Wer legt eigentlich Scooter-Konzerte auf einen Wochentag? Wie macht man das als Besucher logistisch? Fängt man dann ab der Mittagspause auf der Arbeit mit dem Vorglühen an? Was, wenn man nur mit dem Auto zur Veranstaltung kommen kann? Fragen über Fragen, die man nicht beantworten kann, die aber dringenden Handlungsbedarf aufzeigen. Und was ist die Lösung? Scooter-Konzerte werden offizielle Feiertage. Die Alternative ist dann wohl nur Urlaub nehmen, was zumindest einige gemacht haben, wenn man sich in der Bahn zur ZAG Arena umhört. Zumindest so gut es geht. Zwischen dem mitgebrachten Soundsystem, welches das gesamte Abteil beschallt und den zischenden Bieren, die wohl das eigentliche Alkoholverbot in der Bahn übersehen haben, fällt das Hören schwer. Als dann die Haltestelle erreicht ist, gleicht das Öffnen der Tür dem Öffnen des Infields auf dem Wacken Open Air – nur der Boden ist weniger tückisch. Menschenmassen, bei denen man sich fragt, wo die überhaupt alle herkommen. Als einem dann der örtliche Bierverkäufer grölend mit offenen Armen entgegen kommt, ist man an dem Punkt angelangt, an dem man auch einfach wieder zurück in die Bahn steigen und den Tag abhaken kann. Heute hat man schon alles gesehen, und man war noch nicht einmal angekommen.
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Am Einlass ist das Bild nicht besser, aber konzentrierter. Niemand hat kein Getränk und niemand ist nüchtern. Schon von weitem hallt einem ein “döp döp döp” entgegen oder es wird eine Allee besungen. Hat man die Eingangsschlange überwunden, gestaltet sich die Platzsuche schwierig. Der Vorraum ist übersät von neuen Schlangen, die nur eines wollen. Richtig, Bier. Nah? Erkennt ihr ein Muster? All das scheint sich aber langsam zu legen, als um 20:00 Uhr DJ Picco auflegt. Mit Songs wie It’s my Life von Bon Jovi oder Seven Nation Army von The White Stripes – generell alles, was man laut mitgröhlen kann -, bringt er das Publikum in Stimmung, das eigentlich schon bereit war, bevor es überhaupt die Anreise gewagt hatte.
Als DJ Picco sein Set abgeschlossen hat, ist es schwer die Füße vom Boden zu heben. Ist es ein Omen, das einem mitteilen möchte, sich nicht mehr weg zu bewegen, da es bald losgeht? Oder ist es doch nur das verschüttete Bier, welches dringend wieder weggebracht und aufgefüllt werden möchte? Auch bei diesem Problem geben wir gerne eine Hilfestellung zur Lösung: Kunstrasen im Innenbereich. Klar, echter hilft auch, ist aber nicht praktikabel. Die Schlangen an den Ständen werden dabei immer länger und die Biervorräte an diesen weniger. Als diese wieder kürzer werden – OK streichen wir das, die Schlange wird nie kürzer – wird auch das Licht immer weiter heruntergefahren. Der Sprechchor setzt sofort laut ein, auch wenn sonst noch nichts weiter passiert ist. Es dauert noch ein paar weitere Minuten, bis die Musik stoppt und der Beginn gewiss ist.
Mit einem kurzen Intro per Videowall, welches nahtlos mit der ersten Pyro in God Save The Rave übergeht, starten wir in das Set. Die Fans stellen spätestens beim darauf folgenden One (Always Hardcore) ihre Textsicherheit unter Beweis, oder haben diese zumindest innerhalb weniger Momente wiedererlangt. Machen wir uns nichts vor, wer die letzten drei Absätze dieses Textes gelesen hat, hat schon festgestellt, dass der Abend nicht der anspruchsvollste ist und das gilt auch nicht für die lyrische Arbeit, die uns Scooter vor die Nase setzen. Aber das braucht es auch nicht. Kopf aus, mitgröhlen, tanzen und einfach mal nicht in Frage stellen, wie teuer der Fisch eigentlich ist. Einfach mal Corona und alles andere für einen Moment vergessen, wobei man an dieser Stelle FCK 2020 dann doch eine gewisse Tiefe zugestehen muss.
Anspruchsvoll hingegen ist die Bühnenshow. Die Lichtshow besteht aus gefühlt unzähligen Lampen, die Videowalls, die perfekt auf die Musik abgestimmt sind, spannen sich weit über die Bühne hinaus, es gibt immer wieder und vor allem viel Pyro und auf der Bühne tummeln sich neben den drei Künstlern mehrere Tänzerinnen, die das tun, was man von ihnen erwartet. Das macht auch die Anlage, sodass man sich teilweise echt die Frage stellen kann, ob es bei 5.500 ange- oder betrunkenen Menschen das beste ist, wenn der Bass einem parallel den Magen umdreht.
Während der Show gibt es immer wieder kleine Highlights. Mal sind das kurze Textpassagen, die nicht von HP, sondern den anderen beiden übernommen werden oder die bereits erwähnte Bühnenshow. Ein größeres ist, als HP zu Fire eine funkensprühende Gitarre auspackt und dem Song mit weiterer Pyro alle Ehre gemacht wird. An dieser Stelle muss man aber auch nochmal das Publikum erwähnen. Die Party ist ausgelassen, alles ist in Bewegung und alle Texte werden mitgegröhlt. Oftmals reicht es nur den Beat vorzugeben, wie bei How Much Is The Fish, und das Publikum ist sofort laut und deutlich zu hören. Eine Anlage scheint zeitweise überflüssig.
Ohne große Ankündigung oder überhaupt irgendwas zu sagen verschwinden Scooter schließlich von der Bühne, um sich mit Maria (I Like It Loud) zurück zu melden. Es folgen Friends und natürlich Hyper Hyper, die nochmal die letztens Reste Energie aus den Fans kitzeln, bevor wir in den Abend entlassen werden. Ein Ende der Feier ist jedoch nicht in Sicht. Vor der ZAG Arena wird noch weiter gesungen und auch in der Bahn ist Scooter zu hören. Hier jedoch direkt über die nicht dafür ausgelegten Boxen der Üstra, bei dem ein Fahrer von dem Konzert erfahren hat und uns solange weiter beschallt, bis sein Finger zum Aktivieren der Sprechanlage nicht mehr kann.
Auch wenn es in diesem Text vermutlich nicht ganz rübergekommen ist: Geht unbedingt mal auf ein Scooter-Konzert, auch wenn es nicht eure Musik ist. Die Lichtshow alleine ist das Geld wert und die Stimmung unter den Feiernden ist nicht zu beschreiben. Es ist eine große Party, die schon mit dem Tritt aus der eigenen Haustür anfängt und auch erst wieder endet, wenn man über selbige zurückkehrt. Außer natürlich man macht in den eigenen vier Wänden weiter. Achja, der Backfisch kostet 4,50 €, um die Frage zumindest für diesen Abend zu klären.
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