Als es gegen 21 Uhr dunkel genug ist, flimmert ein schwarz-weiß Film aus der weiten Vergangenheit der Stummfilmära über die Leinwand: Das Cabinet des Dr. Caligari! In der knappen Beleuchtung steht ein Herr mit Zylinder vor den grobkörnigen Leinwandbildern und wirkt in dieser schummerigen Kulisse selbst wie ein Teil aus dem alten Streifen von 1920.
Aber der Schatten der Person bewegt sich schneller und stumm ist der Akteur auf der Bühne überhaupt nicht. Dafür bleibt der Keyboardspieler in einer düsteren Hintergrundfassade zurück.
Von Holstenwall, der Egoamp- bzw. Dr. Caligaris Heimat bis nach Oberhausen ist es nicht grad ein Katzensprung. Erst einmal angekommen wird das elektronische Gepäck in voller Lautstärke ausgepackt, um die Beine der Besucher im wippenden Schritt anzukurbeln. Ab dem ersten Klang läuft die Zeit rückwärts und Egoamp müssen nun die Gunst der Minuten voll ausschöpfen um das synthetische Rhythmuserzeugnis gut in Erinnerung zurück zu lassen. Der flotte Synthiepop der heutigen Zwei- Mann Kapelle stammt in der Überzahl aus dem aktuellen Album „Welcome To The Cabinet“. „The Veil“ oder „Egomanic Maniacs“ spiegeln die elektronische Zeit der 80er Synthie Pop Klangwelt wieder. Eigentlich liegt es auf der Hand, dass sich auch der Song „The Cabinet“ im Original von der belgischen Band Das Kabinette im Repertoire der schwarz- weiß Helden befindet. Bei dieser einen Übernahme aus vorhandenem Klanggut bleib es nicht, auch „Ja, ja, ja“ von Trio bekommt sein Minimalimage abgelegt und stampft zum synthetischen Wohlbefinden in die Glieder. So darf es sein wenn Egoamp die antiken Noten mit Eigenerkennung geschmackvoll überpinseln.
Der Anfang ist gemacht und auch die nachfolgenden A Spell Inside um den auch bei Behind The Scenes aktiven Frontmann Michael Roeder wissen im Kulttempel zu überzeugen. Natürlich kommt vor allem ihr Song „Keener“ beim Publikum an, doch auch neues Material ist zu hören. Ein Albumrelease sollte in Kürze erfolgen, wir sind gespannt.
Das Publikum bleibt auch weiterhin in fabelhafter Tanzgesellschaft wenn Noyce TM ihre Maschinen anschmeißen. Der synthetische Faden wird bei den Düsseldorfern mit einer Schicht Gitarren und E-Drums überzogen. Mit 15jähriger Beständigkeit haben Noyce TM eine beachtliche Anzahl an Songs in ihrem Leben auf der Habenseite stehen. Vieles davon hat das eigentliche Trio, das heute in der live Besetzung einen Mann Zuwachs bekommt, mit in den Kulttempel gebracht. Die Setlist verspricht einen pikanten Lebensquerschnitt, genauso wie der des aktuellen Albums „ Past:ique“.
Wenn Frontmann Florian Schäfer die Füße auf den Brettern hat und das Mikrofon
in der Hand hält gibt es kein zurück mehr. Stillstand ist ein Tabuwort für den Sänger. Die Musik von Noyce TM ist mit einer catchy Rhythmusfeder komponiert. „This World“ oder „Headland“ sprudeln elektrisch im stromigen Beat.
Wenn Markus Poschmann nicht an den Tasten steht, schiebt er den bassigen Untergrund in die Musik. Er ist aber nicht nur für die klassisch entstehenden Töne zuständig, sondern auch für das kunstvolle Musizieren mit einer Säge. Nicht alle Stücke der Düsseldorfer stehen im beatigen Mittelpunkt. Das Unglück dieser Welt geht von den Ungeliebten aus. Mit diesem Zitat schlägt die Band auch gerne mal mit sanften Takten wie eben in „Un:Welt“ um sich. Wiederrum nutzen sie die Kühle der Stromtöne um die Grausamkeit im Song „Karoline“ mit einem eisigen Atemhauch zu versetzen.
Nach diesen kalten Gedanken geht es im bunten Scheinwerferlicht wieder genüsslich zu und am Ende ist die Herrlichkeit der Rest der bleibt.
Noyce TM:
A Spell Inside:
EGOamp:
Autorin: Martina Peitz
Fotos: Michael Gamon
