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FRONT 242 & NITZER EBB – Oberhausen, Turbinenhalle (21.01.2023)

FRONT 242 & NITZER EBB - Oberhausen, Turbinenhalle (21.01.2023)

Nitzer Ebb & Front 242 © Sandro Griesbach

Die Krupps und Nitzer Ebb – hatten wir. Front Line Assembly und Die Krupps – hatten wir mittlerweile sogar schon zum zweiten Mal. Front 242 und Nitzer Ebb – diese Kombo war bis vor wenigen Wochen ein unerfüllter Traum vieler EBM-Fans, zumindest im Live-Setting. Nun aber taten sich die beiden Genre-Schwergewichte nach fast vier Jahrzehnten gemeinsamer Existenz endlich für eine Tournee zusammen. Den Abschluss des fünf Termine umfassenden Deutschland-Blocks feierten knappe 2000 Fans in der gut gefüllten Turbinenhalle 1. Wenige Wochen zuvor wurde die Show von der kleinen in die große Halle verlegt – zum Glück, hätte in der T2 bei den erfreulich guten Vorverkaufszahlen doch absolutes Ölsardinen-Feeling geherrscht.

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So blieb aber genug Platz zum Tanzen, beginnend zu recht früher Stunde. Pünktlich um 19.15 Uhr startete der Nitzer-Ebb-Haus-und-Hof-Support Liebknecht. So kommt es einem zumindest langsam vor, eröffnete das Projekt von Daniel Myer und Rinaldo Bite doch allein in Oberhausen zum vierten Mal in dreieinviertel Jahren für Douglas, Bon und David. Kein Wunder, dass ein Stück auf der aktuellen Liebknecht-Veröffentlichung Fabrikat Oberhausen heißt – wobei Myer natürlich auch mit anderen Bands wie Haujobb öfter in der Ruhrgebietsstadt gastierte. Pumpender, rhythmischer Techno schepperte aus den Boxen, hier und da steuerte der Szene-Tausendsassa verzerrte Vocals bei. Die halbe Stunde Spielzeit verging wie im Nu, dann wünschte der Leipziger den Anwesenden “viel Spaß mit Front 242 und Nitzer Ebb” und war später am Merchandise-Tisch für einen Plausch zu haben.

Dann gab es zunächst Rätselrasten über die weitere Abfolge des Abends. Auf der Tour wechseln sich 242 und NEP mit ihren Slots ab, in Oberhausen war es an den Belgiern, vorzulegen. Kurz vor Beginn der Corona-Pandemie hatten Richard 23, Jean-Luc de Meyer, Patrick Codenys und Live-Drummer Tim Kroker ihr Live-Set komplett überarbeitet. Statt des berühmt-berüchtigten “Klack-Schlagzeugs”, mit dem Front 242 seit der Pulse-Ära unterwegs waren, sollten dank Steh-E-Drum-Set nun endlich wieder deutlich härtere Beats erklingen. Nach nur einem Auftritt in der Heimat am 7. März 2020 begann aber die fürchterliche Zeit, über die wir nicht mehr reden wollen. In Deutschland traten die “neuen alten 242” erst bei einigen pandemiegerechten Festivals im Folgejahr auf, unter anderem beim E-Tropolis an Ort und Stelle. Zwischenzeitlich wurde Sänger de Meyer auch noch ins Krankenhaus eingeliefert, mehrere Shows mussten abgesagt werden.

Nun aber waren alle wieder fit und munter. Bei wirklich stark ausdifferenziertem Sound begeisterten 242 mit vielen alten Hits, aber auch drei neuen Stücken. Generator, Deeply Asleep und Fix It passen vom Stil her gut ins Set, klingen kein bisschen altbacken und sind weit von den rockigen bis psychedelischen Experimenten auf den späteren Alben Fuck Up Evil, Evil Off oder Pulse entfernt. Alle drei Stücke sind überaus eingängig, tanzbar – und scheinbar fertig. Warum es immer noch keine reguläre Studio-Veröffentlichung der Lieder gab, wissen wohl nur die Bandmitglieder selbst. Sie mögen ihre Gründe dafür haben, schade ist das trotzdem. Drumherum waren es die Klassiker wie Take One, Funkahdafi, No Shuffle, das leider hinten raus etwas kastrierte Tragedy (For You) und natürlich Headhunter, die für beste Stimmung sorgten. Für Die-Hard-Fans hatte das Quartett aber auch noch was in petto. Mit Red Team und Agressiva ertönten zwei “Deep Cuts” des legendären 1987er-Album Official Version, das nicht wenige für das beste Werk der Bandgeschichte halten. Unter so frenetischem wie verdientem Jubel endete der Auftritt nach knapp 80 Minuten mit dem lautstark mitgesungenen Welcome To Paradise. Und auch wenn sicher manch eine(r) den Masterhit vermisst hat – das hat richtig Spaß gemacht!

langen

Setlist FRONT 242 @ Oberhausen, Turbinenhalle (21.01.2023)

01. First In/First Out
02. Take One
03. Don’t Crash
04. Funkahdafi
05. Generator
06. Quite Unusual
07. No Shuffle
08. Commando Mix
09. Red Team
10. Deeply Asleep
11. Operating Tracks
12. Tragedy (For You)
13. Fix It
14. Headhunter
15. W.Y.H.I.W.Y.G./U-Men
16. Moldavia
17. Agressiva
18. Welcome To Paradise

Auch Nitzer Ebb hatten zuletzt mit Personalsorgen zu kämpfen. Douglas McCarthy verpasste weite Teile des Live-Jahres 2022 aus gesundheitlichen Gründen. Bon Harris und David Gooday sagten die Gigs aber nicht ab – es kam zu Konzerten, bei denen Harris den Job des Shouters übernahm und den Job gar nicht mal so übel machte. Wer wissen will, wie das klingt: Hier geht’s zum professionellen Mitschnitt des Kultursenders Arte vom Auftritt beim Hellfest in Frankreich. Nun aber war der sonnenbebrillte Maestro wieder mit dabei, damit konnten auch gesanglich anspruchsvollere Lieder wie Come Alive oder I Give To You wieder ins Set zurückkehren.

Wie Front 242 experimentierten NEP in der jüngeren Vergangenheit mit ihrem Live-Setup. Mit dem reaktivierten Gründungsmitglied David Gooday und Band-Freund Simon Granger ging es 2019 zu viert auf Tour, die Lieder wurde im Stile eines DJ-Sets ineinander gemischt und bekamen einen deutlich technoideren Anstrich. Das war – man kennt die seit jeher puristisch veranlagte EBM-Szene – beileibe nicht jedermanns Sache. Vier Jahre danach ist Simon Granger wieder weg und es machte in der Turbinenhalle dem Anschein, als hätten Nitzer Ebb nun einen Mittelweg aus EBM-Hardliner-Service und Sound-Modifizierung gefunden. Immer noch ging eine Vielzahl der Songs mit leicht modifizierten Instrumentals und monoton vor sich hin pumpenden Interludes ineinander über. Andere Stücke wie der Opener Control I’m Here oder die später folgenden Lightning Man und Shame waren von den Originalversionen hingegen kaum bis gar nicht zu unterscheiden.

Der Klang war – wie schon bei Front 242 – angenehm fett, ausdifferenziert, nicht zu leise und nicht zu laut, was der Stimmung überaus zuträglich war. Neben den üblichen alten Hits gab es mit Get Clean eine Rarität aus den ganz frühen Tagen der Band sowie mit Payroll – seinerzeit auf dem Soundtrack zum Horror-Streifen Saw IV –  einen schon länger nicht mehr gespielten Song zu hören. So richtig in den Wahn tanzte sich ein Gros der Anwesenden dann gegen Ende, als alle drei großen Hits des Debütalbums That Total Age aufeinander folgten. Vor allem das in einer extralangen Version dargebotene Join In The Chant ist immer noch ein Garant für Extase. Und auch wenn Douglas McCarthy naturgemäß nicht mehr so über die Bühne fegt wie noch Ende der 80er, war hier spürbar “Fire! Fire! Fire! Fire!” im Raum.

Ein bisschen zu abrupt endete der Ausflug ins Stampf-Electro-Paradies danach mit I Give To You. Nach 14 Songs in 80 Minuten war Ende, auf das von Gooday bei vergangenen Konzerten mit voller Inbrunst gebrüllte Alarm in der Zugabe mussten die Fans ebenso verzichten wie auf ein gemeinsam von beiden Bands gespieltes Lied. Ein Join In The Chant mit Richard 23 am Mikro – das wäre es doch gewesen! Doch das soll nur ein kleiner Wermutstropfen und Meckern auf hohem Niveau sein. Front 242 und Nitzer Ebb bewiesen an diesem Abend viel Spielfreude, wurden jeweils zurecht unter lautstarken Beifallsbekundungen verabschiedet und unterstrichen einmal mehr ihre Ausnahmestellung in der Szene. Darauf ein dreifaches “Ah-Ugh”!

Setlist NITZER EBB @ Oberhausen, Turbinenhalle (21.01.2023)

01. Comtrol I’m Here
02. Hearts & Minds
03. Payroll
04. For Fun
05. Get Clean
06. Captivate
07. Getting Closer
08. Lightning Man
09. Come Alive
10. Shame
11. Join In The Chant
12. Let Your Body Learn
13. Murderous
14. I Give To You

Bebildert ist der Artikel von den Konzerten aus Langen und Oberhausen.

Weblinks NITZER EBB

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