In Zeiten, in denen die Studiotechnik längst perfektioniert wurde, klingen die neuen Lo-Fi Bands der letzten Monate wie die langersehnte Neuerfindung des Punk. Nach Times New Viking, Jay Reatard und den Wavves aus den USA kommt der jetzt auch endlich wieder aus England. Die klassischen Instrumente Bass, Gitarre, Schlagzeug und eine völlig übersteuert-verzerrte Stimme, die Textinhalte nicht einmal erahnen lässt – das sind Lovvers aus Nottingham.
Nach ihrer Gründung 2006 spielten die vier Briten Shaun Hencher, Michael Drake, Henry Withers und Stephen Rose in den nächsten zwei Jahren über hundert Konzerte, bis sie im letzten Jahr ihr 13-minütiges Debut veröffentlichten. Ihr zweites Album "OCD Go Go Go Girls", dieses Jahr veröffentlicht bei Wichita, enthält zwar fast durchweg Tracks, die die magische Zweiminutengrenze sprengen, doch von weniger Lärm und höherer Massentauglichkeit keine Spur.
Mit diesen Erwartungen betrete ich an diesem verregneten Abend kurz nach 21h den Kölner Tsunami Club und freue mich auf Krach und pogende Menschen. Doch noch ist es ruhig. Die Band sitzt fast alleine an der Bar und nur die aufgebauten Instrumente auf der kleinen Bühne des Wohnzimmer-großen Clubs verraten, dass das Konzert stattfinden wird.
Dieses beginnt ohne Vorband und ohne große Worte mit etwa einer Stunde Verspätung. Vierzehn Menschen haben sich vor der Bühne versammelt, wovon schätzungsweise die Hälfte zum Clubpersonal gehört. Sänger Shaun scheint darüber zwar nicht erfreut, jedoch auch wenig überrascht zu sein. Eine echte Punkband gehört eben nicht in Stadien, sondern auf kleine, schlecht ausgeleuchtete Bühnen. Mit einem trockenen "Have fun, if you like" setzt die Band ihr Set fort, das zum größten Teil aus Songs des neuen Albums besteht.
Ob das mit dem Spaß beim Publikum angekommen ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Gepogt wird leider nicht, obwohl sich die Musik dafür anböte. Die Band stört das anscheinend nicht. Shaun schreit, läuft durch den Raum, hebt die Gitarre über den Kopf. Auch seine Kollegen hält es nicht auf ihren Plätzen und Drummer Stephen reißt sich schon nach wenigen Minuten verschwitzt das Shirt vom Leib.
Die Soundqualität ist überraschend gut, der Gesang sogar so wenig verzerrt, dass man den Text verstehen kann. Einen Song gibt Shaun im Nachhinein als "This was a new song" bekannt. Geredet wird ansonsten nicht viel. Die Pausen zwischen den Songs reichen gerade ansatzweise für Applaus. Nach 35 Minuten wird das Mikro für ein paar Sekunden Rückkopplung auf die Monitorbox gelegt. Einzelne Rufe nach einer Zugabe werden nicht erhört, sondern noch während das Publikum applaudiert, macht sich die Band an den Abbau.
Mein Fazit: Juhu, Punk ist zurück! Viel Lärm, ohne Schnörkel und überflüssiges Gequatsche. Eine Band, die trotz fehlendem Publikum selbst Spaß hat und in einer halben Stunde alles gibt. Keine Minute zuviel, bei dem Tempo jedoch auch keine zu wenig. Wofür das zweite V steht, habe ich leider immer noch nicht herausgefunden. Vielleicht kann man den Namen auch als "Lowers" interpretieren!?
Während die Lovvers ihre Tour durch Europa und die USA fortsetzen, tritt übrigens auch die andere Band mit dem doppel-V, die Wavves, in wenigen Wochen ebenfalls in Köln auf.
Autorin und Fotos : Katharina Kussmann