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VOLBEAT / BUSH / WITCH FEVER – Köln, Lanxess Arena (27.09.2025)

VOLBEAT, ©Marcus Nathofer

Lange hatten die Fans dieser Tour entgegengefiebert: Mit der „Greatest of All Tours Worldwide“ kehren Volbeat endlich auf die großen deutschen Bühnen zurück. Die letzte eigene Tour hierzulande liegt bereits drei Jahre zurück, einzig ein Festivalauftritt im Sommer 2023 brachte zwischendurch nochmal eine ordentliche Portion Adrenalin. 2025 ist das Warten nun vorbei – und im Gepäck haben die Dänen nicht weniger als ihr neuntes Studioalbum „God of Angels Trust“.

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Für das Konzert in der Kölner Lanxess Arena bedeutete das: ausverkauftes Haus. Schon beim Blick ins Publikum war klar – fast jeder trug das Bandlogo auf der Brust. Gut 90 % der Besucher erschienen im Volbeat-Shirt und verliehen der Arena  das Bild einer geschlossenen Fangemeinschaft. Die Stimmung war glänzend: mit gefüllten Bierbechern prostete man sich zu, lachte und wartete voller Vorfreude auf den Startschuss des Abends.

Doch bevor die Dänen selbst die Bühne eroberten, gehörte die erste halbe Stunde des Abends Witch Fever. Das Quartett aus Manchester brachte seine Mischung aus rohem Punk-Spirit und doomigen Riffs mit, die wie ein greller Kontrast zu der erwartungsvollen Menge wirkten. Dunkel, wütend und kompromisslos laut – so heizten die Britinnen der Lanxess Arena ein und machten klar, dass dieser Abend alles andere als sanft beginnen würde. Sängerin Amy Walpole nutzte direkt den Steg samt vorgelagertem Bühnenbereich, kniete nieder, lebte jede Zeile und verwandelte Songs wie „The Garden“, „Dead to Me“ oder „Reincarnate“ in intensive Performances. Bassistin Alex Thompson posierte gekonnt, headbangte und jammte mit dem Gitarristen, während sich die Band von kleineren technischen Problemen nicht aus dem Konzept bringen ließ. „We can hear someone else’s guitar through the amp… we don’t know what’s happening, we try our best“, kommentierte Walpole lachend.

Mit entwaffnendem Charme kündigte sie das kommende Album „Fevereaten“ an, das an Halloween erscheint: „Most of the tracks we are playing today are on the album, so if you like what you hear – go listen. And if you don’t… sorry!“, hauchte sie lieblich und kess zugleich. Auch für klare politische Worte nahm sie sich Zeit, forderte ein Ende der Gewalt in Sudan, Ukraine, Kongo, Amerika. Zugleich machte sie deutlich, dass Menschen auf der Welt unter Faschismus, Rassismus, Trans- und Homophobie leiden – und dass all dies „bullshit“ sei. „We want to take a second to send our compassion to all those who are suffering across the world – including everyone in this room that maybe suffering.“ Das Publikum reagierte insgesamt eher verhalten, jedoch stets respektvoll – Witch Fever setzten damit einen kompromisslosen, authentischen Auftakt des Abends.

Weblinks WITCH FEVER:

Webseite: www.witchfever.com/
Facebook: @witchfever
Instagram: @witchfever

Mit Bush folgte eine Band, an die zumindest meinerseits hohe Erwartungen geknüpft waren – und zugleich ein gewisses Fragezeichen. Vom Line-up her wirken sie neben Volbeat auf den ersten Blick nicht wie die naheliegendste Wahl. Umso spannender war es, zu sehen, ob die Briten dieses Publikum für sich gewinnen würden. In den 90ern zählten Bush zu den bedeutendsten Protagonisten der britischen Rockszene: Die Gruppe um Frontmann Gavin Rossdale war die erste, die dem amerikanischen Grunge-Sound eine britische Variante entwarf – und damit ein Millionenpublikum erreichte.

Dass Bush auch 2025 noch relevant sind, zeigen sie mit ihrem furiosen aktuellen Album „I Beat Loneliness“, das erst kürzlich erschienen ist (→ wir berichteten). Für mich persönlich schwang dabei auch ein Stück Nostalgie mit: Ich erinnere mich noch gut an den prägenden Abend, an dem ich Bush Ende der 90er für gerade einmal zehn D-Mark live erleben durfte – ein Erlebnis, das sich eingebrannt hat.

Als ein kurzes Intro einsetzte, wurde das Quartett applaudierend von der Menge empfangen. Und mit „Scars“, dem Opener ihres neuen Albums, eröffneten sie auch ihr rund 55-minütiges Set. Gavin Rossdale spurtete allen voran an sein Mikro, ehe er nach den ersten Zeilen engagiert ganz nach vorn hüpfte. Zu glasklarem Sound rockte er losgelöst ab und schüttelte kräftig sein Haar durch. Dass Bush mit ihrem neuen Werk am Puls der Zeit sind, zeigte sich gleich in diesem Einstieg. Das Album kreist um die Brüche und Schatten der Gegenwart: Einsamkeit, Konflikte, psychische Belastungen – jeder trägt sein Päckchen, niemand bleibt verschont. Doch entscheidend ist, wie man damit umgeht. Genau diese Erkenntnis bildet den Kern der Songs.

„Scars“ ist dafür das beste Beispiel. Wie ein Herzschlag setzt der Song mit gleichbleibendem Rhythmus ein. Rossdale beginnt mit fester Stimme, doch in seinen Fragen – was geht in dir vor, was siehst du im Spiegel? – liegt eine tiefe Unruhe. Noch ehe Gitarren und Drums beim Refrain kraftvoll einsetzen, spürt man: Hier schwingt ein Schmerz mit, den viele kennen, aber nur wenige benennen. Und dann fällt diese eine Zeile, die sich tief ins Innerste einbrennt: „Scars are angels written on your body.“ Treffer! Eine Metapher, die Schönheit, Verletzlichkeit und stille Hoffnung in sich vereint.

Live kam all das mit voller Intensität rüber: Rossdale wirkte verletzlich und zugleich schonungslos ehrlich. Während im Hintergrund die Gitarre ihre melancholische Melodie zog, legte er seine eigene Zerrissenheit offen – und wollte doch zugleich Kraft geben, Halt schenken. Mit „broken arms“, gezeichnet vom Leben, aber stark genug, um zu halten, was schutzbedürftig ist. Was für ein Auftakt!

Beeindruckt von der Dimension der Arena – die steilen Oberränge schienen ihn sichtbar zu überwältigen – richtete sich Gavin Rossdale an die Menge: „You look fucking amazing. Incredible, thank you. All the way up there, we try to reach everyone.“ Mit „Machinehead“ folgte ein Kracher vom Debütalbum „Sixteen Stone“ – und plötzlich reiste die Lanxess Arena zurück ins Jahr 1994, in die absolute Hochzeit des Grunge. Während Gitarrist Chris Traynor die seitlichen Bühnenelemente nutzte und Drummer Nik Hughes mit voller Wucht die Felle bearbeitete, wirkte Rossdale unzufrieden: Mit seinem Gitarrensound schien etwas nicht zu stimmen.

Als dann „60 Ways to Forget People“ erklang, war die Überraschung groß – mir klappte die Kinnlade herunter! Der Gesang wirkte nicht richtig live, was mich vollends irritierte. Dabei ist es genau dieser Song, die erste Single des neuen Albums „I Beat Loneliness“, mit dem Bush sich nach einigen weniger starken Alben wieder auf meinen Radar katapultierten. Kaum setzt er ein, fühle ich mich zurückversetzt in unbeschwerte Zeiten – und gleichzeitig mitten ins Herz getroffen. „I’ll suffer for you, I would walk on water“ – diese Zeile zeichnet nicht nur ein starkes lyrisches Bild, sie bildet auch das emotionale Zentrum von „60 Ways to Forget People“. In melancholischen Klanglandschaften und eindringlichen Worten entfaltet sich ein Gefühl von Aufbruch, getragen von der rauen Intensität, mit der Rossdale seit jeher die Wunden des Lebens in Musik verwandelt.

Unterlegt mit berauschenden Synthies, straightem Gitarrensound und präzisem Drumming entfaltet sich ein Klangraum, in dem Gavins Stimme mal verletzlich, mal anklagend, aber immer aufrichtig wirkt. „I kill myself for my people / I forgive you most of what you’ve done“ – diese Worte setzen sich fest. Doch ohne gänzlichen Livegesang blieb der Song an diesem Abend leider hinter seiner eigentlichen Kraft zurück. Als ob Rossdale dies mit seiner Präsenz und seiner begnadeten Stimme nötig hätte – ich kam gar nicht klar.

Dennoch ließ Bush die Stimmung nicht kippen. Der Beginn des Klassikers „Everything Zen“ bekam ein frisches Gewand, die Band signalisierte Spielfreude und Interaktion, Rossdale winkte einzelnen Fans zu, und die Arena dankte es mit Jubel und begeisterten Pfiffen.

Allmählich fingen mich Bush dann mit „Heavy is the Ocean“ auch wieder ein. Hart, tief und intensiv erklangen die Gitarren – und im Takt dazu setzten sich auch die Schöpfe der Besucher in Bewegung. Der Titel passte doppelt: Nicht nur klang der Song schwer und wuchtig wie die Brandung, auch war es spürbar schwer, ein Publikum voller Volbeat-Fans für sich zu gewinnen – und mich nach dem Dämpfer wieder einzufangen. Umso schöner die Erkenntnis, wie stark dieser Moment wirkte.

„It looks so great from here. We came so far to sing for you, we came so far to play for you. And with this song, if you have some love for Bush, put your light on your phone. Light us up. Take us to stratosphere, to another place. Lift it up. We appreciate that. It looks so beautiful. Thank you so much. Wow, also the people backwards.“ Ich hatte erwartet, dass ein Raunen durch die Menge gehen würde – doch nicht einmal den größten Hit der Band schien man hier auf dem Schirm zu haben. Skandalös! Und dann kam er auch noch in einer völlig reduzierten Version daher: gänzlich ohne Liveinstrumente, getragen allein von Gavins Stimme und seicht sphärischen Klängen. Ein Lichtermeer breitete sich in der Arena aus, und für einen Moment entstand eine fast unerwartete Wärme.

Doch diese emotionale Achterbahnfahrt nahm erneut Anlauf, mich eiskalt zu erwischen. Mit dem Titeltrack „I Beat Loneliness“ zog Bush das Tempo an – und erneut wirkte der Gesang nicht richtig live, was meine Fragezeichen leider größer werden ließ. Dabei steckt in diesem Stück so viel Kraft: Bereits während der ersten Riffs baut sich eine beklemmende Dramatik auf, Gavins Stimme erhebt sich sehnsuchtsvoll und entfaltet jene Atmosphäre, die große Bush-Songs auszeichnet. Wenn sich wuchtige Gitarren mit Rossdales Emotionalität verweben, geht das direkt unter die Haut.

Doch die Momente eigener Seligkeit trügen, Verrat und Enttäuschung brechen hervor. „Put me on a burning cross“ – ein bitterer Ruf, als müssten Schuld und Selbsthass lichterloh sichtbar werden. Und dennoch: „I beat loneliness“ wiederholt sich mantraartig, wird zum Anker im Sturm. Rossdale performte den Titel voller Energie – doch an diesem Abend schien er eher um die Gunst des Publikums zu ringen, als die ganze Wucht des Songs zu entfalten.

Zur Überraschung aller verließ der Sänger bei „More Than Machines“ seine Spielstätte, überwand die Absperrung und bahnte sich den gesamten Song über seinen Weg mitten durchs Publikum. Auf dem Unterrang angekommen, nahm er eine Frau an die Hand und rockte gemeinsam mit ihr weiter. Zurück auf der Bühne schlug er rückwärts einen Purzelbaum, blieb nach diesem Bad in der Menge lächelnd am Boden liegen und ließ den Moment auf sich wirken. Nun erntete er tatsächlich riesigen Jubel – der Funke war endlich übergesprungen! Sehnsuchtsvoll blickte Gavin anschließend zu den oberen Rängen empor: „I wish I could spend more time out there. I wish I could finally come up there as well. I wish I could do that.“

Allein mit seiner Gitarre schloss er mit „Glycerine“, der wohl größten Ballade von Bush, an. Spannung und Wohlgefühl durchdrangen die Arena, bevor die Band mit dem starken Closer „Comedown“ ein Ausrufezeichen setzte. Bush können es noch immer! Und doch blieb bei mir der Wunsch zurück, diese wundervolle Band noch einmal als Headliner in einer passenden Location zu erleben, durchgehend mit voller Livepräsenz. Denn ich bin mir sicher: Ebenso wie ihr aktuelles Album kann auch ihre Performance das alte Feuer von damals wieder in einem entfachen.

Setlist BUSH – Köln, Lanxess Arena (27.09.2025):
  1. Scars
  2. Machinehead
  3. 60 Ways To Forget People
  4. Everything Zen
  5. Heavy Is The Ocean
  6. Swallowed
  7. I Beat Loneliness
  8. More Than Machines
  9. Glycerine
  10. Comedown
Weblinks BUSH:

Webseite: www.bushofficial.com/
Facebook: @BUSHOfficial
Instagram: @bush

Nach diesem Auftritt war die Bühne frei für die Band, auf die an diesem Abend alle gewartet hatten: Volbeat. Die Dänen hatten die „Greatest of All Tours Worldwide“ nicht umsonst so selbstbewusst betitelt – schon im Vorfeld versprach die Setlist eine Reise durch alle Schaffensphasen der Band. Dazu kam mit „God of Angels Trust“ ein neues Album, das nicht nur musikalisch wuchtiger klingt, sondern auch thematisch tief geht: Hymnen über innere Kämpfe, Erlösung und den Glauben an etwas Größeres.

Die Stimmung hielt mit steigendem Pegel weiter an; Bier hielt die Kehlen der Fans gut befeuchtet, es wurde geschwelgt, gelacht und voller Vorfreude gewartet. Mein persönlicher Lieblingsfan des Abends war jemand mit einer Vokuhila-Perücke, der zwischen den Reihen für Aufsehen sorgte – Sinnbild einer ausgelassenen Party, die schon vor dem ersten Ton heiß lief.

Für mich persönlich hatte dieser Abend eine besondere Bedeutung: Es war tatsächlich mein erstes Volbeat-Konzert. Umso gespannter war ich darauf herauszufinden, was die Faszination der Dänen ausmacht, die seit Jahren ganze Arenen im Sturm erobern. Die Bühne selbst war rundherum von einem Vorhang umhüllt, der den Blick auf das Geschehen noch verhüllte.

Nach einem bedrohlichen Intro fiel der riesige Vorhang – und gab den Blick auf eine Bühne frei, die von Anfang an Größe und Symbolik verströmte. Seitlich leuchteten die LED-Leinwände, auf denen nicht nur die ikonische Volbeat-Ziege prangte, sondern auch das Bild des blonden, erblindeten Mädchens – eine düstere, fast mythische Figur, die seit Jahren als visuelles Motiv in Artwork und Bühnenshow auftaucht. In ihrer Verbindung mit der Ziege steht sie für das Spannungsfeld zwischen Unschuld und Verdammnis, zwischen Licht und Dunkelheit – zentrale Themen, die sich durch Volbeats Songs ziehen.

Ein riesiges Backdrop zeigte das Cover des aktuellen Albums „God of Angels“, während links und rechts beleuchtete, vorstehende Vierecke die Bühne einrahmten. In der Mitte führte ein Steg zu einem vorgelagerten Quadrat, von dem aus die Musiker direkten Kontakt zum Publikum suchten. Und diese nutzten sie sofort: Michael Poulsen, Kasper Boye Larsen und Flemming C. Lund spurteten nach vorn, während Jon Larsen von seinem Drumkit aus das Fundament legte. Zu allen Seiten waren Mikroständer positioniert, sodass Poulsen sich jederzeit seinen Fans zuwenden konnte.

Mit „The Devil’s Bleeding Crown“ vom Erfolgsalbum Seal The Deal & Let’s Boogie“ eröffnete die Band ihr Set – und die Wirkung war gewaltig. Harte Riffs, treibendes Schlagzeug, der hymnische Refrain: sofort standen die Ränge, die Hände schnellten in die Höhe, und klatschend trugen die Fans ihre Band. Es war dieser typische Volbeat-Mix aus Metalriff und Rock’n’Roll-Schwung, der live unbändig nach vorne drückt.

„Let’s see if you know this one“, Michael grinste – und die Antwort ließ nicht auf sich warten. Mit „Lola Montez“ erklang einer der größten Volbeat-Hits, und die Party war im vollen Gange. Der Song ist der berühmten irischen Tänzerin und Skandalfigur des 19. Jahrhunderts gewidmet und verbindet eingängige Melodie mit knallhartem Drive. Gefolgt von dem himmlischen Gitarrenriff sangen tausende Kehlen den Part „Wherever she walks, she will be captivating all the men“ – ein Chor, der die Arena in Schwingung versetzte. Genau in solchen Augenblicken wird klar, warum Volbeat eine so besondere Live-Band sind: Sie schaffen es, historische Figuren, düstere Bilder und pure Energie zu einer unvergesslichen Mischung zu verschmelzen. Doch kurz vor Schluss stoppte der Fronter den Song. „Köln, that was not acceptable. You can do that way better than that. I know you. I know you all.“ Noch einmal setzte er an, diesmal beim Refrain „The love of your life“ – und nun antwortete die Menge mit einem gewaltigen, einstimmigen „Yeah!“ Poulsen grinste zufrieden: „That was way better. Thank you so much. Man, you’re beautiful.“

Deutlich zeigte sich, worauf es Michael beim Songwriting ankommt: Eingängigkeit und Mitsingbarkeit. In Interviews betont er immer wieder, dass ein Song spätestens nach fünfzehn Minuten diesen Anspruch erfüllen muss – sonst wird die Idee verworfen. Genau diese Konsequenz prägt den typischen Volbeat-Sound: eine Mischung aus Metal, Rock’n’Roll, Punkrock, Country und Blues, die Poulsens Stimme einen unverwechselbaren Rahmen gibt. Nicht umsonst wird der Stil der Dänen gern als „Elvis-Metal“ bezeichnet.

In eben diese Country- und Blues-Kerbe schlug „Sad Man’s Tongue“ – und ausgerechnet hierzu setzte sich der erste Pit des Abends in Bewegung. Schon etwas skurril, aber zugleich respektabel. Irgendwie ist eben auch das Rock’n’Roll. „It’s so good to see you again. You sound so good. So this next song is pretty much… you know, we see Mr Johnny Cash. Yeah, I admit it. I don’t want a musician to say ‘oh, we were inspired’. Fuck no – we stole it from Mr Cash. Well, there’s nothing Johnny Cash cares about right now. Here we go.“ Mit diesem Augenzwinkern kündigte Poulsen die Nummer an – und genau das macht ihren Reiz aus: eine Hommage an Johnny Cash, die im Intro seinen Geist heraufbeschwört, bevor der Song in ein rifflastiges Donnerwetter mündet. Country-Hommage trifft Metal-Energie – und die Mischung zündete auch in Köln sofort.

Zum aktuellen Stück „Demonic Depression“ schossen seitlich Nebelsäulen empor. Dazu war Bassist Kasper Boye Larsen  in puncto Lässigkeit nicht zu überbieten: Mit Fischerhut und Schnauzbart, kaugummikauend und breitbeinig aufgestellt, spielte er seinen Bass mit einer Coolness im Blick, die schier nicht zu übertreffen war. Musikalisch zählt der Track zu den düstersten Momenten des neuen Albums. Schwere Riffs und ein wuchtiges Fundament transportieren die titelgebende Schwere, während Michaels Gesang zwischen verzweifeltem Ausdruck und trotziger Stärke pendelt. Live entfaltete der Song eine beklemmende Atmosphäre, die sich wie eine dunkle Welle über die Arena legte – und genau darin liegt seine Kraft.

„This next song I’d like to dedicate to everyone of you who lost somebody you truly love. Personally I’d like to dedicate it to my dear father Jørn Poulsen.“ Mit diesen Worten leitete Michael Poulsen einen der bewegendsten Momente des Abends ein: „Fallen“. Der Song aus dem Jahr 2010 entstand nach dem Tod seines Vaters, der für den Frontmann der wichtigste musikalischer Ratgeber war. Jeder neue Track wurde einst von ihm probegehört, kommentiert und geformt – bis plötzlich diese Stimme verstummte. „Fallen“ wurde Michaels musikalisches Vermächtnis an ihn, getragen von tief berührenden Melodien und Zeilen wie „See me falling, yeah, down and lonely… ’Cause the day’s no more the same without you.“

In Köln lag die Menge Volbeat bei diesem Stück zu Füßen. Euphorisch wurde bis in die letzte Reihe der Oberränge mitgeklatscht, die Stimmen trugen den Refrain wie ein gemeinsames Erinnern an all jene, die man verloren hat. Für einen Moment verschmolzen Band und Fans zu einer starken Gemeinschaft, geeint durch Erinnerung, Dankbarkeit und die Kraft der Musik. Auch ich erwischte mich tatsächlich dabei, selig mitzutanzen – das war nicht mal geplant! Es geschah einfach, und allmählich kam ich der Magie der Volbeat-Live-Atmosphäre auf die Schliche. Die Jungs waren aber auch einfach zu sympathisch – man konnte sich ihnen gar nicht entziehen.

Zu „Shotgun Blues“ setzten die Gitarren mit voller Härte ein. Der Sound von Volbeat war an diesem Abend ohnehin fett, präzise und klar abgemischt – ein wahrer Genuss. Immer wieder visierten die Musiker einzelne Fans in der Menge an und schufen so eine persönliche Verbindung, während sie gemeinsam über die Bühne jammten. Der Song selbst steht exemplarisch für die wuchtigere Seite der Band: stampfende Riffs, treibender Groove und Michals Stimme, die zwischen dunkler Dramatik und mitreißendem Refrain pendelt. „Shotgun Blues“ entfaltete seine volle Power – roh, kompromisslos und gerade deshalb ein Live-Monster, das die Arena nahezu erzittern ließ.

„How are you feeling out there? Are you ok? You look ok, you look happy! Weekend, huh? How many got the new Volbeat album? Germany, you’ve been good to Volbeat. Always buying our records – thank you very much. We got this beautiful love song called ‚In The Barn Of The Goat Giving Birth To Satan’s Spawn In A Dying World Of Doom‘. Köln, can you say that? I’ll help you, all together.“ Mit einem schelmischen Grinsen nahm Michael den Mammuttitel Stück für Stück auseinander und ließ die Menge den Songnamen lautstark mitsprechen. „Here you go. Serious stuff! Volbeat doesn’t support any kind of religious believe. It’s all fucking crap. Mankind comes as scape goats. Just turn on the news, that’s the real devil speaking right to you – through your television.“

Und dann brach der Brecher los: „In The Barn Of The Goat…“ dröhnte mit gewaltigen Riffs, stampfendem Groove und einer sagenhaften Lightshow, die den Song in Szene setzte. Textlich voller apokalyptischer Bilder – brennende Felder, fallende Engel, ein Blutmond über einem zerfallenden Himmel – lebt das Stück von seiner Mischung aus Düsternis und Zynismus. Live wurde daraus ein Donnerwerk, bei dem Köln kollektiv eskalierte. Poulsen trieb den Spaß auf die Spitze: „Alright Cologne, I wanna hear you say Uh! Määäh! Uh Määäh!“ – und selbstredend folgte die Menge im Chor. Ein Moment zwischen brachialem Metal, schwarzem Humor und purer Live-Ekstase.

Zu dem aktuellen Track „A Monster’s Hand“ vervielfachten sich die Pits in der Arena – und doch habe ich selten eine so liebevoll-sanfte Verschmelzung von Körpern erlebt. Fast schon niedlich für einen Pit (kein Witz!). Das Volbeat-Publikum ist eben von der softeren Sorte: man rempelt sich leicht an, stößt sich lachend weg, reicht einander sofort die Hand. Genau diese Mischung aus Härte auf der Bühne und Gemeinschaft im Innenraum machte den Abend so besonders. Musikalisch überzeugte der Song mit seinem harten Drive und den wuchtigen Riffs, während Poulsens Gesang eine Hymne auf die dunklen Seiten des Menschen zeichnete – kompromisslos, aber zugleich eingängig genug, dass auch die Ränge jede Silbe mittrugen. „Heaven Nor Hell“ kam super melodisch daher – ein Song, der die Rock’n’Roll-Seite von Volbeat unterstreicht und live sofort ins Ohr geht. Mit seiner Mischung aus eingängigem Refrain und treibendem Groove zählt er zu den echten Mitsingmomenten des Abends.

„Alright, so I think we’re a little spoiled up here because look at all these people. It’s great, you look happy, you’re dancing, you’re doing all the great stuff. We only need one thing ladies and gentlemen. That’s the first crowdsurfer. The first crowdsurfer tonight gets a Volbeat t-shirt from Kaspar, alright? Here we go!“ Und wie bestellt setzte bei „The Devil Rages On“ eine wahre Crowdsurfing-Parade ein: Zahlreiche Körper schwebten über die Köpfe der Menge hinweg. Währenddessen bildete das Trio an der Front – Michael, Kaspar und Flemming – spielend ein Dreieck. Ein charismatisches Trio, dessen Spielfreude jeden mitriss. Mit „Die To Live“ zog das Tempo ordentlich an – shake your booties! war angesagt. Nun hielt der Spaß Einzug: Überall wurde getanzt, gelacht, mitgemacht. Der Song brachte eine Leichtigkeit in die Setlist, die sofort auf die Arena übersprang. Besonders im Refrain stellten sich die Fans der Challenge, bei Michaels rasend schnellem Gesang mitzuhalten. Hier kam die Party-Seite von Volbeat so richtig zur Geltung. Herrlich!

Seichtere Klänge hielten bei „Time Will Heal“ Einzug, getragen von warmen Gitarren und Michaels eindringlicher Stimme. Volbeat zeigten ihre verletzliche Seite – sanft, berührend und voller Gefühl. Ein wunderschönes Gitarrensolo schwebte durch die Arena und verstärkte die emotionale Tiefe des Songs. In den Lyrics geht es um offene Wunden, Verlust und die Hoffnung, dass die Zeit zwar Narben heilen kann, das Herz aber immer selbst entscheiden muss, wie es weitergeht.

„Black Rose“ zeigte Volbeat von ihrer hymnischen Seite. Eingängige Melodien trafen auf treibende Energie – ein Song, der sofort in die Beine geht. Währenddessen war Kasper der unangefochtene Meister des Posings: Selbst wenn Michael und Flemming den vorderen Part der Bühne verließen, blieb er gedankenverloren ganz vorn stehen und genoss sichtlich den Anblick der feiernden Massen. Nach dem Song richtete Poulsen das Wort direkt ans Publikum: „Listen I gotta say it. I remember when Volbeat started there was always a safe place to go and have a good time and I’m talking about Germany, man. Thank you so much for your love and support for so many years.“ Dann widmete er einen Titel seiner Frau, seinen Kindern in Dänemark – und dem Leben selbst. „Maybe we could share a light together. Maybe you all turn on your light on your phone. It looks beautiful.“

Als die ersten Töne von „For Evigt“ erklangen, war die Stimmung perfekt. Michael fragte, ob die Fans auch den dänischen Part mitsingen könnten. „Do your best.“ Oh, und wie sie das konnten! Tausende Stimmen füllten die Arena, der Refrain wurde zu einem gewaltigen Chor. Inhaltlich dreht sich der Song um Erinnerung, Vergänglichkeit und die Hoffnung, dass Liebe und Verbundenheit über den Tod hinaus Bestand haben. Gerade die dänische Zeile „For evigt, måske for evigt, skal vi sammen samme vej“ – „Für ewig, vielleicht für ewig, sollen wir zusammen denselben Weg gehen“ – entfaltet live eine besondere Kraft. Eine wunderschöne Stimmung voller Wohlgefühl breitete sich bis in die oberen Ränge aus – ein Augenblick, der den Zauber dieses Abends in Reinform einfing.

„Cologne, you’re beautiful! I see a lot of young kids. I see youngsters, which is good. The next generation of rock’n’roll and heavy metal. Bring up the kids on stage with Volbeat so we can rock out with the next generation. Securities will take care of you.“ Während sich die Bühne mit immer mehr Nachwuchsfans füllte, stellte Michael seine Band vor. „Kids, are you ready to rock with Volbeat? Alright. Cologne, are you ready? This is ‚Still Counting‘. Here we go. If you know it, sing it.“ – und die Arena stimmte bereits vorab den Refrain an. Immer mehr Kids, von klein bis groß, versammelten sich zwischen den Musikern, während 11.000 Fans zu einer seligen Einheit verschmolzen.

„Still Counting“ – dieser Song bündelt alles, was Volbeat ausmacht: ein eingängiges Riff, ein Refrain, den jeder kennt, und die ungebändigte Energie der gesamten Crowd. Für mich war das pure Gänsehaut. Seit Langem frage ich mich, wo der Nachwuchs im Rock- und Metalbereich eigentlich herkommt – wohingegen er in der Schwarzen Szene gefühlt komplett ausbleibt. Hier in Köln sah man, wie es funktioniert: Die Kiddies hatten sichtlich Spaß, voller Stolz bewunderten sie ihre Idole aus nächster Nähe. Am Ende des Songs ließ Michael jeden von ihnen noch seine Gitarre berühren und einmal die Saiten anspielen. Es sind Momente wie diese, die sich einprägen – und dieses liebevolle Miteinander ist es, was Volbeat so besonders macht.

Doch noch war nicht Schluss: Mit „A Warrior’s Call“ und „Pool of Booze, Booze, Booza“ setzte die Band zum finalen Doppelschlag an. „Cologne, thank you so much for your love and support. We will not forget that. You bring the noise.“ Und wirklich – Volbeat konnten sich kaum von ihren Fans lösen. Plektren und Drumsticks flogen in die Menge, eine Lederjacke wurde unterschrieben, und ringsherum lag ein großes Glücksgefühl in der Luft.

Dabei blieb das ganz große Spektakel mit Special Effects am laufenden Band aus. Volbeat überzeugten vielmehr mit Menschlichkeit – und ist das nicht viel mehr wert? Ich war an diesem Abend eine der ganz wenigen ohne Volbeat-Shirt. Aber einen Volbeat-Becher habe ich mir schonmal als Erinnerung an diesen beispiellosen Abend mit nach Hause genommen.

2026 sind Volbeat einer der Headliner bei Rock am Ring und Rock im Park – und ich werde sie mir sicher erneut ansehen. Wer weiß: Vielleicht kaufe ich mir dann sogar auch ein T-Shirt. 😉

Setlist VOLBEAT – Köln, Lanxess Arena (27.09.2025):
  1. The Devil’s Bleeding Crown
  2. Lola Montez
  3. Sad Man’s Tongue
  4. Demonic Depression
  5. Fallen
  6. Shotgun Blues
  7. In The Barn Of The Goat Giving Birth To Satan’s Spawn In A Dying World Of Doom
  8. By A Monster’s Hand
  9. Heaven Nor Hell
  10. The Devil Rages On
  11. Die To Live
  12. Time Will Heal
  13. Black Rose
  14. Seal The Deal
  15. Acid Rain
  16. For Evigt
  17. Still Counting
  18. A Warrior’s Call / Pool Of Booze, Booze, Booza
Weblinks VOLBEAT:

Webseite: www.volbeat.dk
Facebook: @volbeat
Instagram: @volbeat

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