SKUNK ANANSIE – Köln, Palladium (23.03.2025)

Fotos: SKUNK ANANSIE
© Michael Gamon
Geschätzte Lesezeit: 9 Minute(n)

„Die gibt es noch?“ – Diese Frage stellte sich schon manch einer, doch Skunk Anansie beweisen einmal mehr ihre Beständigkeit. In den 90ern prägten sie mit ihrem energiegeladenen Alternative Rock und politischer Schärfe eine ganze Ära, bevor sie sich 2001 auflösten. Doch ihr Comeback 2009 zeigte, dass sie noch lange nicht am Ende waren. Neun Jahre nach ihrem letzten Album “Anarchytecture” melden sie sich im Frühling mit neuem Material zurück – und schon jetzt zog ihr Konzert in Köln große Aufmerksamkeit auf sich.

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Ursprünglich für das E-Werk angesetzt, wurde das Konzert aufgrund der hohen Nachfrage ins größere Palladium hochverlegt – und selbst dort war kein Platz mehr frei. Das Publikum, überwiegend mittleren Alters, schien die Rückkehr der britischen Alternative-Rocker ebenso zu genießen wie die Band selbst. Männer und Frauen waren gleichermaßen vertreten, die Atmosphäre angenehm und erwartungsvoll. Doch ein kleines bisschen mussten sich die Fans noch gedulden. Denn vorab stand bereits der Support des Abends in den Startlöchern.

Um 20:00 Uhr enterte die britische Band So Good, angeführt von der charismatischen Frontfrau Sophie, in auffälligen rosa Sweatanzügen und pinken Sturmhauben, die Bühne. Sophie selbst erschien im rosa-blauen College-Look, begleitet von ihren sexy Tänzerinnen Liv und Beth, die nicht nur mit synchronisierten Choreografien, sondern auch gesanglich unterstützten. Gemeinsam sprühte die Formation vor quirliger Energie.

So Good, bekannt für ihren einzigartigen Mix aus Drill, Hip-Hop und Punk, den sie selbst als “Bratpop” bezeichnen, thematisieren in ihren Songs politische und gesellschaftliche Themen mit einem humorvollen Unterton.Während des Auftritts in Köln wandte sich Sophie mit den Worten “What’s up, Cologne? Put your middle finger up to the fascists.” ans Publikum, woraufhin sie und ihre Tänzerinnen provokativ ihre Mittelfinger anleckten. Zu dem Song “If I Had A…” folgte die Bemerkung: “We heard the rumors, that the people of Cologne have really big dicks. Me, too. Mine is really big”, begleitet von anzüglichen Bewegungen.

Während der bewusst rotzig-provokanten Performance begannen einige Zuschauer mit den Köpfen zu nicken, manch ein Konzertbesucher wirkte ein wenig ratlos. Ihren Song “1994” widmeten die Briten Skunk Anansie. Zum Abschluss kündigte Sophie an: “Two days ago, we released a new song: ‘I Rewrote The Fuckking Bible’. Cologne, this is our last song. Thank you so fucking much. You were SO GOOD.” Nach knapp 30 Minuten war der abschließende Applaus bemerkenswerter als zuvor und zeigte, dass die Band trotz oder gerade wegen ihrer unkonventionellen Art Eindruck hinterlassen hatte.

So Good präsentierten eine Mischung aus feministischem Statement und provokanter Unterhaltung. Ihre erfrischende Darbietung und ihr Mut, Grenzen auszuloten, machten den Auftritt zu einem ungewöhnlichen Erlebnis.

Weblinks SO GOOD

Instagram: www.instagram.com/sogoodsoooogood

Während der halbstündigen Umbaupause erklang eine Stimme vom Band. Wir erfuhren, dass man am heutigen Abend eine besondere exklusive Version der LP “The Painful Truth” kaufen konnte. Über eine spezielle Homepage gelangte man zudem in einen Lostopf, indem man ein Anmeldeformular ausfüllte. Der glückliche Gewinner wurde benachrichtigt und konnte sich über ein Meet & Greet sowie eine signierte Setlist freuen.

Und dann war es soweit! Das prächtige Drumset von Mark Richardson war von schwarzen mannshohen Stacheln umrahmt. Passend zum Intro klatschten die Fans engagiert im Takt. Der Bühnenbereich verdunkelte sich und einzig das Publikum erschien im hellen Licht der Scheinwerfer. Im Hintergrund leuchtete das markante Spinnenlogo von Skunk Anansie in leuchtendem pink auf. Nachdem die Musiker nach und nach ihre Spielstätte betraten, stapfte Deborah Anne Dyer alias Skin mit ausladenden Bewegungen auf die Bühne. Ihre schwarze Jacke war bis aufs äußerste aufgepustet. Zu ihrer weit geschnittenen Hose trug die Sängerin hohe Plateau-Boots. Was für ein Look! Wir hörten “This Means War”. Zu astrein (!!!) abgemischtem Sound fegte Skin selbstsicher über ihre Auftrittsfläche. Gekonnt nahm sie unterschiedliche Posen ein und schlich sich dann an Richard „Cass“ Lewis heran, der gerade inmitten eines Lichtkegels in den Fokus gerückt wurde. Was für ein Auftakt!

Die Menge reagierte mit riesigem Jubel. Skin ergriff das Wort: “What? Are you ready? Are you ready for what? Come on, Cologne!” Mit voller Wucht erklang “Charlie Big Potato” und die Sängerin hatte richtig Bock. Auch stimmlich war sie in absoluter Bestform. Für einen ausgedehnten Abschnitt erhielt sie einen beachtlichen Zwischenapplaus. Während Cass auf einer Monitorbox die Nähe zu den Fans suchte und der Einstieg von “Because Of You” in einer Extended Version erklang, nutzte die Sängerin den Moment, um sich Backstage bequeme Turnschuhe und eine komfortablere Jacke anzuziehen. Schließlich sollte sie an diesem Abend noch ordentlich Meter auf der Bühne machen. Skin kam daraufhin ebenfalls ganz nach vorn. Mühelos zog sie die Menge in ihren Bann. Zielgerichtet visierte sie einzelne Fans an, sprang in die Luft und drehte sich ausgelassen um die eigene Achse. Live entpuppte sich der Track dazu als herausragender Rocksong.

“Dankeschön. Well, this is nice. We have a brand new album coming out on May 23rd. And this is the first single It’s called ‘An Artist Is An Artist’.” Im Hintergrund der Bühne kamen meterhohe silberne Stachelgewächse zum Vorschein. Der Neuling entpuppte sich als kraftvolles und zugleich nachdenkliches Stück. Der Song thematisiert den unaufhaltsamen Drang nach Selbstverwirklichung und den inneren Konflikt zwischen gesellschaftlichen Erwartungen und dem Streben nach Authentizität. Es geht um die Entschlossenheit, sich nicht von äußeren Einflüssen einengen zu lassen, und um die Frage, was es bedeutet, ein wahrer Künstler zu sein. Die Kombination aus rockigen Gitarrenriffs und Skins markanter Stimme von Skin erschuf eine energiegeladene, aber auch tiefgründige Atmosphäre. Nach kurzer Zeit sang das Publikum auch schon den Refrain motiviert mit. “An Artist Is An Artist” brachte sowohl die ungestüme Rebellion als auch die verletzliche Seite des Künstlerdaseins zum Ausdruck. Auch zu “I Believed In You” und “Love Someone Else” hatten Skunk Anansie das Publikum vollends auf ihrer Seite. Ihr Spielspaß war auf der mittlerweile perfekt ausgeleuchteten Bühne unübersehbar. Und selbst auf der Empore feierten die Konzertbesucher ausgelassen mit.

Nun wurde Skin ernst, als sie eine fünfminütige feurige Ansprache hielt: “This next song is fourteen years old. It was the first single from the ‘Wonderlustre’ album. We called it ‘God loves only you’. But how can you say that there’s only one god and he loves only you? What about all the other gods, genders and all the other people of races and people of disabilites and their gods? The song is about the fear that this white men of the government start to rule us. They talk about freedom, but they only want freedom for themselves and they judge, because they are politicians. But we don’t believe that. We believe, no matter who you are, where you are, what colour you are, what gender you are, what your sexuality is, we are all fucking EQUAL! When we see people who pretend to be Christians, who want trans people to disappear, who want black people to be slaves, who want women to be baby making machines in the fucking kitchen. How can you call yourself a Christian? What are we gonna do? We’re gonna reject all of that ridiculous. It’s not about Christianity there’s no exploration of who believes or not. Now, they want to rule all of us. But we see you! What we need is basic human rights and basic human kindness. Are you with us? Thank you so much. We dedicate this song to you.” Mit einer unsagbaren Leidenschaft in der Stimme performte sie “God Loves Only You”.

Zu der traumhaft schönen Rock-Ballade “Secretly” beruhigte sich die aufgewühlte Sängerin sichtlich. Professionell legte sie den Schalter um und legte all ihr sinnliches Gefühl in ihre Stimme. Auf der in pinken Farben ausgeleuchteten Bühne breitete sich Nebel um die Beine der Musiker aus. Skin schäkerte gestenreich mit einzelnen Fans und als die Menge erneut angestrahlt wurde, konnte sie all die selig wirkenden Gesichter auf sich wirken lassen – welch bezaubernder Augenblick.

“This is an old one: ,Weak’.” Zu der kraftvollen Hymne aus dem Jahr 1995 reichte der Chor der Crowd von der Lautstärke her durchaus an Skin heran. Und die Britin genoss die Stimmung sichtlich. Strahlend stachelte sie ihre Fans immer wieder an noch lauter mitzusingen. Dazu wanderte sie munter auf den Monitorboxen umher. Martin „Ace“ Kent servierte uns ein starkes Gitarrensolo und Skin lud dazu ein, gemeinsam mit ihr zu springen. Gemeinsam mit ihr setzte sich das Palladium also auch noch hüpfend in Bewegung.

Neben ihrer energiegeladene Bühnenpräsenz ist Skin bekannt für ihre Nähe zum Publikum. So begab sie sich bei dem Song “I Can Dream” direkt auf Tuchfühlung mit den Fans. Ohne Umwege bahnte sie sich straight ihren Weg durch die Menge. Sie bat ihre Anhänger, sich auf den Boden zu begeben und sprach einen Fan direkt an: “Who are you? Are you having fun? Are you having enough fun?” Der Refrain ließ alle wieder hochschnellen. Inmitten des vergnügten Gewusels hechtete eine handvoll Fans die Sängerin die Höhe, um ihr die Rückkehr auf die Bühne zu ermöglichen. 

“Thank you so much.” Sie lachte, als der Jubel nicht enden wollte. “It’s very very kind. I don’t know if I mentioned it before, but we have a brand new album coming out on May 23rd. The first one in nine years! We had a Brexit and a delay, delay, delay. We wanna do a new song that we just added to the set. It is called ‘Animal’.” Zu einer tiefen Basslinie setzte Skins glasklare Stimme ein. Und der Song entwickelte eine unfassbare Coolness. Skunk Anansie sind so etwas von zurück!!! Dank eines begnadeten Aufbaus entfaltete sich der Song Stück für Stück und vereinnahmte einen völlig. Respektvolle Minen mündeten in ungebremste Begeisterung. In einem kurzen Break setzte Skin den Zeigefinger auf ihre Lippen und ihr “Ssssh” ließ gespannte Ruhe in der Halle einkehren, ehe sich der Song nochmal aufbäumte und er kraftvoll sein Ende nahm. Was für ein Track! Man kann nur hoffen, dass die Band “Animal” ebenfalls als Single auskoppelt. Mit diesem Banger werden sie alte und neue Fans gleichermaßen begeistern.

Zu dem aufgebrachten Kracher “Yes, It’s Fucking Political” spornte die Fronterin ihre Crowd weiter an: “Where is the moshpit? Can I get it?” Dieser entstand erst zaghaft, wurde dann aber doch deutlich sichtbar und wuchs zu “The Skank Heads (Get Off Me)” weiter an. Und Skin gönnte ihren Fans keine Pause – “Where is my circle?!” rief sie wieder und wieder und natürlich konnte dieser begnadeten Powerfrau niemand einen Wunsch abschlagen. Abwechselnd schmiss die Sängerin bei dem Song “Tear The Place Up” ihre Beine in die Luft, ehe sie sich Drumsticks schnappte und Mark stehend an den Drums unterstützte. Und sie konnte es nicht lassen: “Where is my circle?” Mit einem riesigen Sprung landete die Frontfrau sicher auf ihren Füßen, um den Song abzuschließen. Für wenige Minuten verließen Skunk Anansie nun die Bühne.

Doch die Zugaberufe waren so stark, dass sich die Briten nicht lange bitten ließen. Als unsere Arme zu dem Song “Hedonism (Just Because You Feel Good)” hin und herschwangen, kamen wieder Teenie-Feelings an die Oberfläche. Und gemeinsam stimmten alle mit ein: “Just because you feel good. Doesn’t make you right (oh no). Just because you feel good. Still want you here tonight.” Skin schnappte sich ein Tamburin, um ihre Musiker zu begleiten. Dabei strahlte sie über das ganze Gesicht und ihre besondere Aura nahm einen erneut gänzlich ein.

“Listen, we have a brand new album. When is it out?” -” May 23rd” lautete die stimmstarke Antwort der Crowd. “Oh, you’re such good students. You can come to my class any day. We wanted to play you a single from this new album. Don’t you think that we have just done the most amazing fantastic beauuuutiful job with the panic? Right? -,Cheers’!” Und die Single entpuppte sich als weiteres Energie-Biest. Der Song entfaltete eine rohe, explosive Kraft, die durch die wuchtige Instrumentierung und Skins leidenschaftliche Performance noch verstärkt wurde. Besonders der treibende Rhythmus und die kraftvollen Gitarrenriffs sorgten für ordentlich Bewegung in der Menge. Inhaltlich ist “Cheers” eine wütende Abrechnung mit Heuchelei und Selbstgerechtigkeit. Der Song prangert an, wie manche sich selbst als moralisch überlegen darstellen, während sie in Wirklichkeit nicht besser sind als diejenigen, die sie kritisieren. Die bissigen, sarkastischen Zeilen und die unbändige Wut, die Skin in ihrer Stimme transportierte, formierte sich zu einer Hymne der Frustration und des Widerstands.

Während einer angespielten Coverversion von “Whole Lotta Love” stellte Skin ihre Band vor. Respektvoll bedankte sie sich bei ihren Bühnenbildnern, ihrer Crew und bei dem Support So Good. Cass ergänzte: “After the concert we will be signing t-shirts, CDs, body parts…” Skin lachte und unterbrach ihn. Man solle sich keine falschen Hoffnungen machen “He’s mine!” Seitlich der Bühne reichte Skin jemand ein Glas Weißwein. Doch sie widersprach kess: “I want some German quality wine.” Und die Menge jubelte. “But I also like water and going to sleep. It’s true, I’m a really good girl!” Glücklicherweise war der Abend noch nicht gänzlich vorbei. “Should we do one more? Let’s do that song. We’ve been a band for more than 30 years now.”

Skin hielt es nicht mehr auf der Bühne. Zu “Little Baby Swastikkka” schwang sie sich erneut ins Publikum. Die Fans bildeten einen Kreis um sie herum. Tänzelnd begann sie zu singen. Als die kraftvollen Gitarre einsetze, sprang die Meute auf sie zu und und genoss feiernd die Nähe ihres Idols. In der nächsten Strophe versammelte die Fronterin einzig Frauen um sich herum. Gemeinsam setzten sich alle auf den Boden, um kurz darauf gemeinsam ein weiteres mal zu eskalieren.

Skin war beseelt. “Everytime we came back here, you gave us the most amazing perception. And we wouldn’t be here, if there weren’t audiences like this. Thank you so much. We really appreciate it. This one is for you.” Mit ihrem Closer “You’ll Follow Me Down” trafen Skunk Anansie ihre Fans nochmal mitten ins Herz. Lediglich von einer Akustikgitarre begleitet, entfaltete der Song eine ganz besondere Magie. Feuerzeuge und Handytaschenlampen erleuchteten die riesige Halle. Skins Fähigkeit, zerbrechliche Sanftheit mit eindringlicher Stärke zu verbinden, führte zu einem echten Gänsehaut-Erlebnis. Wenn es gerade am schönsten ist, soll man bekanntlich aufhören. Nach 110 Minuten war es nun an der Zeit, Abschied voneinander zu nehmen. Doch schon bald erscheint ja “The Painful Truth.” Ich bin mir sicher, dass die Briten auf ihrem neuen Album noch einige Überraschungen für uns parat haben.

Wie gut, dass es Skunk Anansie noch gibt! Das ging mir auch in den Tagen nach dem Konzert noch durch den Kopf. Denn dieser Abend hallte noch lange in mir nach. Im Sommer stehen noch einige Deutschlandtermine bei uns an. Wiederholungsbesucher sind dort ebenso gerne gesehen wie neue Gesichter. Denn solch ein Feel-Good Erlebnis sollte man sich einfach nicht entgehen lassen!

Setlist SKUNK ANANSIE – Köln, Palladium (23.03.2025)

01. This Means War
02. Charlie Big Potato
03. Because Of You
04. An Artist Is An Artist
05. I Believed In You
06. Love Someone Else
07. God Loves Only You
08. Secretly
09. Weak
10. I Can Dream
11. Twisted (Everyday Hurts)
12. My Ugly Boy
13. Animal
14. Yes, It’s Fucking Political
15. The Skank Heads (Get Off Me)
16. Tear The Place Up
17. Hedonism (Just Because You Feel Good) (Z)
18. Cheers (Z)
19. Little Baby Swastikkka (Z)
20. You’ll Follow Me Down (Z)

Weblinks SKUNK ANANSIE

Homepage: www.skunkanansie.com
Facebook: www.facebook.com/OfficialSkunkAnansie
Instagram: www.instagram.com/officialskunkanansie

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