Nach dem Einstieg ins Wochenende am Freitag, muss man sich eigentlich erstmal erholen. Es war ein toller Abend, der die Messlatte für das Eastside Festival dieses Jahr besonders hochlegt. Die Wetteraussichten sind phänomenal gut und angekündigte 31° Celsius versprechen den Veranstaltern gute Getränkeumsätze. 😉
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Auch wenn die drückende Luft in Halle nicht unbedingt Laune auf große Party macht, wir sind auf dem Weg zum Festivalgelände. Unser Taxifahrer war etwas überrascht, dass es in Halle so eine coole Veranstaltung gibt, bringt uns dann bis vor die Tür. Hier war es gegen 15:00Uhr zwar etwas voller als am Freitag, aber dennoch überschaubar.
Die Security war am Einlass wieder sehr freundlich und gut drauf. Es klappte einfach alles Reibungslos und Vorbildlich. Genau das ist auch ein Grund, warum wir dieses Jahr wieder so gerne da sind. Die Veranstalter haben an alles gedacht.
Auch auf dem Gelände war es an diesem Samstag sehr chillig. Man grüßt sich, klönt ein bisschen und schaut sie die neuen Artikel am Merch an. Das Festival-Shirt ist wieder sehr begehrt und mit 25€ deutlich günstiger als viele andere Shirts. Und dazu sieht es auch noch toll aus.
LAKESIDE X
Um 16:00 Uhr ist es dann soweit, Anchorman Jens Domgörgen eröffnet den Tag 2, der dann auch gleich für mich mit einer Überraschung beginnt. LAKESIDE X aus Prag, welche 2023 tatsächlich Support für Depeche Mode in Prag spielten, kamen auf die Bühne und ich hatte eigentlich nicht viel erwartet. Aus der Konserve klangen ihre melancholischen Tracks für mich immer ein bisschen so, als wenn sie den Startknopf nicht gedrückt bekommen. Live sieht das aber ganz anders aus.
Janne Marvannen am Micro wirkt wie der freundliche Nachbar, aber sobald er den Mund aufmacht und anfängt zu singen, dreht sich das Blatt. Der Mann hat nicht ohne Grund den Job und auch seine Bandkollegen liefern ein kräftiges Set ab, welches deutlich druckvoller ist als das, was ich erwartet habe. Ein Blick auf den Rest des Publikums zeigte, ich war mit meiner Begeisterung auch nicht alleine. Viele im Publikum sangen bereits mit und die Arme gingen immer wieder in die Höhe. Der Tag ist super gestartet.
VANGUARD
„Was, Du kennst Vanguard nicht?“ wurde ich von einem Freund auf dem Festivalgelände gefragt. „Für uns alte Electrohasen der 90er genau das richtige“. Ich bin gespannt. Und ja, gleich der nächste Act auf der Bühne, die Band Vanguard, lässt mich aufhorchen. Musikalisch schon fast Retro mit dem 90er-Jahre Electropop haben die Schweden mich gleich begeistert. Frontmann Patrik Hannson kommt sehr sympathisch rüber und wirkt in seiner Art überhaupt nicht aufgesetzt. Seine Sangeskünste erledigen dann den Rest, der für diese kleine Electroparty noch fehlt. Er geht auf das Publikum zu, fordert es auf und es wird ihm mehr als gedankt. Toll!
Man ist schon fast enttäuscht, dass das Set nach gut 45 Minuten schon wieder zu Ende ist. Aber jetzt soll ja das erste wirkliche Highlight des Tages folgen…
MORPHOSE
Was jetzt folgt, kann man getrost als All-Star-Band bezeichnen. Christoph Schauer, Musiker mit dem Hang zur Filmmusik, hätte wohl nicht gedacht, dass sein Projekt Morphose einmal so erfolgreich werden könnte.
Nach einem kurzen Intro kommt Schauer auf die Bühne und stellt sich gleich in die zweite Reihe denn diese Bühne gehört zunächst einmal vor allem Lennart Salomon (Sono). Der Mann kommt auf die Bühne und nimmt sie nicht nur ein, er brettert sie nieder. Stylisch sehr exotisch – wo bekommt man solche fetten Hosen? Ein Trendsetter mit Gitarre und Sonnenbrille ist er auf jeden Fall und somit die coolste Sau am Platz. Lennart spielt die Gitarre, post wie ein überdrehter Rockstar und ja, er singt absolut perfekt. Lennert ist der Entertainer schlechthin und hat nach geschätzten 32 Takten bereits das gesamte Eastside Festival in der Hand. Christoph Schauer sieht man die Spielfreude ebenfalls an. Ich glaube, der Mann ist schon stolz auf das, was er da geschaffen hat. Nach ein paar Tracks heißt es dann aber Wechsel an der Bühnenfront und Arc Morten, der bereits an den Tasten stand, hat seinen Auftritt. Die Stimmung wird ein wenig härter und ich bin extrem begeistert von dem, was sich da auf der Bühne abspielt. Nach einigen Tracks kommt dann Christian Schottstädt, Frontmann der Depeche Mode-Coverband Forced To Mode, auf die Bühne. Ja, gesanglich überzeugte er mich. Aber visuell ist er einfach nicht mein Ding. Selbst bei Morphose kann Schottstädt nicht auf die vorm Spiegel eingeübten Dave Gahan-Posen lassen. Er hat es bestimmt nicht nötig, wie ein Abziehbild zu wirken, aber man wird den Eindruck nicht los, dass er zumindest visuell nicht anders kann. Aber was solls, ein weiteres Duett mit Lennart Salomon und man merkt schon, dass alle auf der Bühne ihren Spaß haben. Zu guter Letzt fehlt dann nur noch Sven Friedrich (Solar Fake), der ein paar Songs alleine singt, bevor es zum großen Finale mit allen Sängern auf der Bühne kommt.
Morphose war nicht nur für mich ein Fest. Die manchmal sehr rockigen Klänge waren evtl. nichts für die Electrofans, aber es war definitiv ein Highlight, welches jetzt erstmal getoppt werden muss.
A PROJECTION
Die Emotionen mussten jetzt erstmal etwas abgekühlt werden. Zum Glück ist es nicht ganz so heiß geworden wie angekündigt, aber die Luft ist zum Schneiden. Da tut ein wenig Abkühlung schon gut. Aus Schweden kommen jetzt die Jungs von A Projection, einer Band, die musikalisch irgendwo zwischen düsterem Post-Punk und Electropop zu finden ist. Frontmann Rikard Tengvall ist stilistisch der Vorzeige-Skandinavier. Seine blonde Mähne, der dicke Wollpullover, das passt. 😉 In ihrer Frühphase hatte ich viele Parallelen zu Bands wie Joy Division oder auch Interpol gesehen, welche bei diesem Auftritt etwas in den Hintergrund gerückt sind, um der elektronischen Richtung mehr Platz bot. Trotzdem haben A Projection mich überzeugt. Die Livequalitäten der Band sind top und ich hoffe, dass es bald eine neue Platte gibt, mit der ich tiefer in die Band eintauschen kann.
DIORAMA
Die Pechhasen des Eastside Festivals 2024 waren leider Diorama. Technische Probleme on Stage hatten das Set damals stark eingekürzt und sie mussten die Bühne daher vorzeitig verlassen. Dafür wurde bereits letztes Jahr eine Wiederholung des Sets angekündigt und Torben Wendt versprach, dass sie dieses Mal die Zeit bis zur letzten tausendstel Sekunde ausnutzen werden. Und so war es dann auch. Was soll man zu der Klasse von Diorama noch sagen. Es ist alles gesagt und die Bühnenpräsenz von Torben könnte ich jetzt nur mit Superlativen beschreiben. Auch Felix an den Keyboards scheint seinen Spaß gehabt zu haben. Eine Klasse für sich. Und so war ich schon etwas traurig, dass nach 60 Minuten schon wieder Schluss war.
CAT RAPES DOG
Ich weiß gar nicht, wie lange es her ist, dass ich Cat Rapes Dog mal live erlebt habe. Die letzte Veröffentlichung Life was sweet (2013) ist ja nun auch schon ein paar Tage her. Was soll man dann also erwarten? Ganz einfach, eine Old-School-EBM-Fun-Punk-Show, die so viel Dampf auf dem Kessel hatte, dass die Temperatur auf dem Festivalgelände gefühlt um zehn Grad anstieg. Es war laut, es war wild und auch wenn Magnus Franson und Annelie Bertilsson etwas in die Jahre gekommen sind, sie hatten sichtlich Spaß auf der Bühne. Ein Brett folgte dem nächsten und die Band stürmte über die Bühne. Ein skandinavischer Wirbelsturm. Sie können es noch und machen es genau richtig. Man hält an der Vergangenheit fest und flippt einfach aus.
KILIAN CAMERA
Eigentlich sollten jetzt Nitzer Ebb auf der Bühne stehen und irgendwie machte sich trübe Stimmung bei mir breit. Natürlich wusste man schon lange, dass es Douglas McCarthy nicht gut ging und er hat sich ja auch bereits vor zwei Jahren von der Bühne verabschiedet. Aber als die Nachricht von seinem Tod bekannt wurde, war es doch so, als wenn ein Freund gegangen ist. Zu lange hat man diese Musik gehört, als das es einem egal sein könnte. Dass Nitzer Ebb, jetzt mit Gründungsmitglied Bon Harris am Mikro, aufgrund der Ereignisse erstmal alles auf Eis legen, war mehr als verständlich.
Ehrwürdiger Ersatz wurde von den Veranstaltern relativ kurzfristig mit Kilian Camera aus dem Hut gezaubert. Das italienische Projekt war bereits beim ersten Eastside Festival zu Gast, konnte mich damals aber nicht so begeistern. Das war dieses Mal allerdings anders. Frontfrau Elena Fossi schwebte wieder Elfengleich über die Bühne und bot eine interessante Show, die mit vielen Hits aber auch mit einigen Coverversionen gespickt war. Ich habe lange gebraucht, bis ich Depeche Mode’s Wrong erkannt habe und Ultravox‘ Hymn entwickelte sich zu einem Highlight des Sets. Und natürlich haben Kilian Camera ihren wohl bekanntesten Hit Eclipse gegen Ende des Sets auch noch gespielt. Es war dieses Mal für mich deutlich imposanter als beim letzten Mal und das Set bleibt mir sehr in positiver Erinnerung.
S.P.O.C.K.
Apropos Erinnerung, es begab sich zu einer Zeit, irgendwann 1992, als ich im Hamburger Molotov eine Band sah, die Star Trek-Uniformen trug, Mr. Spock-Pappaufsteller auf der Bühne hatte und bei der der Frontmann eine aufblasbare Enterprise fliegen ließ.
S.P.O.C.K. sind wieder im Haus und spielen eine Mitternachtsshow, um dem überaus famosen Eastside-Festival 2025 ein tolles Finale zu bescheren. Und ja, was soll man sagen? Wer bei S.P.O.C.K. keinen Spaß hat, der geht zum Lachen in den Keller. Sänger Alexander war wieder in seinem Element. Er springt über die Bühne, vielleicht etwas kurzatmiger als 1992, und treibt seine Späße mit dem Publikum. Besser konnte so ein Festival einfach nicht enden.
Fazit Tag 2:
Das Eastside-Festival hat sich etabliert. Viele organisatorische Probleme sind beseitigt und man kann sagen, dieses Festival ist erwachsen geworden. Und doch gibt es natürlich immer wieder etwas, was man anders machen könnte. In den vergangenen Jahren war das Line Up in wenigen Punkten zu erwartbar und hat sich nicht von anderen Festivals abgegrenzt. Hier haben die Veranstalter aber auch reagiert. Bereits während des zweiten Tages wurde das Eastside-Festival 2026 angekündigt. Und mit Bigod 20, Solitary Experiments und Beborn Beton im Line Up sind schon jetzt große Namen angekündigt. 2026 werden Nitzer Ebb dann auch dabei sein, um ihren Auftritt nachzuholen. Ich bin sicher, die Veranstalter werden bis dahin noch einige Überraschungen aus dem Hut zaubern. Ich habe auf jeden Fall schonmal für das erste Juliwochenende die Reise nach Halle vorgemerkt.
Weblinks EASTSIDE FESTIVAL:
Homepage: www.eastside-festival.de
Instagram: www.instragram.com/eastside_festival
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