Das letzte Album F E A R, als Abkürzung für Fuck Everybody And Run, ist tatsächlich bereits sechs Jahre her. Zwischendurch gab es zwar Veröffentlichungen, aber bis zum neuen Studioalbum sind tatsächlich sechs Jahre vergangen. Stand der Vorgänger inhaltlich mit dem Brexit in Verbindung, so ist man auch auf An Hour Before It’s Dark wieder zeitgemäß unterwegs – was sich ebenfalls nicht auf den Sound bezieht, der eben vor allem nach Marillion klingt, sondern darauf, dass die ersten Arbeiten am Album in dem Zeitraum lagen, in dem die Pandemie begann. Und die Beschäftigung mit und Verarbeitung dieser spricht aus dem Album, das lässt sich nicht verleugnen, auch wenn es nicht immer explizit rauskommt.
Die Stücke sind wie gewohnt häufig lang und lassen sich in „Unterkapitel“ unterteilen, wie bereits der Opener Be Hard On Yourself, der die Band von seiner ihrer rockigen Seite zeigt, dabei gleichermaßen aber eine Mahnung darstellt an blindes Konsumverhalten. Ebenfalls in rockigen Gefilden geht es auch mit Reprogram The Gene weiter, das auf der einen Seite mit Tempo nach vorne geht, dem auf der anderen Seite aber auch eine Melancholie innewohnt, die man jedoch nicht negativ deuten sollte. Eher ist der Grundtonus des Albums trotz allem, was einen dieser Tage so beschäftigt, eher ein optimistisch gestimmter als ein „trauernder“. Das spürt man auch in Moll.
Es darf aber auch schon mal balladesk werden. The Crow And The Nightingale beispielsweise ist so ein Moment, in dem es ruhig zur Sache geht. Mit Piano und Streichern, aber auch Gitarrensolo-Momenten kann man sich hier treiben lassen, ganz ohne, dass Langeweile aufkäme. Trotz der Ruhe des Stückes ist es ein opulentes Arrangement geworden, das unaufdringlich in die Breite geht. Dass trotz breitwandiger Kompositionen und vielen Schichten kein Gefühl der Aufgeblähtheit aufkommt, darf dabei auch als eine große Stärke des Albums gewertet werden. Dies setzt sich auch in Sierra Leone, das ebenfalls sehr viele balladeske Momente hat, so fort.
Zum Ausklang des Albums werden mit dem 15-minütigen Care noch einmal alle Register gezogen. Ein großes Rock-Arrangement, das einen klaren Bezug zur Pandemie herstellt, Bilder von Patienten hervorruft, Erhaltungsmedikamente besingt und auch eine Art Hymne an Pflege- und Gesundheitskräfte darstellt. Mit zwar nur sieben Stücken, aber dennoch einer Spielzeit von knapp 55 Minuten hinterlassen Marillion ein starkes Rock-Album, das in der heutigen Zeit vielleicht ein wenig entrückt wirken mag und dabei dennoch absolut auf den Punkt ist. Sehr stark!
MARILLION – An Hour Before It’s Dark:
01. Be Hard On Yourself
02. Reprogram The Gene
03. Only A Kiss
04. Murder Machines
05. The Crow And The Nightingale
06. Sierra Leone
07. Care
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