Ja, worauf wartet sie denn? “I’m waiting for, waiting for, waiting for …” säuselt Kanga auf ihren zweiten Album You And I Will Never Die immer und immer wieder in verschiedenen Tracks, vom Opener bis zum passend betitelten Vorschluss-Track Waiting. Wer die Platte hört, kommt zu dem Schluss, wohl vor allem darauf zu warten, diesen so modernen wie knalligen Darkwave-Sound nach Pandemie-Ende endlich live hören zu können. Kurzum: Diese zehn Songs, ergänzt durch ein Intro und ein Interlude, gehören auf Konzert-Bühnen oder zumindest auf Goth-Disco-Tanzflächen.
Kristallklar und fett pumpen die Beats aus den Boxen, produziert von Justin McGrath (dem einen oder anderen wohl bekannt für seine Zusammenarbeit mit u.a. Puscifer und Nine Inch Nails) und Brett Romnes (Brand New) bringt die Kalifornierin hier ein rund dreiviertelstündiges Werk, das laut gehört werden sollte. Zu den mächtigen Drums kommen teils liebliche, teils knarzige Synthies, einige geschickt eingesetzte Melodien und Kanga meist etwas verhallter und zurückgezogener Gesang. Spoiler: Bis sich die meisten Songs im Gehör festsetzen, dauert es einige Durchgänge. Die hier verlinkte Single Godless ist die berühmte Ausnahme von der Regel.
Aber wie das bei den wirklich guten Alben eben oft so ist: Man entdeckt Durchlauf für Durchlauf etwas Neues – und auf You And I Will Never Die vor allem das Gespür der Künstlerin, mit den eingängigsten Refrains gerne mal erst dann um die Ecke zu kommen, wenn man schon gar nicht mehr damit rechnet. So zum Beispiel beim erhaben schönen Ritual City. Zwei Minuten lang klingt das Ganze wie ein Electro-Club-Remix eines Slowdive-Tracks – bevor eben besagter Chorus mit lieblicher Melodie einsetzt. Generell scheinen Kangas Einflüsse vielschichtiger Natur zu sein. Zum einen ist da in jedem Fall Gary Numan, der Kanga 2019 sogar schon mit auf Tour nahm. Ursprünglich hatte die Musikerin dessen Klassiker Metal gecovert und damit die Aufmerksamkeit des Wave-Urgesteins auf sich gezogen. Die Verschmelzung von tanzbaren Electro-Sounds mit ein wenig Pathos lässt zudem darauf deuten, dass Kanga in den vergangenen Jahren viel IAMX gehört hat – und sicher werden auch gewisse Shoegaze- und Cold-Wave-Veteranen ihren Eindruck bei der Künstlerin hinterlassen haben.
Was auf You And I Will Never Die allerdings klar zurückgefahren wird – vor allem im Vergleich zum Debütalbum-Opener Something Dangerous, der schon brutal nah am Reznorschen Sounddesign anno 1999 dran war -, ist der hörbare Einfluss von Nine Inch Nails. Zum selbstbetitelteln Erstlingswerk kamen stellenweise in den Social-Media-Kommentaren ziemlich deutliche Rip-off-Vorwürfe – die wischt Kanga hier definitiv mühelos weg. Was bleibt, ist ein überaus gelungenes und eigenständig klingendes Album, klar elektronisch dominiert und produziert dafür, live oder zumindest aus der Konserve in der Szene-Diskothek gehört zu werden. Wir warten darauf …
Tracklist KANGA – You And I Will Never Die
01.Preface
02. Home
03. Godless
04. Touch
05. Brother
06. Interlude
07. Moscow
08. Violence
09. Ritual City
10. Say Goodbye
11. Waiting
12. Untie
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