Hangar Stage:
Im Hangar ging es am Vormittag mit dem Duo Juggernauts weiter, welches gelandet ist, um die Welt mit ihrer elektronischen Tanzmusik zu beglücken. Im gewagten Pilotenoutfit (in dem die Jungs sicherlich angemessen geschwitzt haben) präsentierten sie schweißtreibenden EBM, bei dem sich die Fans wie elektrisiert bewegten und die Performance von BORG (aka Peter Mastbooms von The Klinik und ex-Vomito Negro) und Glenn (Radical G.) sichtlich genossen. Als russisches Pendant zu Apocalyptica wurden die vier Damen von Eklipse beschrieben, obwohl der Vergleich ein wenig hinkt, denn das Quartett punktet eher mit Grazie und Eleganz, als mit Rockattitüde. Die Gemeinsamkeit besteht eher in der Tatsache, dass auch Eklipse aktuelle Popmusik mit klassischen Instrumenten covert. Großen Schauwert hatte der Auftritt in Hildesheim allemal, denn die Damen waren in ihren fantasievollen Kostümen und Makeup sehr schön anzusehen, was die musikalische Qualität aber nicht mindern soll, denn Stücke wie Cry me river oder Sweet Dreams kamen in ihrer durch Geige, Viola, Cello und Bratsche schön instrumentierten Form sehr stimmungsvoll herüber. In eine ganz andere musikalische Richtung geht Mastermind Dirk Ivens, seineszeichens Chef der Projekte Dive und The Klink mit seiner Band Absolute Body Control, die bereits seit 1981 tätig ist. In der recht gut gefüllten Halle durfte Dirk mit seinem Mitstreiter Eric Van Wonterghem beweisen, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Und die Minimal Electronic mit Kultcharakter verfehlte seine Wirkung nicht. Stücke wie Figures und Give me your Hands sorgten dafür, dass der ganze Hangar in Bewegung war. Dirk tanzte wie ehemals Ian Curtis mit zuckenden Bewegungen über die Bühne, während Erik an den Tasten für die richtige analoge Coolness sorgte. The Beauty of Gemina sagte mir persönlich nicht viel, doch manchmal lohnt es sich, wenn man offen für Neues ist und das hat sich in diesem Falle wieder einmal bestätigt, denn die Herrschaften aus der Schweiz bewiesen eindrucksvoll, dass auch im Lande der Schokolade und leckerem Käse guter New Wave Pop produziert wird. Frontman Michael Sele sang mit seiner sonoren Stimme Songs ihrer vier Alben und schaffte eine sehr schöne Stimmung, die an 90er Jahre Bands wie z.B. Escape with Romeo erinnerte. Beim Song Lonesome death of a Goth DJ ging es elektronischer zur Sache, und Tanzen war angesagt. Die schönen Popperlen wurden von den Fans sehr gut aufgenommen und die Zeit verging demnach zu schnell.
Die Futurepopband Rotersand war der nächste Topact im Flugzeughangar und die drei Jungs aus dem Ruhrpott Rasc, Gunther und Krischan schwangen nach langer Krankheit von Sänger Rasc endlich wieder den powervollen Electrohammer und trafen die Fans mitten ins vegetative Nervensystem. Bereits beim Opener world transmission machte sich direkt Partystimmung breit und blieb auch dort fest eingemeißelt in der heiligen Halle. Rasc machte dennoch die Fans gehörig an und Krischan bewegte an einem großen Technikpult etliche Regler um den perfekten Sound zu liefern. Nachdem die die Band ihren Gassenhauer Almost violent vorlegte, kamen drei Tänzerinnen in Camouflagehosen und auch sonst gleichem Outfit auf die Bühne und unterstütze die Liveband, eine „Bereicherung“, auf die man hätte getrost verzichten können, besaß die Electrocombo genug eigene Innovation um überzeugen zu können. KMFDM ist ein Akronym für den gewollt unsinnigen und grammatikalisch inkorrekten deutschen Satz „Kein Mehrheit Für Die Mitleid“ und die Formation zeigte dem Menschen im Zuschauerraum, wie amerikanisch geprägter Industrial-Rock klingen muss. Die Internationale Band bestehend aus Sascha Konietzko (Gesang, Synthesizer), Lucia Cifarelli (Gesang, Synthesizer), Andy Selway (Schlagzeug), Jules Hodgson (Gitarre) und Steve White (Gitarre) legte ein so unglaublich schnelles Tempo vor, dass einem fast schwindelig wurde. Besonders Lucia, ganz in Leder gekleidet, war ein schöner Hingucker und die Dame durfte bei Dystopia die Szene regieren. Songs wie A Drug against war hämmerten sich tief ins Ohr hinein und es passierte viel auf der Szene, denn teilweise befanden sich sechs Musiker auf der Bühne. Potz Blitz wird der eine oder andere Augenzeuge der Show gedacht haben. Genau das passte auch auf den Headliner im Hangar, das mexikanische Duo Hocico, welches in der prallgefüllten Halle ihre distorted Beats und gnadenlosen Texte in den Äther schoss, sind keine Kinder von Traurigkeit. Erk und Racso brachten es zustande, die bereits hoch elektrisierte Atmosphäre noch mehr zum Knistern zu bringen, denn bei den Knallern wie Forgotten tears und Bite Me! (Erk: „It´s time to bite back!“) blieb kein Auge trocken und kein Bein unbewegt. Erk in seinem Kriegspanzer an seinem Torso Mikrofonständer sah imposant aus und Racso hatte von seinem Podest aus eine gute Sicht auf die feiernde Meute, denn alle Schwarzkittel bewegten sich und tanzten, dass der Anblick eine reine Freude war. Nicht nur die Klassiker der Band kamen gut an, auch die neue Single Dog eat Dog erfreute die Hocico Jünger und der Song kreierte wirklich eine sehr berauschende Stimmung, die Lust auf mehr machte, doch um 21.15 Uhr war der Budenzauber leider bereits vorbei und man konnte sich in der frischen Atemluft erholen.
Main Stage:
Les Jupes ist eine neue Band aus Kanada, die lupenreinen Indierrock fabriziert und durch ihre sympathische Art einige Pluspunkte bei ihrem Auftritt sammeln konnte. Denn das gut eingespielte Quartett brachte ihre Musik mit viel charmantem Understanding und der Gruppe würde man jeden Vertrag dankend abnehmen, denn die Herrschaften kamen eher wie Versicherungsvertreter herüber als wie eine Rockband. Dennoch wurden ihre melodischen und energischen Songs wohlwollend vom Publikum angenommen. Auch Faun sorgten für große Schauwerte. Die sechsköpfige Band bewies, wie gut sie die alten Instrumente beherrscht und dass sie diese mit modernen Einflüssen zu kombinieren weiß, um somit eine wahrhaft zauberhafte Stimmung zu schaffen. So kamen also nicht nur Mittelalterfans auf ihre Kosten und die Songs, die oft in alten Sprachen gesungen wurden, verfehlten ihre Wirkung nicht. Celtic und Nordic Folk vorgetragen mit Dudelsack, Harfe, Drehleier und Laute und der perfekt aufeinander abgestimmte Gesang ergaben ein harmonisches Gesamtpaket. Welle:Erdball war die einzige rein elektronische Band auf der Hauptbühne und das leuchtet ein, ist das Duo doch in ihrer über 20jährigen Karriere immer ein Stück mehr auf der Erfolgsleiter emporgestiegen. Honey und A.L.F. standen natürlich nicht alleine auf der Bühne, sondern wurden von den Sängerinnen Frl. Venus und Plastique unterstützt, die einerseits Komparsenrollen übernahmen aber auch hier und da ins Mikrophon hauchten. Natürlich durfte auch einer der Hauptmusiker, der Commodore C64 nicht fehlen, der recht hübsch in die Performance eingebunden wurde. Hits wie 23, Schweben, fliegen, fallen (Bei dem die obligatorischen großen Ballons ins Publikum geworfen wurden), Arbeit adelt (Honey schlägt auf eine Blechtonne) und Ich bin aus Plastik (Plastique sang und warf Süßigkeiten in die Menge) erfreuten die Fans und ausgelassene Stimmung machte sich auf dem Flughafen breit. Und jeder Augenzeuge war sich sicher: das war wieder eine gelungene Sendung!
Die deutschsprachige Mittelalter-Folk-Rock-Band Schandmaul ist auch immer einen Blick wert, gehören ihre Konzerte schon lange zum Besten, was man in diesem Bereich erleben kann. Thomas Lindner, Anna Katharina Kränzlein, Stefan Brunner, Martin Christoph „Ducky“ Duckstein, Birgit Muggenthaler-Schmack und Matthias „Hiasl“ Richter hatten ihre Fans charmant im Griff und machten den Auftritt zu einem Happening, ob sie nur ihre Songs wie Drachentöter, oder Walpurgisnacht spielten oder ein lustiges Trinkspiel mit „Freeze, Slowmotion oder Zombie Slowmotion“ Aktionen zelebrierten, es war eine Freude zuzuschauen oder auch mitzumachen. So viele Zombies hat man wohl noch nie auf einem Festival gesehen. Eisbrecher standen dem in nichts nach, denn die süddeutsche Band sind Vollprofis und wissen nach unzähligen Einzelkonzerten und Festivalauftritten, wie man eine geile Show aufzieht. Die Band heizte ihre Anhänger mit Stücken wie Die Hölle muss warten, Exzess Express und Wilkommen im Nichts so sehr ein, dass die phantastische Stimmung selbst der Mann im Mond mitbekommen haben muss. Schwarze Witwe wurde mithilfe einer Discokugel intoniert und bei dem agressiv-rockigen Amok wurden große Fässer hineingerollt und die Bandmitglieder hämmerten choreographisch perfekt aufeinander abgestimmt auf sie ein, während die Massen die Jungs durch ihr rhythmisches Klatschen unterstützten. Ein beeindruckendes akustisches, aber auch optisches Schauspiel. Einfach eine coole Show! Die britische Kultband New Model Army muss man wirklich nicht groß vorstellen, denn die Gruppe gehört seit jeher zum besten Output englischer Rock- und Popmusik. Ihre riesige Anhängerschaft war auch in Hildesheim versammelt um ihnen zu huldigen und mit ihnen zu Feiern. An der schönen Abendluft gab die Megagroup schöne Titel wie Get me out, Today is a good Day oder Green and Grey zum Besten und immer wieder gab es offenen Applaus auch besonders zwischen den Stücken, welches eine Sympathiebekundung allererster Güte für eine Band ist. Frontman Justin Sullivan belohnte diese freundschaftliche Geste mit seinem Gesang und Gitarrenspiel, während er seine Seele und Herz öffnete. Ein Musiker, der wirklich etwas zu sagen hat, jenseits aller Rockplattitüden. Die Stimmung war fast religiös bedächtig, was die Zuschauer aber auch nicht vom abrocken abhielt, was man besonders beim Titel Purity beobachten konnte. Jedes coole Festival muss zu Ende gehen und die Mittelalterrockband In Extremo um den Sänger Michael Robert Rhein aka „Das letzte Einhorn“ hatte die Ehre, das M´era Luna Festival 2012 zu beenden und das buchstäblich mit einem riesigen Knall. Denn die Show, die die Mannen präsentierten, war mehr als nur spektakulär. Riesige Stichflammen züngelten übers Publikum, die Pyro- und Lichtshow bei Weisen wie Sterneneisen oder Zigeunerskat vom neuen Album war atemberaubend und fast 20.0000 Musikfans feierten ausgelassen mit. Die Band sang in so unterschiedlichen Sprachen wie Isländisch, Alt-Französisch, Mittel- und Althochdeutsch und spielte auf mittelalterlichen Instrumenten mit so wohlklingenden Namen wie Trumscheit, Uilleann Pipes, und Nyckelharpa. Beim absoluten Ohrwurm und Clubhit Vollmond wurde die Harfe wunderschön in Szene gesetzt und bei Sängerkrieg blieb kein Auge trocken und kein Bein stand still. Besser und schöner kann man ein Festival nicht beenden. Und wenn man sich die bereits angekündigten Bands für 2013 anschaut, weiß man, dass man sich bald in Hildesheim wiedersieht.
Wir haben für euch schon einmal eine Galerie mit Bildern des zweiten Tages zusammengestellt, die ihr hier oder durch Anklicken der Bilder erreichen könnt:
Galerie M’era Luna Festival 2012 Tag 2 (Sonntag, den 12.08.2012)
Außerdem gibt es hier noch eine Galerie mit Besucherfotos und Impressionen, sowie die Bilder vom ersten Tag:
Galerie M’era Luna Festival 2012 – Besucher und Impressionen
Galerie M’era Luna Festival 2012 Tag 1 (Samstag, den 11.08.2012)
Komplette Fotogalerien einzelner Bands werden noch nachgereicht.
Autor: Frank Stienen
Fotos: Holger Bücker
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Galerie M’era Luna Festival 2012 Tag 2 (Sonntag, den 12.08.2012)
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Galerie M’era Luna Festival 2012 – Besucher und Impressionen
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Galerie M’era Luna Festival 2012 Tag 1 (Samstag, den 11.08.2012)