Da musste zunächst einmal ein bisschen Grundlagenforschung her. Denn, so viel Ehrlichkeit muss an dieser Stelle sein: Als Max Testory mich erstmalig auf A Wedding Anniversary und die geplante Show in Wien, 35 Jahre nach der Bandgründung, ansprach, war er mir eigentlich vor allem durch Die Kammer bekannt. Also ein bisschen geguckt, gesucht, gehört, gemerkt: Das kann sich ziemlich hören lassen, was da vor ein paar Jahren mal in Sachen Gothic Rock auf die Beine gestellt wurde und jetzt aus seinem Dornröschenschlaf geholt werden sollte. Da konnte man guten Gewissens einer Präsentation zustimmen und vor allem sollte man auch eine Reise nach Wien einplanen, um diesem einmaligen Event in der Szene Wien beizuwohnen.
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Bereits vor dem Einlass um 19:30 Uhr zeigte sich vor dem Club eine beachtliche Schlange und man spürte, die Vorfreude ist groß. Die Beteiligten zeigten dies bereits in den Tagen zuvor auf ihren Social Media-Accounts, vor dem Club lag sie ebenfalls in der Luft an diesem ausverkauften Abend. Einem Abend, der für die meisten mehr war als ein Konzertabend. Eher lag die Atmosphäre eines Klassentreffens in der Luft, denn nicht nur im Publikum kannten sich viele, auch zwischen Bands und Publikum lag eine sehr verbundene Atmosphäre in der Luft. Und das nicht nur bei A Wedding Anniversary, sondern auch bei den anderen beiden Acts, die es an diesem Abend zu sehen gab.
Von „Vorbands“ mag man hier gar nicht sprechen, denn man spürte nicht, dass es solche gewesen wären – nur die Reihenfolge ließ es spüren. Aber schon Ballyhoo mit ihren satten Grunge-Sounds an der Nähe zum Alternative Rock haben mit ihrem Auftritt einmal gut durchgerockt und zeigten, warum sie es einst auch auf MTV geschafft haben – in Zeiten, als es dort noch Musik zu sehen gab.
Auch Totgeglaubt, an zweiter Stelle des Abends, sorgten für beste Unterhaltung. Thomas Guth, 2018 viel zu früh verstorben, hinterlässt natürlich bis heute eine Lücke, aber mit vielen Gästen präsentierten sie an diesem Abend einen schönen Auftritt im Spannungsfeld von Punk und Indie. Mit von der Partie waren u.a. Alexandra Wunderl (United Love Affairs), Rainer Krispel (The Clashinistas) und Peter Hein (Fehlfarben). Mit letzterem gab es als besondere Überraschung eine in der Form wohl einmalige Darbietung von Fehlfarbens Paul ist tot mit einem hervorragend gespielten Live-Saxofon aus den Reihen von Totgeglaubt.
Eindeutig, schon jetzt waren da viel Schönes und manches Highlight dabei. Ein letzter Umbau folgte, Patchouli-Duft durchströmte den Raum und dann sollte es losgehen: A Wedding Anniversary standen 28 Jahre nach der Auflösung wieder gemeinsam auf der Bühne! Eröffnet mit The Monks of the Isis durchströmte die Atmosphäre des Gothic Rocks der alten Schule die Szene Wien, treibende Klänge und das inhärente Sehnen, die Melancholie darin sorgten für Gänsehaut. Wäre ich damals dabei gewesen, würde ich an dieser Stelle vermutlich etwas wie „als wären sie nie weggewesen“ schreiben, aber auch so war schnell das besondere Band zwischen Musikern und Zuschauern zu spüren, die sich hier an diesem Abend gemeinsam wieder versammelten.
Diese besondere Stimmung wurde gut hochgehalten über den Abend und nicht nur die Stücke waren es, die dieses besondere Bands immer wieder zeigten, auch in den Ansagen spürte man es. Sänger und Gitarrist Max Testory nahm sich zwischen den Stücken gern die Zeit und erzählte etwas zu den Stücken, aber auch generelles zu diesem Abend. Zu den Linien, die sich lange Zeit verloren, die sich doch wieder kreuzten, aber auch denen, die nicht anwesend sein konnten, denen ebenfalls ein Stück gewidmet wurde. Mal war mit Ernst und Tiefgang, mal aber auch mit Humor wie bspw. vor Sex & Paranoia (sinngemäß: „so ist es bis heute geblieben“), immer passend und die Zuhörer einnehmend.
Stücke wie dieses, On A Wedding Anniversary, Asylum oder auch The Man from the Hills funktionieren auch anno 2023 ohne einen Ansatz von Staub. Kein Wunder daher auch, dass man besagtes letztes Stück Publikums-seitig nicht als Schluss akzeptieren wollte. Stattdessen kam die Band noch einmal für drei Stücke wieder, bevor Wild Child den Abend beendete. Unter Verbeugungen und großem Jubel verließ die Band die Bühne. Ein wirklich sehr starker Konzertabend nahm sein Ende. Hoffentlich einer, der kein „One-Off“ bleiben wird. Davon hat an diesem Abend aber auch niemand gesprochen und so ganz nebenher ist man auch noch mitten in der Veröffentlichung einer per Crowdfunding finanzierten Collector’s Edition. Es gibt also Hoffnung. Aber erst einmal wird dieser 18. März 2023 noch eine ganze Weile nachwirken!
Setlist A WEDDING ANNIVERSARY – Wien, Szene (18.03.2023):
01. The Monks of the Isis
02. On A Wedding Anniversary
03. Grain of Truth
04. Mystery
05. Eliot
06. Moment in time
07. Ceremony after a Fire-Raid
08. Sex and Paranoia
09. All in a weeks day
10. Asylum
11. In My Craft
12. The Man from the Hills
13. Giving Ground (Z)
14. Atlantis (Z)
15. Wild Child (Z)
Weblinks A WEDDING ANNIVERSARY:
Homepage: www.a-wedding-anniversary.com
Facebook: www.facebook.com/aweddinganniversary
Instagram: www.instagram.com/a.wedding.anniversary
Foto: Alexander Hirner