HURRICANE 2023 TAG 1 – Eichenring, Scheeßel (16.06.2023)

Fotos: Hurricane Festival 2023 Tag 1 - 16.06.2023
Peter Fox © Alf Urbschat
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Der Norden rockt! Anders kann man es nicht beschreiben. Wiedermal lockt das Hurricane Festival knapp 80.000 musikbegeisterte junge und alte Partypeople in das eher verträumte Örtchen Scheeßel, irgendwo zwischen Bremen und Hamburg. Und ja, wie jedes Mal wird das Line-up von Jahr zu Jahr geiler und wie ich feststellen muss, auch jünger. Auch wenn ich zu Zeiten des Woodstock Festivals noch nicht geboren war, muss ich in den kommenden drei Tagen feststellen, dass es viel Nachwuchs gibt und dass nicht alle jungen Leute jenseits der Dreißig nur noch auf TikTok oder K-Pop stehen. 😉

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Der Freitag startet leider nicht so verheißungsvoll, wie ich es mir erhofft hatte. Das Festivalprogramm hatte bereits zu früher Stunde mit Dylan auf der River Stage und Sondaschule zwei Must Haves für mich auf dem Plan. Dem Verkehr und der persönlichen Organisation sind dann beide Acts für mich schonmal ausgefallen. Was mich besonders bei Dylan betrübt hatte. Also keine grauen Haare wachsen lassen, die Donots und Bosse sollten doch drin sein. Nach vielem Hin und Her haben wir dann noch die letzten Töne von Bosses Set aus der Ferne erleben dürfen. Nun gut. Wann geht es denn endlich los?

Startklar bin ich dann endlich, als ich an der River Stage ankomme, wo eine Band namens Provinz spielen soll. Was für ein bescheuerter Name für eine Band denke ich noch, bevor ich aufgeklärt werde, dass die Jungs besonders bei den jungen Mädels recht beliebt sind. Und so werde ich an meinem Platz tatsächlich mit einem niedlichen Gekreische aus mehreren tausend Mädchenmündern empfangen. Die Jungs, die da auf die Bühne kommen, können wohl kein Wässerchen trüben denke ich. Aber ich muss sagen, Sänger Vincent hatte sieht zwar so aus, als wenn er gerade erst von Mutti die Stullen eingepackt bekommen hat, kann aber sehr schnell das Publikum hinter sich vereinigen. Feinster deutschsprachiger Indiepop, mal etwas pubertär, mal kindlich naiv und verdammt hörenswert. Der Mitgesang des Publikums und die vielen glücklichen Gesichter zeigen mir, dass da in der deutschen Musiklandschaft etwas Gutes heranwächst.

Das erste Highlight des Abends scheint dann tatsächlich Peter Fox zu sein. Letztes Mal mit seiner Band Seed am Start, gastiert er heute mit seiner eigenen Band und wird eine smoothe Party starten. Die Bühne wirkt für den guten Peter allerdings etwas überdimensioniert. Die Stücke des neuen Albums, mit denen er das Set startet, kommen zwar gut an, mehr aber auch nicht. Wo bleibt der Funke, der den Acker in Scheeßel in Brand setzen könnte? Natürlich kann auch ein Peter Fox es sich nicht verkneifen, in Anlehnung an eine brachiale deutsche Band, die gerade die Schlagzeilen beherrschte, gibt Peter Fox zu, dass auch er Leute losgeschickt hat, um Frauen (und Männer) zu casten. Aber nicht für etwaige Partys nach der Show, sondern für die Party während der Show. Geschätzte dreißig Leute (bandeigene Tänzer und Festivalbesucher) entern zum Seed-Track HaleBopp die Bühne und feiern was das Zeug hält. Und mittendrin der Zeremonienmeister Peter Fox. Pünktlich nach 75 Minuten ist die Party dann auch schon wieder vorbei, um die Bühne für die Altmeister Billy Talent zu bereiten.

Der Abend schreitet voran und ich bin erstaunt, wie entspannt die Atmosphäre doch ist. Es ist heiß, es ist trocken und es ist staubig. Aber alle sind glücklich.

Um 23.00Uhr, pünktlich wie die Maurer, starten Billy Talent dann durch. Die Bühne ist eher dunkel gehalten und so steht Frontman Benjamin Kowalewicz im grellen Scheinwerferlicht und es kommt bei mir ein wenig Wehmut auf. Jahrelang habe ich auf diesen Moment gewartet, endlich mal diese Band live zu sehen. Und ich und die geschätzten 40.000 anderen Zuschauer vor der Forest Stage (Hauptbühne) werden nicht enttäuscht. Eine Setlist quer durch die vergangenen fast dreißig Jahre Bandgeschichte. Der Laden feiert und rockt. Und Benjamin überrascht mit seiner verdammt guten Stimme. Aber auch Ian D’Sa an der Gitarre, bei dem ich immer wieder an Robbie Williams denken muss, und Jonathan Galant am Bass machen eine verdammt gute Figur. Rock ‘n’ Roll lebt.

Doch schnell rüber zur River Stage. Ein großer roter Samtvorhang hat schon etwas Feierliches. Eigentlich stehe ich ja überhaupt nicht auf deutschen Sprechgesang, gepaart mit Indierock. Und wenn dann auch noch Kraftklub dahintersteht, würde ich am liebsten gehen. Bis zu diesem Abend konnte ich mit Felix Kummer absolut nichts anfangen. Die Musik ist okay aber der Sprechgesang von Kummer? Nee, lass mal. Aber irgendetwas ist an diesem Abend passiert. Die Bühne bietet einen Anblick der eher einer Fabrikhalle in einem Terminator-Film gleicht. Das Licht kommt von hinten in rot und es ist schwer, die einzelnen Gestalten auf der Bühne zu erfassen. Natürlich wird auch dieses Set genau durch getaktet sein aber Kraftklub kommen für mich überraschend frisch und spontan rüber. Egal ob Kummer bei Fahr mit mir (4×4) – ohne Bill Kaulitz, sich beim Tanzen eigentlich die Arme ausrenken müsste, oder das obligatorische Bad in der Menge. Kraftklub begeistern die Fans zur späten Stunde und sogar ich bin fast schon traurig, dass der erste Festivaltag für mich so schnell zu Ende geht.

Weblinks HURRICANE FESTIVAL:

Facebook: https://www.facebook.com/hurricanefestival
Official: https://www.hurricane.de

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