Nachdem die Show in Eindhoven dann eher mau ausgefallen war, wäre ich eigentlich sicher nicht mehr nach Köln gefahren, wenn nicht schon verschiedene Verabredungen getroffen worden wären. Dass es die berühmte Party werden würde, zu der man erst gar keine Lust hatte, ahnte ich da noch nicht.
Nach ein paar Takten I only said nahmen die ersten Leute in meiner Umgebung die Ohrenstöpsel raus. Ich versuchte das auch und merkte, wie leise das Konzert im Vergleich zu meinen beiden bisherigen war. Sind die Lärmvorschriften in Deutschland noch strikter als in den Niederlanden? Schon da hatten wir es als vergleichsweise harmlos erlebt. Oder ist es zwei Meter hinter den Soundleuten so viel leiser als vorne im Raum? Jedenfalls machte das aus dem Konzert ein sehr viel Normaleres als diese Bombenangriffs-Ästhetik, für die MBV-Gigs sonst bekannt sind. Man verstand ein wenig Text, fast immer waren Melodien auszumachen und die Stimmen zu hören. Das klingt albern, aber bei To here knows when oder Soon waren bei den Konzerten in Glasgow und Eindhoven, die ich gehört hatte, nur tiefe, immer wiederkehrende Töne auszumachen. Was uns zu der Frage führte, wer wie das Kommando gibt, wann ein Lied zu beenden ist.
Für den Großteil des Konzerts galt, dass diese quasi-akustische Version einer My Bloody Valentine Show mir zu meiner Überraschung sehr viel Freude bereitete. Als 120 dB Spektakel hatte ich es ja auch schon erlebt. Nur verpuffte damit dann auch der Effekt des krachigen Mittelteils von You made me realise, der im englischen Sprachraum unschön "Holocaust section" heißt. Das Lärm-Staccato tut körperlich weh, wenn es laut ist. In Köln dehnte die Band um Kevin Shields diesen auf gut achteinhalb Minuten aus (dazu laufen weiße Linien über die Animationsleinwand), vier Minuten länger als am Vorabend. Aber zweimal 100 dB sind nun mal nicht 130. Nichts tat weh, kein Fremd-Magenknurren, und der ganze Effekt des körperlichen Miterlebens der Musik war futsch.
Mittlerweile sind vier Stücke der neuen Platte im Live-Programm der Band. Von denen ist Only tomorrow herausragend. An das experimentelle Wonder 2, zu dem Schlagzeuger Colm nach vorne kommt und Gitarre spielt, habe ich mich immer noch nicht gewöhnt.
Obwohl ich ganz exakte Erwartungen an den Abend hatte und mit einem weiteren routiniert runtergespielten Konzert der am Mittwoch fast lustlos wirkenden Band gerechnet hatte, gefiel mir die Show sehr. Ein richtig guter Abend, auch wenn es schon verrückt ist, sich bei You made me realise darüber unterhalten zu können, dass man genau eben dies kann!
Setlist:
01. I only said
02. When you sleep
03. New you
04. You never should
05. Honey power
06. Cigarette in your bed
07. Only tomorrow
08. Come in alone
09. Only shallow
10. Thorn
11. Nothing much to lose
12. Who sees you
13. To here knows when
14. Wonder 2
15. Soon
16. Feed me with your kiss
17. You made me realise