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ENTER SHIKARI / BLACKOUT PROBLEMS – Köln, Luxor (08.04.2023)

ENTER SHIKARI / BLACKOUT PROBLEMS - Köln, Luxor (08.04.2023)

Enter Shikari

Luxor???” Vermutlich hielten Fans von Enter Shikari diese Ankündigung seinerzeit für einen Scherz. Ja, tatsächlich wollte die experimentierfreudige Electro-Rockband aus St. Albans, England einige Konzerte in sehr intimen Venues spielen, die deutlich kleiner sind als von anderen Touren gewohnt. In den gleichen Genuss kamen wenige Tage zuvor schon Fans in Hamburg und Brüssel. Karten gab es nur im Vorverkauf für diejenigen, die im offiziellen Band-Onlineshop das neue, am 21. April erscheinende Album A Kiss For The Whole World vorbestellt haben – und dann auch nur wenige Minuten lang. Alle drei Gigs auf dem europäischen Festland waren in unter einer Stunde ausverkauft. Damit war klar: Am diesem Samstagabend versammelten sich in der Domstadt einige Hundert Hardcore-Fans. Eine gute Basis für eine Band, um eine eher besondere Setlist zu spielen. Und genau das sollten Enter Shikari später auch tun.

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Zunächst war es aber an Blackout Problems, die Stimmung anzuheizen. Soviel vorweg: Das gelang den Münchnern vortrefflich. Stilistisch irgendwo zwischen Alternative und Punkrock liegend, versteht es das Quartett, eingängige Songs zu schreiben, die mit überhöhter Geschwindigkeit ins Ohr gehen. Zudem schienen, den Reaktionen aus den vorderen Reihen nach zu deuten, auch einige Fans im Publikum zu sein, denen Songs wie Murderer und Brother vom dritten Album Dark bekannt waren. Zwischendurch nahm sich Sänger Mario Radetzky Zeit, um ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern. Sie sind schon seit vielen Jahren große Enter-Shikari-Fans und hätten sich immer wieder beworben, um diese einmal supporten zu dürfen. Doch wie das in der Musikbranche so ist: Hat man keine gemeinsame Bookingagentur oder ist nicht bei derselben Plattenfirma, wird es schwer bis unmöglich, gemeinsam zu touren. Doch nun wurde der Traum doch wahr, vielleicht auch dank gütiger Mithilfe von Gitarrist Rory Cleylow, der später erwähnte, wie großartig er die Musik von Blackout Problems doch findet.

Und nicht nur das: Zu Glofs, einem neuen Stück, (Achtung Wortwitz!) enterte gar Shikari-Frontmann Rou Reynolds unter frenetischem Jubel die kleine Bühne. Mal abwarten, ob und wann der gemeinsame Song in Studiofassung erscheinen wird. Nach 30 Minuten und dem hymnischen Germany, Germany war Schluss – gut möglich, dass Blackout Problems sich im Luxor einige neue Anhänger erspielt haben. Die kontaktfreudige Performance des Sängers, der für einige Einlagen ins Publikum abtauchte, tat ihr Übriges.

Blackout Problems
Setlist BLACKOUT PROBLEMS @ Köln, Luxor (08.04.2023)

01. Murderer
02. Brother
03. Lady Earth
04. Glofs
05. Rome
06. Germany, Germany

Während der Umbaupause erlaubte sich die Crew offenbar einen kleinen Scherz. Oder war die Playlist, die wirklich keine noch so totgenudelte, käsige 80er-Hitnummer ausließ, etwa doch böse Absicht? Nach lautem Mit-Gejaule der Refrains von Totos Africa, a-has Take On Me und Whitney Houstons I Wanna Dance With Somebody in allen möglichen und unmöglichen Tonhöhen, standen Enter Shikari pünktlich um 20 Uhr (der vergleichsweise frühe Beginn war durch eine später im Club stattfindende Party begründet) auf der Bühne, die für große Produktionen viel zu klein ist. Anspruchsvollere Bauten und Projektionsflächen, wie man sie beispielsweise bei der vergangenen Tour im Dezember zu sehen bekam, waren hier nicht möglich. So beließ es die Band bei einer Konstruktion aus mehreren dünnen Lichtsäulen, die bunt angestrahlt wurden.

Klar wurde allerdings ganz schnell, dass es hier nicht um Showelemente ging, sondern um ungekünstelte Emotionen und enge Verbindungen zwischen Band und Fans, die in der heutigen Rockmusikwelt selten geworden sind. Gut, dass es zwischen Bühne und Publikum einen kleinen Graben gab, der es zwei Securitys erlaubte, problemlos ihrem Job nachzugehen und die zahlreichen Crowdsurfer*innen locker aus der eskalierenden Masse herauszuholen. Dass in winzigen Clubs – und das ohnehin enge Luxor hat zudem noch eine sehr tiefe Decke – bei Konzerten härterer Gangart gerne mal jemand im Moshpit umkippt, ist ja keine Seltenheit. So aber blieb die Atmosphäre aller Energie zum Trotz eine überaus angenehme und die Stimmung bestens. Dies im Gegensatz zum Abend in Hamburg, wo Enter Shikari ihre Zugabe wegen eines Notfalls vor der Bühne unterbrechen mussten.

Crowdsurfen bis zum letzten Ton

Eben erwähnter Graben war aber kein Grund für die Bandmitglieder, nicht relativ zügig den direkten Körperkontakt zum Publikum zu suchen. Es vergingen keine drei Songs, da kletterte Rou Reynolds direkt zu den Fans herüber. Und das sollten er und Gitarrist Rory in den folgenden 80 Minuten auch noch des Öfteren tun – einen Song sang der Frontmann später gar auf der Theke stehend. Die Euphorie überdeckte auch, dass handwerklich hier nicht immer alles glatt lief. Rou verliert beim Crowdsurfen das Mikro, es ist kein Gesang zu hören – niemanden interessiert’s. Rory ist beim Crowdsurfen nicht mehr in die Lage, sein Instrument zu bedienen – niemanden interessiert’s. Drummer Rob Rolfe kommt einmal mächtig aus dem Takt – niemanden interessiert’s. Außer Frontmann Reynolds, der seinem Schlagzeuger daraufhin ein scherzhaft-liebevolles “Motherfucker!” entgegnete, dies unter dem Gelächter der Fans.

Die zeigten sich über die gesamte Dauer des Konzerts überaus textsicher. Und das bei einer Setlist, die beliebte Hits weitgehend aussparte und stattdessen auf Raritäten wie Hectic, Radiate, Labyrinth oder System… Meltdown setzte. Dazu gesellten sich drei Stücke von der neuen Platte – da (Pls) Set Me On Fire, Bloodshot und It Hurts allerdings allesamt bereits als Singles veröffentlicht wurden, schallte auch da ein lauter Chor durchs nicht allzu weite Rund. Lediglich der mehrfach lautstark geäußerte Wunsch nach der seinerzeit mit einem großartigen Musikvideo versehenen Abrissbirne Slipshod blieb leider auch in der Zugabe unerfüllt, die Rou mit unbekleidetem Oberkörper und einem akustisch dargebotenen Stop The Clocks eröffnete. So war wenige Minuten später nach dem unvermeidlichen Live Outside wie gewohnt Schluss. Ein erfüllender Abend für Band wie Fans. Reynolds hatte noch einige besonders nette Worte für die Fans übrig (“To everyone here who’s been there from the very beginning – thank you! To everyone here who recently got into us – Welcome! We love you!“). Die einzigen, die sich am Geschehen vermutlich störten, waren die Gäste der um 23 Uhr startenden Party im Luxor – dass der unfassbar konzentrierte Schweißgeruch in der Luft sich bis zum Einlass verzog, ist doch sehr unwahrscheinlich.

Setlist ENTER SHIKARI – Köln, Luxor (08.04.2023)

01. (Pls) Set Me On Fire
02. Juggernauts
03. The Dreamer’s Hotel
04. Halcyon
05. Hectic
06. The Void Stares Back
07. It Hurts
08. Satellites
09. The Pressure’s On
10. Bloodshot
11. Labyrinth
12. Radiate
13. “Quickfire Round”-Medley: Havoc B/Bull/The Last Garrison/Sorry You’re Not A Winner (Pendulum Remix)
14. Stop The Clocks (Akustik)
15. System …Meltdown
16. Live Outside

Weblinks Enter Shikari:

Homepage: www.entershikari.com
Facebook: www.facebook.com/entershikari
Instagram: www.instagram.com/entershikari

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