Das zweite Album kam ja recht schnell nach dem Debüt und der EP auf den Markt. Habt ihr aus dem Kreativbrunnen geschlürft oder woher diese Aktivität?
Unser Debütalbum A different Place stellte ja seinerzeit eher eine Quintessenz aus den Aktivitäten von Lotus Feed bis 2011 dar. Es gab bis dahin jede Menge Material, das die Band im Laufe der Jahre geschrieben hatte, aber erst nachdem Lars (unser Bassist) und ich zur Band dazu stießen, entstand der Sound, für den Lotus Feed heute bekannt sind…
Im Grunde kann man sagen, dass wir bereits in der Entstehungsphase dieses Albums am Material für So close …so far gearbeitet hatten. Vieles davon haben wir demzufolge auch schon lange vor der Veröffentlichung live gespielt. Nicht zuletzt, um herauszufinden, wie gut die Songs funktionieren würden. Der Erfolg hat uns wohl Recht gegeben. Was die Kreativität betrifft – wir haben jede Menge Ideen und die Tatsache, dass Lars und ich auch zusammen in einer WG leben, erleichtert das Songwriting ungemein. Wir beflügeln uns da gegenseitig 😉
Hat sich der Prozess zum Entwickeln der Lieder zwischen den Alben geändert oder ist er nach dem gleichen Schema erfolgt?
Nicht wesentlich, würde ich sagen. Es ist so, dass die Grundgerüste zu den Songs von Lars und mir geschrieben werden und wir später mit den anderen beiden das Material im Proberaum ausarbeiten. Das hat sich bewährt.
Ein Hauptunterschied zum Vorgängeralbum besteht darin, dass wir die Songs in meinem Heimstudio bereits komplett vorproduzieren und dabei im Grunde auch schon die klangliche Ausprägung des Materials im Vorfeld definieren.
Im Proberaum geht es dann im Wesentlichen darum, Alex’ Texte einzuarbeiten und für David die Drums „in natura“ zu erarbeiten…
Ihr habt in den letzten Monaten doch einige Konzerte geben können und dabei ein wenig Europa bereist. Was waren deine positivsten Eindrücke dabei?
Ja, wir haben 2012 eine ganze Reihe von Konzerten gegeben und dabei eine Menge Eindrücke mitgenommen. Besonders haben wir uns natürlich über die insgesamt sehr positive Resonanz gefreut, die wir dabei erfahren haben, Dies gilt sowohl für unser Publikum als auch für die vielen Bands, mit denen wir gemeinsam auf der Bühnen gestanden haben. Es ist ein schönes Gefühl, mit den anderen Künstlern nicht in einer Art Konkurrenz stehen zu müssen, sondern eher eine kollegiale Atmosphäre erleben zu dürfen. Ganz abgesehen von den vielen Freundschaften, die dabei geschlossen wurden! Besonders hervorzuheben wären hier Auftritte in England und auf dem Emergency-Exit-Festival in Österreich Ostern 2012!
Bei dem neuen Album hast du Design und Artwork aus der Hand gegeben und Rebecca Müller-Czychi hat Beeindruckendes geleistet. Wie kam es dazu?
Wir haben das eher „Hand-in-Hand“ gemacht. Rebecca ist eine sehr gute Freundin von mir und darüber hinaus eine unglaublich gute und talentierte Fotografin, die neben dem Blick für besondere Perspektiven auch ein sehr kreatives Händchen für Bildkomposition besitzt. Außerdem war es ihr ausdrücklicher Wunsch, in dieser Richtung für uns tätig zu werden, nicht zuletzt auch, da sie sich sehr stark mit unserer Musik identifizieren kann…
Ich selbst bin hauptberuflich in der Kreativbranche unterwegs und hatte im Vorfeld schon klare Vorstellungen bezüglich des Artworks. So habe ich das grobe Design vorab schon mal definiert. Rebecca hat mit uns die Fotosessions gemacht und später haben wir dann gemeinsam die Gestaltung in Form gebracht
Wie ist die bisherige Resonanz auf das Album und welche dieser ist für euch als Band am wichtigsten?
Insgesamt haben wir bisher eine sehr positive Resonanz gehabt, wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass es natürlich auch negative Kritiken gab. Aber die kamen auch eher aus einer Richtung, die sich naturgemäß eher mit sagen wir „trendorientierter“ Musik beschäftigt und uns logischerweise einen gewissen „Stillstand“ attestierten. Ich fasse das aber auch eher als Lob auf, denn somit habe ich aus meiner Sicht alles richtig gemacht. Denn nichts liegt uns ferner, als völlig neue musikalische Wege zu beschreiten, abgesehen davon, dass dies sowieso nicht mehr möglich ist. Letztlich sind alle Töne bereits gespielt und jeder Song geschrieben worden und sämtliche Tiefen und Untiefen in der Musik ausgelotet. Mich persönlich kann man da prinzipiell auch mit nichts mehr überraschen – außer mit gut gemachten Songs! Idealerweise überrasche ich mich dann selbst 🙂
Was ist dein persönlicher Lieblingssong des neuen Albums?
Schwer zu sagen! Man ist ja als Komponist automatisch ziemlich voreingenommen und nach mehreren Monaten Arbeit mit dem Album auch oft ein wenig abgestumpft dem eigenen Material gegenüber…
Da ich ein Freund von Midtempo-Nummern bin, würde ich Tranquility oder Grow In Use favorisieren. Das sind Songs mit einer schönen Atmosphäre, die ich persönlich auch sehr gerne live spiele.
Wie siehst du persönlich die ‘Szene’ – hat eine Musik wie die eure überhaupt noch eine Zukunft?
Ich setze mich mit der „Szene“ im Allgemeinen überhaupt nicht auseinander. Unser Anliegen ist es überdies auch, möglichst viele Hörer unabhängig von irgendwelchen Subgenres zu erreichen. Wir sehen uns daher auch überhaupt nicht als „schwarze“ Band. Wir haben unsere Wurzeln zwar in den Anfangstagen des New Wave oder Postpunk, aber wir sind weit entfernt von dem, was so gemeinhin unter dem Begriff „Goth“ im weitesten Sinn gesehen wird. Wenn es diesem Publikum gefällt, freut uns das, aber wir schielen definitiv nicht in diese eine Richtung. Dazu fehlt uns auch eine entsprechende Attitüde.
Musik hat immer Zukunft! Egal, welcher Gattung sie entspringt. Es ist eigentlich so eine Art der Wellenbewegung. Es gibt Zeiten, in denen eine bestimmte Ausprägung gerade sehr gefragt ist und eine andere gar nicht… Das habe ich in meiner musikalischen Laufbahn mehr als einmal erlebt. Irgendwann kommt dann immer wieder ein Punkt, wo gerade das angesagt ist, was man selbst macht. Und andersherum. Im Grunde bestimmen heutzutage vor allem DJ’s und Promoter, was gehört werden soll und was mal wieder „out“ ist. Insofern folgen wir auch keinem Trend…
Apropos Zukunft – wie sieht die um LOTUS FEED aus?
Es gibt eine – natürlich! Wir haben bereits Songmaterial für ein weiteres Album geschrieben und könnten, wenn wir das wollten, theoretisch in Kürze mit den Aufnahmen dazu beginnen. Vorab werden wir aber noch im Frühjahr eine Nachfolge-EP veröffentlichen, auf der auch ein Gastsänger zu hören sein wird, der sicher einer ganzen Reihe von Hörern nicht unbekannt sein dürfte. Mehr wird an dieser Stelle noch nicht verraten. Im Übrigen werden wir in Kürze mit der Promotion zu unserem aktuellen Album beginnen und unsere Live-Aktivitäten wieder verstärken. Wir haben vor kurzem unser Management gewechselt und man kann davon ausgehen, dass bald eine ganze Reihe von Auftritten anstehen wird, worauf wir uns natürlich sehr freuen!
Und wir freuen uns auch über diese da kommende Zeit – vielmehr bleibt neben der freudigen Erwartung nicht mehr zu sagen! Wir danken Marten recht herzlich für die Zeit und Geduld zu diesem Interview und wünschen der gesamten Truppe von Lotus Feed alles Beste und jede Menge musikalische Kreativität für die Zukunft! Keep on rockin‘ …
Das Interview mit Lotus Feed Gitarrist Marten Bijkerk führte Ralf Michael Benfer im Februar 2013.