Mit Jack Vegas veröffentlichten Agent Side Grinder vor zwei Wochen ein neues Studioalbum. Emanuel Aström, Johan Lange und Peter Fristedt bedienen darauf erneut Liebhaber düsterer elektronischer Klänge. Stellenweise komplex, dann wieder eingängig, stellenweise poppig, dann wieder sperrig präsentiert sich das Trio auf der Platte. Mitverantwortlich war dafür sogar ein früheres Bandmitglied. Über die Platte und vieles weitere sprachen die Schweden mit uns.
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
Bevor wir zu Jack Vegas kommen, erstmal ein kleiner Blick in die Vergangenheit. Wie habt Ihr die Pandemie mit den damit einhergehenden Auftrittsverboten überstanden und wie habt Ihr Euch damit gefühlt?
Johan: Um ehrlich zu sein, traf uns die Pandemie sogar rechtzeitig. Wir waren nach dem Release unseres Albums A/X sehr viel auf Tour und brauchten eine Pause, um uns unter anderem auf neue Songs fokussieren zu können. Aber, nach einem Jahr, wurde es dann doch ziemlich hart, gerade aus finanzieller Sicht.
Aber jetzt geht es ja wieder los, mit einem neuen Album. Wer ist eigentlich Jack Vegas?
Emanuel: Der Name ist offen für Interpretationen, eine Saat für verschiedene Vorstellungen und das würden wir gerne so beibehalten. Teil des Ganzen ist allerdings, dass er für Schweden eine andere Bedeutung hat als für den Rest der Welt. (Google sagt: Es gibt in einem Stockholmer Hotel Spielautomaten dieses Namens, Anm. d. Red.)
Wahrscheinlich denken viele Menschen beim Lesen des Namens an Glücksspiel – seid Ihr diesbezüglich aktiv?
Emanuel: Ich habe tatsächlich schon mal ein paar Hände gegen einen World Series of Poker-Champion gewonnen. Mehr aber nicht.
Für die Platte habt Ihr mit Ex-ASG-Mitglied Henrik Sunbring (2017 ausgestiegen) zusammengearbeitet – wie kam das und wie war die Atmosphäre im Studio?
Emanuel: Henrik ist ein wundervoller Produzent und hat die Geduld eines Elefanten oder wie man das eben so sagt. Er war die offensichtliche Wahl, weil wir diesmal eine etwas “nacktere” Herangehensweise wollen als bei der Arbeit an A/X.
Sind weitere gemeinsame Arbeiten mit Ex-Mitgliedern geplant?
Johan: ASG ist jetzt eine stabile Formation, also gibt es für uns keinen bestimmten Grund, noch tiefer in der Vergangenheit zu graben. Aber nichts ist unmöglich. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht, wieder mit Henrik zu arbeiten.
Jack Vegas markiert, so denke ich, wieder einen Wendepunkt in der musikalischen Ausrichtung von ASG. Auf A/X erklangen viele Acid-Sounds, die sind nun komplett weg. Stattdessen hört man viele, wir würden im Deutschen wohl sagen, “Sägezahn-Bässe” – wie kam das?
Emanuel: A/X war seinem Wesen nach ein vollelektronisches Album, da halfen die Acid-Klänge sehr gut, um die Geschichte zu erzählen. Nun entschieden wir uns für eine organischere Herangehensweise, mit Raumklang, alten Verstärkern, Piano und dem Röhren des Moog-Basses.
Johan: Wir versuchen immer, einen perfekten, harten Synthklang für unsere Songs zu finden. Auf dieser Platte doppelten wir mehrere Synths und jagten sie durch die Verstärker, um den für uns richtigen Klang zu erhalten.
Der Titelsong ist mit seiner über sieben Minuten langen Monotonie eine Art “Stream Of Consciousness”-Lied. Kurz nach der Vier-Minuten-Marke setzt zudem ein Piepton ein, fast im Stile von Aphex Twins Stück Ventolin – war das ein Einfluss?
Johan: Ich kenne Ventolin, aber hatte die Gemeinsamkeit zu Jack Vegas nicht auf dem Schirm. Dass es final so klingt, geschah nicht aus Absicht. Nachdem wir jetzt so viele Jahre in dieser Band sind, ist es für uns auch völlig normal, dass Pieptöne, Noise-Elemente und Ähnliches Teil unserer Musik sind. Ich nehme sie manchmal kaum noch wahr.
Zum Visuellen: Das Video zur ersten Single Waiting Room wurde in einer früheren Psychiatrie gedreht. Wie fühlte sich der Dreh in einer solch kalt wirkenden Umgebung, manche würden gar “Lost Place” sagen, an?
Johan: Naja, der Song spielt in einem Krankenhaus, also fühlte es sich naturgemäß sinnvoll an, das Video in so einer Umgebung zu drehen. Dieses bestimmte Haus ist in Schweden eine sehr bekannte Einrichtung, viele bekannte Verbrecher wurden hier im 20. Jahrhundert behandelt. Da steckt eine Menge Geschichte drin. Es war schon ein wenig unheimlich dort, gerade zu späterer Stunde am Nachmittag, als es dunkel wurde. Es gibt keine Elektrizität da drin, wir mussten ständig den Blitz der Kamera benutzen. Dazu lag da viel Müll, gebrochenes Glas und alles ist mit Graffitis vollgeschmiert. Ach ja, und es war höllisch kalt.
Wärmer wird es sicherlich bei kommenden Liveshows. Anfang 2024 geht Ihr mit den Gothrockern Then Comes Silence auf Tour durchs Vereinigte Königreich – was steht für Deutschland an?
Johan: Wir freuen uns sehr, bald mit TCS unterwegs zu sein, wir sind befreundet, seitdem wir unsere Bands gegründet haben. Und ich hoffe, dass deutsche Booker an dieser Combo ebenfalls interessiert sind. Im Herbst touren wir erstmal durch Kontinentaleuropa. Ich glaube, Münster, Berlin und Dresden (Cold Waves Festival) sind aktuell gebucht. Aber haltet die Augen offen für mehr 😉
Es sei Euch zu wünschen, dass es dann besser läuft als bei einem Eurer letzten Gigs hier. Beim E-Tropolis in Oberhausen musstet Ihr im vergangenen September die Show abbrechen – was war los?
Johan: Wir hatten keinen Sound auf unseren Monitoren. Das machte es quasi unmöglich, zu performen. An manchen Stellen bekamen wir stattdessen unfassbar lautes Feedback auf die Ohren. Es war ein Desaster und das erste Mal überhaupt, dass wir ein Konzert mittendrin abbrechen mussten. Der Monitor-Techniker musste einen schrecklichen Tag gehabt haben, viele Bands hatten dort Probleme.
E-TROPOLIS FESTIVAL 2022 – Oberhausen, Turbinenhalle (24.09.2022)
Letzte Frage: Gibt es die Chance, das beste Saxofon-Solo der Synthie-Pop-Historie auch mal live in Deutschland zu hören?
Johan: Wow, danke. Wir hoffen, dass wir unseren Saxofonisten Gustav in der Zukunft mal mit auf Tour nehmen können. Bis das möglich ist, sind deutsche Saxofonisten aber herzlich eingeladen, uns für ein kurzes Gastspiel bei unseren Konzerten zu kontaktieren 😉
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