Album Where You Stand durch und schieben mit Selfish Jean einen altbekannten Song nach. Fran Healy und seine Band wirken sehr sympathisch und der Frontmann versucht sogar deutsch zu sprechen. Die Schotten spielen sich gekonnt durch ein abwechslungsreiches Set und vor allem Driftwood ist in seiner Liveversion wunderschön. Neben den eigentlichen Songs gehört aber auch ein, nicht ganz ernst gemeintes, Gedicht, dessen Moral darin besteht, man möge besser keine Kinder bekommen. Bei Where You Stand vom neuen Album steigt Fran in den Bühnengraben und auf die Absperrung um seinen Fans nah zu sein. Zwischenmenschliche Nähe ist Fran spürbar wichtig und so hat er Reminder auch für seinen Sohn geschrieben, als Hilfe, falls er mal irgendwann nicht mehr da sein sollte. Schön wird es natürlich wieder bei Writing To Reach You, welches Fran bei seinen hohen Stellen einiges abverlangt. Gegen Ende ziehen Travis das Tempo dann noch einmal an, vor allem bei Blue Flashing Light, dem mit Turn ein weiterer Hit folgt, bevor die Band kurz die Bühne verlässt und dann für insgesamt 3 Zugaben zurückkehrt, an deren Anfang eine schöne Akustik-Version von Flowers In The Window steht. Gewartet haben viele der Zuschauer aber natürlich auf noch einen weiteren Song und den haben sich Travis für den krönenden Abschluss aufgehoben: Why Does It Always Rain On Me sorgt für ein tolles Finale, bei dem dann auch endgültig alle mitsingen während es draußen langsam nieselt…
„Anspruchsvolle Barmusik“ gibt es als nächstes im Baltic Festsaal, wo Sophie Hunger zunächst einmal mit der Technik zu kämpfen hat, so dass sich der Auftritt merklich verzögert und sie sich sogar zu einer Bemerkung hinreißen lässt, die irgendwie fehl am Platz wirkt. Sie hoffe, dass sie mal mit ihrer Musik so viel Geld verdienen würde, dass sie nicht mehr in einer solchen Location spielen muss. Damit schoss sie in meinen Augen etwas über das Ziel hinaus, denn andere Bands hatten mit diesem Saal offenbar keine Probleme und auch bei Sophie Hungers Songs klang es für mich durchaus angenehm, von großen Soundeinbußen keine Spur. Ansonsten ein wirklich feines Set einer talentierten Musikerin.
Der musikalische Abschluss des Rolling Stone Weekenders 2013 ist einem weiteren talentierten Künstler vorbehalten, denn Glen Hansard ist neben seiner musikalischen Karriere, in der er u.a. Sänger von The Frames war, auch Schauspieler und verkörperte den Outspan Foster im Musikfilm Die Commitments. Schon den ersten Song Her Mercy präsentiert der extrem sympathische Frontmann mit viel Energie und Begeisterungsfähigkeit. Auch die später folgende Coverversion des Otis Reading Klassikers Respect ist stark und es wird schnell deutlich, dass alle hier auf der Bühne vertretenen Musiker ihr Handwerk beherrschen und die ganze Show sprüht nur so vor Spielfreude. Während des Auftritts bleibt sogar Zeit zum Kuscheln und das Publikum eröffnet den einen oder anderen Paartanz. Die Zuschauer singen bei diesem perfekten Festivalabschluss begeistert mit und Glen entlässt uns nicht ohne ein paar Weisheiten, von denen eine besagt, dass Satan Italiener ist, Jesus hingegen natürlich Ire!
Der Rolling Weekender unterstreicht an diesem Wochenende seine Ambition als äußerst friedliches und entspanntes Festival und als netter Ausklang der Saison! Wir freuen uns schon jetzt auf die Festivalsaison 2014, denn da kommt sicher wieder Einiges auf uns zu.
Wir haben für euch eine Bildergalerie zum zweiten Tag des Festivals zusammengestellt, die ihr hier oder durch Anklicken der Bilder erreichen könnt:
Bildergalerie: ROLLING STONE WEEKENDER 2013 Tag 2 (23.11.2013)
Autor & Fotos: Michael Gamon
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