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DEPECHE MODE – Memento Mori

DEPECHE MODE - Memento Mori

Depeche Mode - Memento Mori

Depeche Mode sind zurück. Wer hätte das gedacht? In der Zeit der Pandemie haben die Jungs aus Basildon an neuem Material gearbeitet. Martin Lee Gore hat sich Hilfe von Richard Butler (Psychedelic Furs) geholt und auch Dave Gahan hatte kompositorische Unterstützung von Peter Gordeno und Christian Eigner. Doch dann kam am 26. Mai 2022 der Schock: Depeche Mode Keyboarder (und bester Freund von Martin) Andy Fletcher verstarb im Alter von 60 Jahren an einem Riss in der Hauptschlagader, noch bevor er die neuen Stücke hören konnte. Die Band und die Fans trauerten um „Fletch“ und viele sagten das Ende der Band voraus. Doch Mart und Dave gingen ins Studio und vollendeten das Album als Trauerbewältigung. Und das Ergebnis kann sich hören lassen, denn so frisch und motiviert klang die Band seit einigen Jahren nicht mehr.

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Hämmernde, verzerrte Drums, industrielle Sounds und ein wummernder Bass – so beginnt der Opener My Cosmos Is Mine, bevor Dave Gahans Baritonstimme ertönt. Und damit ist man direkt im Kosmos von Memento Mori gefangen. Hat man sich erst an den psychedelischen Klang des Songs gewöhnt, überrascht der Track mit einem anfänglich von Martin Lee Gore gesungenen, eindringlichen Chorus: „No war, no war, no war, No more, no more, no more, no more…“, bis Gahans Stimme langsam eingeblendet wird. Erinnerungen an den Sound vom Album Black Celebration (1986) werden wach. Wagging Tongue übernimmt anfänglich die Form von Europa Endlos der Düsseldorfer Electrohelden Kraftwerk, um sich später in typischer Depeche Mode Manier zu entwickeln. Hier kommt zum ersten Mal die geniale Symbiose der Stimmen Gores und Gahans durch, (die erstmals einen Song zusammen geschrieben haben), bevor im Mittelteil wieder eine Kraftwerk-esque Melodie ertönt – Welcome to the 70s. Nun wird es Zeit für Ghosts Again, die erste Singleauskopplung des Albums. Der Track, von Martin und Richard Butler komponiert, ist ein typischer DM-Titel, der direkt aus den 80ern stammen könnte. Hier wird textlich bereits das Grundthema des Albums angeschnitten, nämlich unser aller Sterblichkeit, aber – und das ist typisch für die britische Band – in melancholisch-süßer Form. Ein Ohrwurm für die Ewigkeit, einzureihen zwischen Enjoy The Silence und Precious, also jetzt schon ein Klassiker.

Der Moment um Luft zu holen ist gekommen, denn Don´t Say You Love Me tritt auf die Bremse, um atmosphärische Steel Guitars mit flackernden Synthsounds sowie Geigen zu paaren. Der Track von Gore/Butler entwickelt sich während seiner kurzen Laufzeit zu einem eindringlichen Lament, der sich tief in die Gehörgänge schraubt und einen nicht mehr entlässt. My Favourite Stranger, wieder von Dreamteam Gore/Butler erschaffen, überrascht durch Postpunkgitarren, einem treibenden Synthbass und Industrialsounds. Hier muss man unweigerlich an Joy Divsion denken, denn die Atmosphäre ist hier ähnlich gelagert. Beim Hören erscheinen sofort Schwarz-Weiß Bilder eines Independent-Films vor Augen, so cineastisch ist der Track. Und obwohl das Gehörte recht sperrig ist wie eine alte Couch, bleibt er im Ohr und das ist ganz großes Kino. Auf jeder Platte muss mindestens eine Martin-Gore-Ballade sein, so lautet das elfte Gebot. So sei es. Gores Beitrag Soul With Me ist wieder mal ein leicht kitschiges, gefälliges Werk geworden. Dennoch gefällt er mit seinen an Nik Kershaw erinnernden Sounds und rockiger, zurückhaltender Gitarre.

Caroline´s Monkey, ein Song über Drogensucht ist eher ein Stück, bei dem der Text über allem steht. Zusätzlich gibt es lange, düstere, treibende Strophen und einen Chorus, der den Hörer aus der morbiden, sorgsam aufgebauten Stimmung hebt, bevor ein schräger Chord-Wechsel dieses Klima wieder einstürzen lässt. Minimalistische Eleganz par excellence. Ein Stück aus dem Autorenteam Gahan, Gordeno, Eigner muss sich nicht vor dem großen Komponisten Gore verstecken, denn Before We Drown ist ein fantastischer Song geworden, der sehr gekonnt mit Gefühlen spielt. Hier wird einem die Macht der Musik klar. Die gute Produktion von John Ford und Marta Salogni (The XX, Goldfrapp) geben ihr Bestes, um den Song so richtig groß werden zu lassen. Chapeau!

Kraftwerk, die zweite: People Are Good atmet eine große Portion Computerwelt ein, so sehr dass einem schwindelig wird. Hier hat die Band sich stark inspirieren lassen, aber das ist mehr als okay, denn die Produktion ist so treibend elektronisch, dass der Song einfach Spaß macht und man große Lust empfindet, mit dem Fahrrad um den Block zu fahren. Und hört man nicht sogar ein Sample-Zitat aus I Feel You in dem musikalischen Arrangement? Bei Always You ist sofort klar: DAS ist Depeche Mode und so sollten sie klingen. Die Gänsehaut krabbelt einem den Rücken hoch und die Augen werden feucht. Alle Zutaten sind da: Eine wunderschöne Melodie, warme Melancholie, ein starker Refrain und Dave und Martins genialer Gesang machen den Song zu einem keinen Meisterwerk, der sofort nach Zugabe ruft. Bitte DM: Spielt den Song auf der kommenden Tour!

Never Let Me Go rufen Dave und Mart und wir sagen natürlich „Niemals!“, denn der Song wird durch rockig-verzerrte Gitarrensounds, knarzende Bässe und einer betäubende Eindringlichkeit dargeboten, dass man kaum Luft bekommt. Hört man hier nicht auch am Ende des Stückes ein Zitat aus Fragile Tension vom Sounds Of The Universe Album von 2009? Eine weitere Behandlung des Themas Drogen (dieses mal aus Daves Sicht) ist der Ausnahmetrack Speak To Me. Der finale Song des neuen Albums beginnt mit nachdenklichen Vocals von Gahan und getragenen Synthflächen, bevor er sich langsam zu einer Wall of Sound steigert, bei der man fast die Orientierung verliert. Bilder eines David-Lynch-Films flimmern vor dem inneren Auge, der Beat steigert sich und wird deutlicher, schräge Soundlandschaften öffnen sich, bis der Zuhörer nach dem abrupten Ende wieder in die Gegenwart und ins Hier und Jetzt katapultiert wird. Denn nun ist es klar wie Glas: Depeche Mode sind zurück. Und sie sind relevanter als je zuvor!

Fazit: Memento Mori ist ein mit vielen Anspielungen auf ältere Songs der Band und mit vielen Zitaten gespicktes Album. Kongenial produziert von Ford und Salogni, abwechslungsreich durch verschiedene Autoren und von der klaustrophobischen Atmosphäre her an Black Celebration und Ultra erinnernd.

Andrew John Fletcher, 1961-2022. In our hearts and minds. Dave & Martin

Tracklist DEPECHE MODE – Memento Mori

01. My Cosmos Is Mine
02. Wagging Tongue
03. Ghosts Again
04. Don’t Say You Love Me
05. My Favourite Stranger
06. Soul With Me
07. Caroline’s Monkey
08. Before We Drown
09. People Are Good
10. Always You
11. Never Let Me Go
12. Speak To Me

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