den Dead Guitars. Sie kamen am Nachmittag an der Moritzbastei an und
dort gab es naturgemäß einiges zu klären, der Soundcheck musste
absolviert werden usw. Danach ging es noch einmal zum Hotel und nach
einem erneuten Abstecher in die Moritzbastei machte ich mich auf den Weg
zum Kohlrabizirkus wo Spetsnaz auf dem Programm standen.
Spetsnaz stammen aus Örebro in Schweden und können bisher auf drei Alben
zurückblicken. Ihr aktuelles Album "Deadpan" erschien im letzten Jahr
und setzte den Erfolgskurs der beiden durch die Tanzflächen der Republik
eindrucksvoll fort. Die Band ist seit Jahren ein Garant für
energiegeladene EBM-Shows und Partystimmung pur und genau für diese
sorgten sie von Beginn an. Die Energie breitete sich im Publikum aus wie
ein Tanzvirus. War die Halle zu Beginn gut gefüllt, wurde es von Minute
zu Minute voller und enger. Sänger Pontus Stalberg animierte mit seinen
Shoutings zu Stephan Nilssons’ Old-School-EBM-Klängen die Massen und der
Mob bewegte sich wie gewünscht im Rhythmus. Als dritten Song kündigte
Pontus seinen Lieblingssong an und "Degenerate Ones" vom 2005er Album
"Totalitär" schallte aus den Speakern. Wieder einmal ein überzeugender
Auftritt mit großem Spaßfaktor der beiden Schweden, die stets beweisen,
dass EBM der alten Schule noch lange nicht tot ist.
Im Anschluss ging es aber für uns gleich wieder zurück in die Innenstadt
um rechtzeitig für den Gig der Dead Guitars wieder vor Ort zu sein,
zumal mit einem großen Andrang auf die lediglich 300 Zuschauer fassende
Moritzbastei zu rechnen war. Dies natürlich umso mehr, da nach den Dead
Guitars noch einmal Welle:Erdball auftreten sollten und diese ja einen
Tag zuvor bewiesen hatten, welche Zuschauermassen sie zu mobilisieren in
der Lage sind. Noch vor den Dead Guitars stand aber Necessary Response
auf dem Programm und das Konzert lief noch als wir an der Moritzbastei
ankamen. Necessary Response ist ein Projekt von Aesthetic Perfection-
Sänger Daniel Graves. Der Österreicher hat im April sein Debutalbum
"Blood Spills Not Far From The Wound" veröffentlicht und trat beim WGT
gemeinsam mit einem Live-Keyboarder auf. Der Electropop mit stampfenden
Clubbeats kam gut beim Publikum an, welches sich schon jetzt
hauptsächlich aus Welle:Erdball Fans rekrutierte.
Nach einer Umbaupause von knapp zwanzig Minuten betraten zunächst Pete
Brough, Ralf Aussem, Sven-Olaf Dirks und Patrick Schmitz die Bühne der
Moritzbastei um die "Gitarrenwände" der Dead Guitars aufzubauen. Kurz
darauf folgte ihnen ihr Frontman Carlo van Putten. Die Dead Guitars
wurden bereits im Jahre 2003 von Carlo, Pete und Ralf (Sven-Olaf und
Patrick stießen letztes Jahr zur Band) gegründet und hatten schon dort
eine musikalisch bewegte und bewegende Geschichte mit Bands wie den
Twelve Drummers Drumming, Sun oder The Convent hinter sich gebracht. Im
letzten Jahr erschien mit "Airplanes" endlich das lang erwartete
Debutalbum der Band, die sich zuvor bereits einen guten Namen durch ihre
Liveauftritte gemacht hatte. "Airplanes" ist für mich auch heute noch
das beste Stück Musik der letzten Jahre und wie auch auf dem Album
eröffnete "Name Of The Sea" den Gig der fünf beim diesjährigen WGT.
Der Auftritt war an einem Abend mit sonst eher elektronischer
Ausrichtung sicher kein einfaches Unterfangen, doch die Jungs gaben ihr
Bestes und so wuchs der Applaus von Song zu Song weiter an und am Ende
konnte man auch dieses Konzert wohl wieder nur als Erfolg bezeichnen.
Bis dahin boten die Dead Guitars aber noch vierzig Minuten Songs
des Albums "Airplanes" garniert mit "Silvercross River" als neuem Song
und gleichzeitig Vorboten auf Album Nummer zwei, das hoffentlich noch in
diesem Jahr erscheinen wird. Wie üblich merkte man der ganzen Band ihre
Spielfreude an und Sänger Carlo sang sich gestenreich wie eh und je
durch die Songs, stimmte während der Songpausen -offensichtlich animiert
durch die besondere WGT-Atmosphäre- Klassiker von Joy Division und Co an
und nahm das Publikum mit in den von Gitarren erzeugten Strudel. Für
mich ist diese Band einfach der Inbegriff musikalischer Fertigkeiten im
aktuellen Wavepop-Genre und immer wieder ein emotionales Bühnenhighlight.
Schon während des Auftritts der Dead Guitars, aber insbesondere danach,
ging dann nichts mehr in der Moritzbastei. Überall bildeten sich
Menschenschlangen, um doch noch bei der Party zum 15. Geburtstag von
Welle:Erdball seit deren Umbenennung von Feindsender hin zu W:E dabei
sein zu können. Doch da war nichts mehr zu machen, denn wer vorne einmal
drin war, verließ die Halle natürlich auch erst zum Ende der
Veranstaltung wieder. Welle:Erdball stammen aus Niedersachsen und dort
begann 1990 die gemeinsame Arbeit von Honey und A.l.f. als "Honigmond".
Kurz darauf nannte man sich in "Feindsender 64.3" um und seit 1993
firmieren die beiden nun unter dem Namen "Welle:Erdball" und gehören zu
den ganz Großen im deutschen Alternativbereich. Ihr Stil basiert auf
Sounds des legendären Commodore 64 und fällt am ehesten in die
Minimal-Electro-Sparte. Und natürlich hatten sich Honey und A.l.f. etwas
besonderes für diesen Anlass einfallen lassen, denn sie wurden neben
ihren beiden Kolleginnen Frl. Venus und Plastique erstmals auch von
"Marakash" verstärkt, einer ebenfalls aus Niedersachsen stammenden
reinrassigen Rock’n Roll Band.
Und nach zwei Songs im gewohnten Gewand wurde der Grund dafür
offensichtlich, denn dann ging es unplugged weiter, also vollkommen ohne
strombetriebene Instrumente. Zu diesem Teil des Sets gehörten neben
W:E-Songs auch solche Überraschungen wie Spider Murphy Gang’s "Schickeria" oder Carl Perkins’ "Blue Suede Shoes". Gefeiert und
angestoßen wurde nebenbei auch noch. Und da der Schlagzeuger Daniel von
Marakash seinen Geburtstag gleich mitfeierte, sangen die Fans ihm ein
Ständchen bevor Marakash zwei Songs ohne W:E performen durften. Danach
wurde den Instrumenten aber noch einmal Strom zugeführt und es begann
ein kurzes Wunschkonzert mit Stücken ganz nach dem Wunsch der Zuschauer.
Gegen halb zwölf abends endete die Party dann aber auch erstmal bzw.
wurde von einer regulären DJ-Party abgelöst. Ein wirklich einmaliges
Ereignis das mir persönlich -neben dem Kult-Gedanken- auch musikalisch
zusagte, auch wenn ich mich die ganze Zeit fragte, wie viele der anderen
Zuschauer entsetzt den Saal verlassen hätten, wenn nicht Welle:Erdball
für diese Klänge mitverantwortlich gewesen wären … Im Anschluß ließen
wir das Festival in und um die Moritzbastei genüsslich ausklingen.
Es bleibt die Erinnerung an ein interessantes und inspirierendes
Festival bei bestem Wetter in der sächsischen Metropole. Musikalische
Highlights für mich ganz klar Fields Of The Nephilim und die Dead
Guitars, aber natürlich enttäuschten auch andere Bands wie Skeletal
Family, Mesh, Escape With Romeo, Covenant, Spetsnaz und Co
nicht. Positive Überraschung für mich waren Days Of Fate, deren Weg ich
weiter verfolgen werde. Absoluter Höhepunkt des WGT ist aber die
unglaublich atmosphärische Stimmung in der Stadt, die das gesamte Event
so einzigartig macht. Erwähnenswert ebenso die nahezu perfekte
Organisation eines solchen Großevents und die Freundlichkeit der Besucher
und vor allem der Einwohner Leipzigs. Im nächsten Jahr sind wir wieder
dabei, davon kann man ausgehen …
Der Bericht und Fotos vom Samstag sind bereits HIER online, der Sonntag HIER!
Später gibt es dann auch noch ausführlichere Fotosets der jeweiligen Konzerte.