DEPECHE MODE / NITZER EBB – Düsseldorf, Esprit Arena (26.02.2010)

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Konzert: Depeche Mode (& Nitzer Ebb)
Ort: esprit Arena, Düsseldorf
Datum: 26.02.2010
Zuschauer: vielleicht 40.000 (nicht ganz ausverkauft)
Dauer: Depeche Mode 110 min, Nitzer Ebb fst 60 min

Wenn mich jemand in den 80ern nach einer Lieblingsband gefragt hat, gab es nur eine Antwort: Depeche Mode, nichts anderes! Vorher hatte es ein paar unbedeutende Flirts gegeben, über die ich mich später wunderte, eine kurze intensive Mike Oldfield Phase; die erste große musikalische Liebe waren aber die komisch angezogenen und frisierten englischen Jungs, die mit Vorschlaghämmern auf Autos einschlugen und daraus Hits machten. Und die musste ich alle haben. Für jemanden mit Sammelanfälligkeit (und finanziell okayen Ferienjobs) war Depeche Mode ein Paradies aber auch eine Herausforderung herkulischen Ausmaßes, denn jedes Lied erschien als 7" und als 12" (und einigen wenigen 10"s, die ganz besonders toll waren), oft als Erstauflage in buntem Vinyl und in zig Remix-Varianten. Auch ohne Bootlegs häuften sich da Schallplatten an, für die so mancher Dinosaurier zu Erdöl werden mußte.

Irgendwann änderte sich mein Geschmack – und der der Band, mein Interesse versandete. Vorher hatte ich Depeche Mode zweimal gesehen: 1990 in Dortmund und 1993 auf einem Parkplatz in Garbsen, beide Konzerte waren nach damaligen Maßstäben gigantisch und weltbewegend.

Die 93er Platte Songs Of Faith And Devotion war aber auch die letzte, die ich bewußt gehört habe. Den Nachfolger von 1997 hatte ich zwar noch, mochte ihn aber nicht mehr. Darüber verlor ich auch alles restliche Interesse.

Im vergangenen Jahr kam dann aber die Frage, ob ich nicht mit nach Düsseldorf gehen wolle. Ja, warum eigentlich nicht?

Kurz vorher wurde das Konzert in der damals noch anders heißenden Dingsbums-Arena wegen einer Krebserkrankung von Dave Gahan abgesagt und auf Februar verschoben – eigentlich genug Gelegenheit, sich ein wenig vorzubereiten, denn weil die Setlist der Tour nach dem Auftaktkonzert in Luxemburg bekannt war, hätte ich die Stücke der letzten 13 Jahre, die jetzt zum Live-Repertoire gehören, ja einmal hören können. Habe ich nicht, und so kannte ich nur Wrong, die Single des aktuellen Albums, die mir gut gefällt.

Nach irren Staus, einem irren Parkplatz, einer Art Schülerlotsen, die uns Fußgänger über eine Straße vor dem Stadion begleiteten, kamen wir knapp zu spät am Stadion an, tschuldigung, an der Arena. Ausgeschildert war die allerdings wie ein Regionalliga-Stadion, an Türen klebten so wichtige Informationen wie Nummer der Tür und des Treppenaufgangs, sichtbar auszuhängen, um welchen Block es sich handelt, passte wohl nicht ins (durchaus gelungene) Designkonzept. Da ich aber ohnehin der Meinung bin, daß in der Regel Aussehen vor Funktionalität geht, war das schon in Ordnung, und wir fanden ja unsere Plätze.

Die waren sehr weit oben und gaben mir eine sehr ungewohnte Perspektive auf ein Konzert. Unten spielten Nitzer Ebb, die Helden der Electronic Body Music, die aus einer Zeitkapsel entstiegen zu sein schienen. Das war unterhaltsam und ein stimmiger Auftakt, bedeutete mir aber nicht so viel wie sicher vielen im Publikum, weil die Band schon damals nur am Rande zu meiner Musik gehörte. Da Nitzer Ebb auf Wunsch der Hauptgruppe auftraten, hatten sie auch einen ungewöhnlich langen Slot zugewiesen bekommen. Fast eine Stunde durfte Douglas McCarthy in sein Mikro schreien und lustig über die Bühne gehen, bevor dann um zehn nach neun die Depeche Modes begannen.

Richtig sympathisch war mir da zunächst, daß der ganz große Bühnenschnickschnack U2scher Dimensionen fehlte. Zwei Videowände und ein Metalldings über der Bühne waren alles.

Es begann mit drei Stücken von der aktuellen Platte, von denen ich nur Wrong kannte. Dave Gahans Stimme klang wie immer, der Sound war oben etwas dumpf, im Innenraum aber sicher gut, es passte also bestens.

Mein Konzert begann dann erst mit Walking in my shoes, einem der Songs Of Faith And Devotion. Das neue Album war zu diesem Zeitpunkt bereits weitestgehend abgearbeitet, es folgte später nur noch "Miles Away / The Truth Is". Danach wechselte das Programm recht gleichmäßig zwischen den Platten fünf (Black Celebration – ein Meisterwerk) bis neun (Ultra), Exciter, das 2001er Album wurde ganz ignoriert, von dessen Nachfolger wurde nur Precious gespielt. Eigentlich komisch, oder? Auf mich wirkt das so wie ein Statement "unsere besten Jahre waren Mitte der 80er bis Mitte der 90er – und vom neuen Album müssen wir halt was spielen, machen wir dann am Anfang". Natürlich habe ich nicht erwartet, eine der zahllosen Perlen der ganz frühen Bandphase zu hören, gefreut hätte es mich aber ungemein. Vielleicht dann beim 50. Bandjubiläum…

Mit der Beurteilung der mir weitestgehend unbekannten Stücke tue ich mich schwer. Umgehauen hat mich davon nichts. Die alten Bekannten gefielen mir sehr gut. Sie waren nicht kaputtarrangiert, klangen aber auch nicht verstaubt. Bei all den regelmäßig wiederkehrenden Retrowellen ist es ja auch kein Wunder, daß innovative Musik von damals auch heute noch zeitlos ist (nicht mehr zeitlos sein, ist auch ausgemachter Blödsinn…). Am besten gefielen mir erstaunlicherweise das eigentlich totgenudelte Enjoy the silence, natürlich A question of time und ganz besonders Policy of truth, am meisten im Ohr war mir nach Konzertende I feel you. Aber es gab dann auch noch besondere Knüller: die erste Zugabe zum Beispiel, das von Martin Gore alleine vorgetragene Dressed in black – ein besonderer Moment des Abends! Auch der sehr sehr ruhige Anfang von Personal Jesus, bevor eine Welle rheinischer Fröhlichkeit klatschend zuschlug, war grandios – oder das extrem zurückgenommene und dadurch verflucht charmante Stripped. Etwas lahm war nur Never let me down again. Tja, und als alle dann dachten, daß nach Personal Jesus noch ein zweiter Zugabenblock käme, war es sehr unvermittelt vorbei. Ohne Waiting for the night zum Beispiel.

Mit Herzblut bin ich bei Depeche Mode – und auch bei Stadionkonzerten dieses olympischen Ausmaßes – nicht mehr dabei, das haben Alter und unzählige brillante kleine Konzerte versaut. Aber wir hatten einen sehr guten Abend, das Konzert war sehr gut, und Depeche Mode füllen vollkommen zurecht Stadien bzw. Arenen. Sie waren früher die Allergrößten und altern jetzt in Würde, ohne peinlich zu werden.

Der schönste Moment des Abends fand bei Policy of truth statt. Da liefen Videos mit Luftballons. Die (besser als ich) vorbereiteten Leute im Innenraum packten dazu mitgebrachte Ballons aus und hielten diese hoch. Und zwar Tausende. Von oben war das ein ganz und gar wundervolles Bild!


Setlist:

01. In chains
02. Wrong
03. Hole to feed
04. Walking in my shoes
05. It’s no good
06. A question of time
07. Precious
08. World in my eyes
09. Insight
10. Home
11. Miles away/The truth is
12. Policy of truth
13. In your room
14. I feel you
15. Enjoy the silence
16. Never let me down again
17. Dressed in black (Martin Gore solo) (Z)
18. Stripped (Z)
19. Behind the wheel (Z)
20. Personal Jesus (Z)

Autor: Christoph (Konzerttagebuch.de)

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