Das Interesse die kleine Engländerin live zu hören ist auch 2008 gewaltig. Vom New Wave-Fan der ersten Stunde, über den nicht Genre zugehörigen Allesmöger, bis zum Neuzeit-Grufti ist heute im Publikum jeder zu finden.
Das Equipment wartet genauso still wie die ungeduldigen Zuschauer. Die Uhr läuft und vom ?heißmachen? des angekündigten Supports ist noch nichts zu spüren. Die vorhandene Hitze in der Halle ist ausschließlich auf
die voll aufgedrehte Heizung zurückzuführen.
Die abflauende Festbeleuchtung taucht in die gerafften Vorhänge, die als effektvolle Dekoration dient, tief ein. Anne Clark tritt mit ihren Musikern in blaues rauchiges Licht. Nun taucht auch der eigentliche Support ?Reiner Von Vielen? als Bandmitglied an der Elektronik auf. Auch gut, so kommen wir glimpflich davon und die Wartezeit wird angenehm verkürzt.
Bedacht mit ?If? vom aktuellen Longplayer ?The Smallest Acts Of Kindness? wird das vor Widersehensfreude aufgebrachte Publikum auf die sanfte Art beruhigt. Der markante Sprechgesang, das Markenzeichen von Mrs. Clark beschleunigt sich nur schleichend mit der laufenden Zeit. Die dichtgefüllten Reihen vor der Bühne wiegen sich stillschweigend zur Musik. Während der Songs ist es so ruhig, als würde das Konzert ohne Zuschauer stattfinden. Doch mit dem Ausklingen der Musik, werden alle Euphorien in kolossale Beifallsrufe und lautstarken Applaus herausgelassen. Trotz des langjährigen Daseins, nimmt Anne Clark es fast verlegen entgegen. Die Begleitband ist nicht nur musikalisch excellent. Pianist Murat Parlak spielt mit akrobatischer Fingerfertigkeit in einem Wahnsinnstempo seine Tasten. Dass er auch ein Gesangstalent besitzt, beweißt der Tastenmann bei ?Elegy For A Last Summer? mit einer Stimmprobe.
Den älteren Songs zieht die Band das Elektrokleid aus und verändert sie mit Gitarren. Dadurch klingt alles voluminöser und mainstreamiger.
Ab Setmitte wird die Behäbigkeit eine Stufe raufgedreht, die Tanzbaren Momente nehmen zu. Das Publikum lässt sich vom Rhythmus anstecken und setzt das Gehörte in Bewegung um. Nur ein Klang ist ausreichend und hunderte von Augen erstrahlen in der Dunkelheit. Aber bis es soweit ist und die Sinne detonieren, blubbert sich ein ausgelassenes Intro durch die Körper. Kurzerhand schlägt ?Sleeper In Metropolis? knallhart zu. Um die Halle für einige Minuten im glorifizierenden Ausnahmezustand zu versetzen. Ein Freudentaumel der Erinnerungen, bis Rainer Von Vielen die Stimmung killt. Der Mann hinter den Synthies tritt ins Scheinwerferlicht, begleitet von dem Schlagzeuger Niko Lai und einigen synthetischen Sounds, um nun künstlerisch zu unterhalten. Der Soloausflug dauert glücklicherweise nur zwei seiner Experimente.
Mehr ist auch nicht nötig.
Der Anblick der kompletten Mannschaft mit Sängerin, bringt die Gemütslage sofort in die richtige Position. Die Beifalls Lautstärke bestätigt es. ?Journey By Night? sorgt für tanzbare. behagliche Momente. Bis die Reise in die 80er schließlich ihren absoluten Höhepunkt erreicht und jeden mit sich zieht. Bis wir mit dem letzten Ton von ?Our Darkness? wieder in der Gegenwart angekommen sind.
Autorin : Martina Peitz