Mit einer fulminanten Feuershow und dem Knall einer Konfettikanone begann das Mega Event (Zitat der Veranstalter: „Die Größte 80er Liveparty Europas“) in der Düsseldorfer Merkur Spiel-Arena, die mit 35.000 Leuten sehr gut gefüllt war. Das ganze sollte ein Familienfest von Musikfans jenseits der 50 werden. Einige Zuschauer hatten sich u.a. mit neonfarbenen Klamotten und Stulpen verkleidet, um ihr Lieblingsjahrzehnt zu feiern. Pünktlich um 16 Uhr erschien der Moderator des Tages, Peter Illmann, auf der Szene, begrüßte wie immer souverän die Zuschauer und moderierte den ersten Act an: den französisch-tunesischen Sänger F. R. David. David begann mit seiner neuen Single, einem rockigen Ohrwurm und er hatte die gut gefüllte Halle sofort im Griff. Hinter seinem Markenzeichen, der Sonnenbrille versteckt und gesanglich eher zurückhaltend, präsentierte er Time Is Not Mine, ein neuer Song von 2022, der sich gut ins Œuvre des Songwriters einfügte. Nicht lange mussten die Fans auf F.R. Davids ersten und einzigen Hit warten und bei Words sangen tausende Menschen im Raum mit, die perfekte Einstimmung auf folgende Ereignisse des Tages.
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Während der kurzen Umbaupause versüßte ein gutgelaunter DJ mit seinem stimmungsvollen Set die Wartezeit auf Cutting Crew. Die britisch-kanadische Band kam auf die Bretter und Sänger Nick van Eede begrüßte die Anwesenden in gebrochenem Deutsch, bevor er und seine Mannen I Waited So Long for You intonierte. Der balladeske Song verursachte sofort ein angenehmes Gefühl und Nick musste die Fans nicht lange überreden, um mitzumachen. Der sympathische Frontman teilte mit, dass er sich vor Weihnachten das Knie verletzt hatte, das konnte man ihm aber kaum anmerken, denn bei One For The Mocking Bird rockte er wie eh und je, ein absoluter Vollprofi also. I´ve Been In Love Before wurde perfekt mithilfe des String Ensembles des Berlin Show Orchestra umgesetzt. Umso romantischer wirkte der Track. Dem Kulthit (I Just) Died In Your Arms wurde ein extra langes Intro spendiert und schon lagen sich alle Verliebten in den Armen und sangen lauthals mit. Sehr schön war der Moment, als ein unerwarteter Break mit gefühlvollen Geigen den Song adelte, bevor der sein finales Tempo aufnahm und die Feuerfontänen der Pyrotechnik einem die Nase wärmten.
Als nächstes stand Mr. Marc Almond (Soft Cell) auf der Agenda und der Gentleman erschien wie eine Lichtgestalt in der Arena – mit Sonnenbrille und Anzug – und sang Torch, einen alten Soft Cell Klassiker von 1982, der Sound dabei minimal und transparent. Leider konnten die Zuschauer auf den Tribünen nur erahnen, wer vor der Band performte, denn auf den Videoleinwänden war nichts vom Geschehen – geschweige denn von Almond – zu sehen. Auch den Fotografen war es nicht gestattet, Bilder zu schießen – schade drum. Wie dem auch sei, Somethings Gotten Hold Of My Heart (Im Original gesungen von Gene Pitney) konnte man dennoch genießen. Der Strophenteil wurde durch passende Geigen untermalt und dies passte gut zur stimmungsvoll romantischen Show. Nun war es Zeit, den Song zu bringen, auf den wohl alle gewartet haben: Tainted Love. Angeblich von Almond geschrieben (Zitat Peter Illmann), ist der Track wohl das Aushängeschild des 80er Jahre Synthie-Sounds, hier aber vorgetragen in einer kauzig-jazzigen Version, die sofort in die Beine ging. Say Hello Wave Goodbye, einen weiteren Soft Cell Klassiker konnte das Publikum wörtlich nehmen, denn hiermit beschloss Almond leider bereits seine Darbietung.
Howard Jones, der Mann, der auch schon im Jahre des Herrn 1985 bei Live Aid seine Lieder präsentierte, war nun an der Reihe und New Song sollte sein Einstieg sein. Der feine Synthiepop Track konnte sofort überzeugen, während das Orchester im Hintergrund Party machte. Bei der Ballade No One Is To Blame begleitete er sich selber an den Keys und konnte zeigen, dass er nicht nur Meister an den Tasten ist, sondern auch eine tolle Stimme hat. Things Can Only Get Better ist im 1985er Original schon recht funky, an diesem Abend mit echtem Brass Sound umso mehr. Mit britischem Unterstatement vorgetragen, sorgte er für gute Laune und die Massen durften mit ihm „Ooh ooh ooh“-Chöre anstimmen. What Is Love, ist ein beliebter Track der 80er Jahre und einer der schönsten Songs der Dekade. Und jener musste natürlich ausführlich zelebriert werden und die Performance wurde von den Augen- und Ohrenzeugen mit angemessenem Applaus gewürdigt. Leider war der Auftritt nach gefühlten fünf Minuten zu Ende, aber die Tänzer und Tänzerinnen, die sich im 80er Jahre Outfit rhythmisch zur Musik bewegten, sorgten für Kurzweil in der Umbaupause.
Italopop Star Gazebo (Bürgerlich: Paul Mazzolini) verzichtete komplett auf Musiker auf der Bühne und begann ohne großes Intro mit seiner ersten Single Masterpiece. Der Song Lunatic folgte im Anschluss, der leider nur mit Synthie-Geigen zu hören war, obwohl gute Saitenspielerinnen im Orchester anwesend waren. Quasi eine verpasste Chance, dem Klassiker die gewisse Würze zu geben. Dennoch kam aufgrund der Tänzerinnen gute Laune auf. Was viele nicht wussten ist, dass Gazebo den folgenden Hit namens Dolce Vita für seinen Freund Ryan Paris geschrieben hat. Aber an diesem Abend performte Signore Gazebo himself den Track. Der Sänger genoss sichtlich die Aufmerksamkeit der Massen und kokettierte gekonnt mit den Kameramännern auf der Bühne und den Fotografen im Graben. Bei der Hymne I Like Chopin sah man vor dem geistigen Auge eine sich drehende Discokugel und Gazebo animierte die Fans zum alten „Hände in die Luft“-Spiel. Als Zugabe brachte er Baltimoras Song Tarzan Boy, klopfte sich dabei wie ein Orang Utan auf die Brust, während die Zuschauer den Tarzanschrei sangen. Gazebo war so davon überwältigt, dass er prompt den Songtext vergaß.
Die deutsch-französische Sängerin Sandra hatte Mitte der 80er Jahre (u.a. mit Hilfe ihres damaligen Ehemanns, dem Starproduzenten Michael Cretu) einige große Hits in Europa und heute sollte sie eben diese live auf die Bühne bringen. Sie teilte dem Publikum mit, dass sie gerade von Spanien nach München gezogen sei und versprach, das nächste mal wieder live zu singen. Es war demnach ehrlich offensichtlich Vollplayback zu performen. Ihr Auftritt begann mit ihrem größten Erfolg (I´ll Never Be) Maria Magdalena unterstützt mit ihren ukrainischen Tänzern, die den Song ästhetisch untermalten. Statt Hubert Kahs Stimme (wie im Original) kam auch leider der männliche Gesangspart vom Playback. Dennoch konnte man sich an Titeln wie Secrets of Love, Everlasting Love, Heaven Can Wait und In The heat of The Night erfreuen, da die neuen Arrangements die Klassiker frisch hielten.
Nun wurde es Zeit für Christopher Hamill aus Lancashire, Vereinigtes Königreich. „Wie bitte wer?“, werden sich nun einige Leser fragen. Gemeint ist der Mann, der in den 80er Jahren in vielen Teeniezimmern als Starschnitt an der Wand hing: Limahl. Der Brite erschien erst recht unscheinbar mit Too Shy auf der Bühne, dem Gassenhauer, der sich weltweit über vier Millionen Mal verkaufte. Doch der Schein trügte, denn schnell entfaltete der Sänger sein Können, erklärte auf Deutsch, dass der Song u.a. von Nick Rhodes (Duran Duran) produziert wurde. Only for love hieß es nun und man konnte feststellen, dass der Ladd es genoss, auf der Bühne zu stehen und durch eine coole Liveband bestärkt zu werden. Ooh To Be Ah und Neverending Story schlossen sich an und beim letztgenannten Track übernahm Domenica des Berliner Orchestra die weiblichen Backing Vocals. Der Song gewann in Staffel drei der Serie Stranger Things wieder an Bedeutung (so wie jüngst Running Up That Hill von Kate Bush in Staffel vier). Der Titeltrack zum Film Die Unendliche Geschichte verzauberte in dieser Version die ganze Arena und somit hatte Christopher alles richtig gemacht.
Die Stars gaben sich hier wirklich die Klinke in die Hand und ein weiterer war bereits so weit, die Arena zu rocken, nämlich Nik Kershaw. Fast bereit, sollte man sagen, denn Mr. Kershaw musste erst einmal sein Gitarreneffektgerät einstellen, bevor es losging. Aber dann war sofort Stimmung bei dem selbstironischen Song Wide Boy. Der Künstler fühlte sich sichtlich wohl mit dem Berlin Show Orchestra. Kein Wunder, denn die Musiker haben bereits des öfteren zusammen gejammt. Ein langes Military Drum Solo kündigte das geniale The Riddle an und spätestens zu diesem Zeitpunkt sang die Arena lauthals mit. Nik überzeugte auf ganzer Linie als er den Megahit Wouldn´t It Be Good brachte und der Track kam besonders gut mit echten Bläsern herüber. Ein langes, atmosphärisches Gitarrenintro wurde I Won’t Let The Sun Go Down On Me vorangestellt und erst dann erkannten die Fans das Lied, welches vom damals herrschenden Kalten Krieg handelt. Emotional wurde es, als die Musik plötzlich stoppte und ein riesiger Chor aus 35.000 Menschen den Hit mitsangen. Danke Nik, du hast die Show wieder gerockt!
Mit etwas Verspätung sollte nun Samantha Fox erscheinen und viele waren gespannt, was sie zu erwarten hatten. Ein langes instrumental Intro ertönte, dann schwebte die britische Dame auf die Bühne. Nothings Gonna Stop Me Now könnte auch das Lebensmotto der „Bravo Otto Gewinnerin 1986“ sein, so präsent und selbstbewusst wirkte sie an diesem schönen Abend in Düsseldorf. Leider konnte man ihre Vocals unter der Musik kaum hören, aber das war spätestens bei Only Wanna Be With You vergessen, denn wie die nette Nachbarin von nebenan redete sie mit dem deutschen Publikum und befriedigte das Publikum mit einer Anfangs langsamen, später rockigen Version von Do Ya, Do Ya. Natürlich war das Highlight der Top 5 Hit Touch Me (I Want Your Body) und den konnte natürlich jeder mitgrölen. Erstaunlicherweise war Sams Show echt gut und zeigt, dass das ehemalige Pin-Up-Girl aus Großbritannien schon immer als Künstlerin unterschätzt wurde.
Der Abend neigte sich so langsam dem Ende zu, aber die Musikfans zeigten keinerlei Ermüdungserscheinungen, was höchstwahrscheinlich daran lag, dass eine ganz besondere Band in den Startlöchern stand, nämlich Alphaville. Sänger und einziges noch aktives Gründungsmitglied Marian Gold und sein Keyboarder Carsten Brocker rockten zusammen mit Dance With Me los und Marian rief „Are you ready for the Show?“ Die Gruppe gab direkt so was von Gas, dass man kaum mithalten konnte und Herr Gold sang mit voller Inbrunst Big In Japan, ihren Megahit in modernisierter neuer Version. Alphaville brannten die Bühne ab und gaben als nächstes Sounds Like a Melody zum Besten. Es war schon erschreckend, wie viele geniale Songs diese Band geschrieben hat. Marian und die Bassistin Alexandra Merl standen vorne auf dem Steg und Marian heizte sie wiederholt mit den Worten „Gimme that bass now!“ an. Und es machte einfach Spaß dem Geschehen auf der Bühne zuzuschauen. Schlussendlich durfte man Forever Young, die 80er Hymne inhalieren, jeder Mund im Raum sang mit und ein Funkenmeer auf der Bühne und Gänsehaut bei den Fans brachte die Halle zum kochen. Leider nutzten die zu vernehmenden Zugaberufe nichts, denn die Band musste Platz machen für den Special Guest der 80er Show.
Nach der obligatorischen Umbaupause zeichnete sich aus dem Bühnennebel eine Erscheinung ab, nämlich ein in Ehren ergrauter und mit großer dunkler Brille geschmückter Holly Johnson, der ehemalige Frontman der 80er Skandaltruppe Frankie goes to Hollywood. Und der größte Hit dieser Band, nämlich Relax war das erste, was man man hören konnte. Die Version, die sehr nahe am Original interpretiert wurde, hatte immer noch so viel Energie wie damals und auch Holly, der sich mit einer Nebelmaschine in der Hand drehte, verkaufte den Track, der u.a. das Thema Masturbation behandelt, in absolut überzeugender Weise. Ein Sirenensound und ein schönes Geigenintro erklangen und Two Tribes dröhnte aus den Boxen. Johnson Stimme klang so perfekt wie damals auf LP und der Gentleman aus Liverpool unterhielt die Massen, als wäre er 20 Jahre alt. Endlich ohne Sonnenbrille brachte er seine Solosingle Americanos und das klang mit echten Bläsern einfach cool. Holly schwelgte in Erinnerungen und erzählte über die damalige Deutschland Tour von F.G.T.H. „We even went to Krefeld“, schmunzelte er und gab Rage Hard zum Besten. Die Stimmung war auf dem Siedepunkt, als das letzte Lied des Tages schallte, Johnson Lieblingssong: The Power Of Love. „Not only for Christmas“, sagte er das geniale Musikstück an und zum letzten Mal hörte man den Chor aus über 30.000 Stimmen.
Fazit: sehr abwechslungsreiche Show mit tollen Künstlern, leider mit teilweise mittelmäßiger Ton- und Videoqualität.
Das ganze Event soll am 23.03.2024 in der Veltins Arena in Gelsenkirchen getoppt werden. Bereits angekündigt sind folgende Künstler:
Bananarama, Alphaville, Sandra, Paul Young, Tony Hadley from Spandau Ballet , ABC, Samantha Fox und Boy George. Weitere Acts t.b.a.
Website: 80er-live.de
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Bilder: Michael Gamon