Alles andere als tot, blass und fahl kündigte sich die nicht selten als Skandal-Band bezeichnete Formation in Düsseldorf zu gleich drei Terminen an. Neue Songs braucht eine Band diesen Kalibers schon lange nicht mehr, um einer nahezu restlos ausverkauften Tour entgegen zu sehen, und mit ihrem aktuellen Best-Of-Album "Made In Germany 1995-2011" belegen sie, dass ihr Repertoire zeitlos ist.
Ein Blick ins Publikum beweist, dass die Ost-Berliner Jungs mittlerweile ihre Fans aus der breiten Masse gewinnen. Waren sie doch damals als Vorband von Project Pitchfork der Szene verschrieben, fehlen heutzutage Menschen aus den düsteren Musikgefilden nahezu komplett. Bierbäuchige Feierlustige, mitunter auch politisch deutlich auszumachende Personen – von rechts als auch links -, der unauffällige Normalo und zwischendrin ein, zwei Szenegänger, hauptsächlich männliche Wesen, hetero- und homosexuell, und viele der weiblichen Fans kommen optisch ihrer männlichen Begleitung gleich.
Bevor das Spektakel, dem alle so fiebernd entgegen sehnten, dann jedoch starten konnte, wurde zunächst mit den Deathstars losgelegt. Die Skandinavier, die optisch an Marilyn Manson und musikalisch an den Hauptact angelehnt sind, hatten es jedoch schwer, die Masse mit ihrer Show mitzureißen. Trotz des souveränen Auftritts waren die Deathstars, die immer wieder neue Versuche starteten, um die Menge zu erreichen, dem monströsen Hauptact jedoch deutlich unterlegen.
Um Punkt 21 Uhr wurde dann endlich das Licht gedimmt und wie durch Geisterhand tauchte die gesamte Band, teilweise mit Masken vermummt, in der Menschenmenge auf. Ekstatisch fingen die Fans an zu jubeln und über eine Brücke fanden Rammstein – von einem Fackelträger angeführt- den Weg auf
die Bühne. Ein großer Knall! Schon befanden wir uns bei "Sonne" in einer eindrucksvollen Pyro- Show und immer wieder riss die feiernde Fanmenge die Hände in die Höhe, als Feuerfontänen mit viel Druck aufflammten. Aber nicht nur Stichflammen und Nebelfontänen bei Krachern wie "Wollt Ihr Das Bett In Flammen Sehen" oder "Keine Lust" erzeugten das Besondere, das Große. Vor allem die einzelnen Charaktere der Bandmitglieder sorgten für das gewisse Etwas. Immer wieder setzte Till den Axtmörder- Blick auf und untermalte damit Songs wie "Asche Zu Asche" und "Mein Teil". Bei Letzterem trat er dann in blutiger Metzgerschürze auf die genial ausgeleuchtete Bühne und kochte in einem großen Topf den schlaksigen Keyboarder Flake, der ohnehin mit seiner Standard- Bühnenaufgabe, dem Laufbandlaufen, schon gestraft ist. Das Publikum war sofort hin und weg und die Stimmung steigerte sich ins Unermessliche. Und auch wenn manch Dargebotenes moralisch äußerst fragwürdig ist, stand der Spaß bei derart schwerverdaulichen Inhalten hier deutlich im Vordergrund. Und immer wieder klappten die Kinnladen gen Boden, denn die Effekte nahmen und nahmen kein Ende. Besonders packend präsentierte Till auch "Mutter" und gab man sich dem Moment, dieser vereinnahmenden Stimme hin, war Gänsehaut garantiert. Eine Bootsfahrt bei "Haifisch" forderte die Menge zum weiteren Mitmachen auf und so schwebte Flake in seinem paillettierten Ganzkörperanzug über ein Meer aus lenkenden Händen.
Wenig später peitschte eine dominante, blondgelockte Hausfrau die aneinander gekettete und kriechende Band über den Steg zu einer kleineren, in der Menschenmenge gelegenen Bühne. "Bück dich!, Befehl’ ich dir…". Am Ende zog Till dann einen Gummischwanz aus seiner Hose und entließ Fontänen aus weißer Flüssigkeit ins Publikum. Mit "Mann Gegen Mann" wurde dann schnell stark nachgelegt und mit dem Gänsehautgaranten "Ohne Dich" verließ die Band vorerst die Bretter, die an diesem Abend für viele die Welt bedeuteten.
Setlist:
01. Sonne
02. Wollt Ihr Das Bett In Flammen Sehen
03. Keine Lust
04. Asche Zu Asche
05. Feuer Frei
06. Mutter
07. Mein Teil
08. Du Riechst So Gut
09. Links 2 3 4
10. Du Hast
11. Haifisch
12. Bück Dich
13. Mann Gegen Mann
14. Ohne Dich
15. Mein Herz Brennt (Z)
16. Amerika (Z)
17. Ich Will (Z)
18. Engel (ZZ)
19. Pussy (ZZ)