Nanu? Rammstein auf dem Amphi Festival? Nein, es handelte sich um die Rammstein Coverband Stahlzeit, die es hinbekamen, eine perfekte Blaupause der Weltstars zu schaffen. Kracher wie „Du hast“, „Du riechst so gut“, „Mein Teil“ und viele andere sorgten für schweißnasse Körper. Hier stimmte jede Geste, jede Verkleidung, jeder Ton. Überraschungsarm aber wirksam! Bewaffnet mit Klarinette, Cello und Kontrabass spielten Coppelius in der Halle auf. Ein schöner Gegensatz zum rockigen Pendant auf der Mainstage. Die von Iron Maiden beeinflusste Musik kann man wirklich als Heavy Metal mit klassischen Instrumenten beschreiben. Und wer nun denkt, das sei langweilig irrt gewaltig, denn es ging so richtig ab und als Zuschauer konnte man so richtig abrocken. The Crüxshadows hatten dann im Freien die Bühne für sich. In neuer Besetzung veredelten die Amerikaner ihre Songs zwischen Goth- und Synthrock und wer die „Crüxies“ bisher schon mal gesehen hat, der weiß, was einen erwartet. Sänger Rogue geht ins Publikum, klettert an der Bühne herum und hübsche Tänzerinnen bewegen sich gekonnt zum Beat der Musik. Hier wird nichts dem Zufall überlassen. Dennoch sorgten Songs wie „Winterborn“ und „Angelus Everlasting“ für gute Stimmung. Auch der neue Track vom kommenden Album "As the Dark Against My Halo" wurde sehr gut aufgenommen. Man darf sich also auf den neuen Output der Band aus Florida freuen.
In der Halle konnte man das Projekt 18 Summers begutachten, die Gruppe setzt sich aus Mitgliedern der Kultband Silke Bischoff zusammen, die sich aufgrund eines Rechtsstreites umbenennen musste. Mastermind Felix Flaucher stand wie ein Fels in der Brandung vorne und mit Keyboarderin Nicole und dem Gitarristen Frank Schwer intonierten sie Silke Bischoff Klassiker und Songs ihres neuen Albums „The Magic Circus“, wie z.B. „Deep in my Heart“. Die getragene Musik kreierte eine ganz eigene Stimmung, besonders beim Stück „Ajna“ das von Felix nur mit Akustikgitarre gesungen wurde. Man muss nicht groß betonen, dass bei den Hits „Phoenix from the Flames“ und dem Silke Bischoff Stück „On the other Side“ (in einer sehr tanzbaren Version) die Party perfekt war und es am Ende der Performance offenen Applaus gab. Die Hamburger Rockband Mono Inc. durfte indes das machen, was sie am besten kann: die Menschenmassen zum Schwitzen bringen und das gelang der Gruppe spielend. Seien es Stücke wie „Forgiven“, „Get some Sleep“, „The Passenger“ (Sänger Martin Engler mit Konzertgitarre) oder der Überhit „Voices of Doom“, es war ein Ohren- und Augenschmaus, diese Performance mitzuerleben und die Fans konnten gebührend abfeiern.
Der Name Rhys Fulber sollte jedem etwas sagen, der in den letzten 30 Jahren nicht im Winterschlaf gelegen hat. Seine Bands Front Line Assembly und Delerium sind die perfekten Beweise dafür, dass man mit viel Talent göttliche Independent Musik produzieren kann. Auch Conjure One beweist das. Mit einer Mischung aus Worldmusic und Trance erfrischte die Band mit Livedrums und Synths die Besucher des Festivals, dazu kam eine passende Multimediaprojektion im Hintergrund. Eine Gastsängerin stand am Mikrophon und unterstützte den glasklaren Klang mit ihrer guten stimmlichen Performance beispielsweise bei „Center Of The Sun“. Auch das Stück „After all“ (eigentlich ein Delerium Stück) verfehlte seine hypnotische Wirkung nicht. In der Zwischenzeit zeigte Chris Pohl und sein Projekt Blutengel auf der Mainstage eine Show mit maskierten Menschen, Tänzerinnen, Mummenschanz und blutigen Brüsten. Die „Band“ spielte u.a. ihre Hits „Anders sein“, „Children of the Night“, „Lucifer“ und „Das Andere Ich“ und so durften die BE-Anhänger zufrieden sein. Bei Combichrist in der Halle gab es Schauwerte anderer Art. Nach einem recht lustigen Intro fiel plötzlich der Electrohammer, denn die verrückten Norweger betraten die Bühne. Als Tiger, Pinguin und Bär verkleidet hämmerten sie „WTF is wrong with you people?“ in die Menge. Enfant Terrible Andy LaPlegua stapfte über die Bühne, es flogen Trommeln herum und wurden gar im Zuschauerraum bearbeitet. Die Combichrists nahmen also schon bei der ersten Nummer die Bühne auseinander. Es herrschte ständig Bewegung auf der Szene und die Band zeigte eine pulsierende Show vor, die seinesgleichen sucht. Bei „Shut up and swallow“ war dann aufgrund der unglaublichen Energie, die im Haus herrschte kein Innehalten mehr und es durfte gehüpft, gepogt und mitgegrölt werden.
Die Bodypopper von And One hatten auf der Hauptbühne die Ehre, das gelungene Festival in der Domstadt zu beenden. Mittlerweile zum Quartett angewachsen, spielten die Jungs Tracks ihres aktuellen Albums „S.T.O.P.“ und natürlich viele Klassiker. Rick Schah (Keyboards), Nico Wieditz (Keyboards), Joke Jay (Drums, Backingvocals) und ein grippekranker Steve Naghavi servierten eine gutbekömmliche Mischung aus EBM und Synthpop. Songs wie „Traumfrau“,„Metalhammer“ und „Shouts“ of Joy“ erzeugten Feierstimmung und Steve wirbelte wie ein Derwisch über die Bretter. Auch schöne Zungenschnalzer wie das coole The Cure Cover „The Walk“ oder Jokes Auftritt mit „High“ waren zu bestaunen und bei letztgenannter Nummer durften die And One-Jünger bildgewaltig mit den Armen wedeln. Nach einem „Zugabeschrei-Lehrgang für Anfänger“ kam der Gassenhauer „Deutschmaschine“ und ging fließend in „Get you closer“ über. Die letzten Töne des Amphi Festival 2012 sollten aber Project Pitchfork im Staatenhaus gehören. Die zum zerbersten vollgepackte Halle durfte sich die Hamburger Band vor die Brust nehmen. Frontmann Peter Spilles gab alles, um den Abend unvergesslich zu machen. Stark geschminkt, vor einer LED Leinwand brachte der Musiker (ohne sein Bandkollege Dirk Scheuber, der sich auf freiwilliger Basis in einer Alkohol-Entzugsklinik befand) unsterbliches Liedgut wie „Existence“, „K.N.K.A.“ oder „Timekiller“ (das wenige Minuten vorher schon von And One auf der Hauptbühne zu hören war). Bewaffnet mit direkt zwei Drummern und Jürgen Jansen am Synthesizer wurde die Herzfrequenz deutlich erhöht. Natürlich durften auch „Conjure“ und „IO“ nicht fehlen, um die Feier zu einem Erfolg zu machen. Traurig, aber ob der guten Musik aufgeputscht durfte sich der geneigte Tänzer auf der Aftershow Party auspowern, bevor es dann wieder – mit dem Vorsatz auch nächstes Jahr wieder auf´s Amphi zu gehen – heimwärts ging.
Wir haben für euch schon einmal eine Galerie mit Bildern des zweiten Tages zusammengestellt, die ihr hier oder durch Anklicken der Bilder erreichen könnt:
Galerie Amphi Festival Tag 2 (Sonntag, den 22.07.2012)
Autor: Frank Stienen
Fotos: Roger Op Den Camp (18 Summers: Michael Gamon)
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Galerie Amphi Festival Tag 2 (Sonntag, den 22.07.2012)