Immer wieder erreicht uns eine Vielzahl von Neuveröffentlichungen und getreu des Mottos „So many records – so little time“ würden die meisten davon untergehen. In unserer Rubrik >Reingehört< stellen wir Euch daher einige Releases im „Schnelldurchlauf“ vor:
Lass Dir den Beitrag vorlesen:
HACHIKU – I’ll Probably Be Asleep:
„Vielleicht schlafe ich.” Soweit die Übersetzung des Albumtitels I’ll Probably Be Asleep. Um die Wortspielerei gleich vorwegzunehmen: An diesem Album wird es nicht liegen, obgleich es ein verträumtes Album ist. Das aber im Sinne von Dream-Pop, den den lässt Anika Ostendorf mit ihrem Projekt Hachiku hier eindeutig hochleben. Nicht ganz so verhangen, wie bei einigen Genre-Kollegen, teilweise mit höher angesetztem Pop-Anteil, aber das auf eine gefallende Art und Weise. Schon im titelgebenden Opener, der süßlich ins Ohr geht, verhangene bis teils schleppende Rhythmen hat und das Album damit gut einleitet. All das kann sehr entspannt klingen, wie man dann in Busy Being Boring merkt, das harmonisch nach vorne geht, mittleres Tempo für sich beansprucht und sehr eingängig klingt. Auf den insgesamt acht Stücken kann sich das gut hören lassen, Schwachstellen sind nicht zu entdecken. Zumindest nicht explizit, denn bemängeln könnte man, dass es eben nur acht Stücke sind. Da hätte man gerne länger zugehört. So drückt man dafür einfach mal auf „Repeat“. (Homepage: www.hachikumusic.com, Facebook: www.facebook.com/hachiku) – Marius Meyer
I WANT POETRY – Human Touch:
Schwer greifbare Schönheit und dabei doch ergreifend. So in etwa erscheint einem das, was I Want Poetry auf ihrem Erstling spielen. Indie-Pop mit ambienten Momenten, sphärischen Passagen, mehr als nur einem Hauch von Klassik – all das sind Komponenten, die Human Touch zu einem Album machen, das herausragen kann. Adrenaline beispielsweise agiert zwar im ruhigen Tempo, aber hält mit Percussion, Klavier-Akzenten und einem eingängigen Gesang gut den Spannungsbogen nach oben. In anderen Stücken wie Bolts Of Lighning wiederum geht es ruhiger zu, aber die Spannung wird aufrechterhalten, was an den ausgefeilten Arrangements des Duos liegt. Und auch, wenn es meist eher ruhig zugeht, darf das Tempo schon mal angezogen werden: Ein Stück wie For The Night kann hier gut Pate stehen, ist es mit seinem pulsierenden Beat vielleicht auch ein guter Einstieg ins Schaffen der Band. Wie man den Zugang aber auch findet: Wenn man ihn gefunden hat, hat man ein wirklich starkes Album für sich entdeckt. (Homepage: www.iwantpoetry.com, Facebook: www.facebook.com/iwantpoetry) – Marius Meyer
KIM WILDE – Wilde Winter Songbook (Deluxe Edition):
Eines ist 2020 klar: Dieses Jahr ist Weihnachten anders! Kontaktbeschränkungen, kleinerer Kreis, Limitierungen… Aber eines ist auch klar: Manches ist wie in jedem Jahr: Kaum naht das Fest, gibt es Neuauflagen, Weihnachts-CDs und Wiederauflagen von Weihnachts-CDs. So wie diese hier: Bereits 2013 erschien das Wilde Winter Songbook, jetzt erscheint es noch einmal, ergänzt um eine CD mit zwei Remixen, neuen Stücken sowie Coverversionen. Einwandfreie Popnummern begegnen, wenn Kim Wilde hier bspw. Keep The Dream Alive von der Münchner Freiheit covert und akustisch den Evergreen Last Christmas darbietet. Und auch das bereits bekannte Material bietet das, was man sich von Weihnachten verspricht: Stücke wie Let It Snow, aber auch eigenes Material wie Hope oder auch New Life, dabei illustre Gäste wie Rick Astley und Nik Kershaw. Das mag alles nicht sonderlich innovativ sein, aber ist gleichermaßen sehr schön. Eine Kim Wilde darf das! Ihr nimmt man das ab. Und davon ab: So ein bisschen Normalität tut uns doch allen mal ganz gut, oder? Eben! (Homepage: www.kimwilde.com, Facebook: www.facebook.com/officialkimwilde) – Marius Meyer
KONSTANTIN WECKER – Jeder Augenblick ist ewig:
Die Aufnahme ist frisch und doch wirkt sie bereits jetzt wieder so weit weg, denn es ist eine Live-Aufnahme von Konstantin Wecker mit den Gästen Dörte Lyssewsk und Michael Dangl, mitgeschnitten am 04. September 2020 in Wien. Mit einer Reise durch sein gesamtes textliches Œuvre zeigt sich Konstantin Wecker wie so oft nicht nur als Liedermacher, sondern eben auch als einer, der unbequeme Fragen stellt, der auch schon einmal dahin geht, wo es wehtut. Daher passt es auch, dass auch die Ansagen Weckers mit auf dieser Doppel-CD zu finden sind. Generell ist Spoken Word hier ein Thema, den es ist nicht nur musikalisch: Auch gelesene Passagen von Weckers Texten sind gegeben, gelesen von den Gästen, die die Texte selbst ausgesucht haben. Somit hat man hier eine gelungene Mischung aus Liedermacher-Klängen, Lesung und einer großen Portion Dramatik. Nichts, was man so locker nebenher hört, dafür aber etwas, das nach Beschäftigung ruft. (Homepage: www.wecker.de, Facebook: www.facebook.com/Konstantin-Wecker-111564412194266) – Marius Meyer
LES MARIES – Wir brauchen heute nicht mehr rauszugehen:
Was für ein Albumtitel in Zeiten wie diesen… Was in normalen Zeiten eher langweilig klingen würde, wünschen sich heute gar viele. Aber ob draußen auf den Kopfhörern oder drinnen aus der Anlage: Les Maries können sich hören lassen! Das deutsch-französische Duo bringt diese Einflüsse sehr gut zusammen. Mit Sounds zwischen Singer-Songwriter und französischem Chanson macht es sich das Duo bequem, ergänzt eine Spur Theater und findet dabei seine ganz eigene Nische, während hin und wieder Referenzen um die Ecke winken (ein Sven Regener beispielsweise scheint zwischendurch zu grüßen). Sprachlich wechseln die Stücke dabei zwischen Deutsch und Französisch, erzählen Geschichten und es ist eine Freude, dabei zuzuhören. Gut und abwechslungsreich arrangiert und dabei so gehalten, dass man auch bei mehreren Durchgängen immer noch Neues entdeckt.
Übrigens: Unter galerie.lesmaries.de/de/ stellen befreundete Künstler eigene Projekte vor, die sie zu den Stücken entwickelt haben. (Homepage: www.lesmaries.de, Facebook: www.facebook.com/mariesigi) – Marius Meyer
TIM MINCHIN – Apart Together:
„Ich bin jetzt 45. Ich bin verheiratet und Vater. Doch viel wichtiger: Mir ist klargeworden, dass es ok ist, die Songs zu schreiben, die ich schreibe – sie erzählen Geschichten und sind bisweilen sehr theatralisch. Und das ist auch gut so.“ Liest man diese Aussage Tim Minchins, so fragt man sich: Ist 45 ein Alter, in dem man davon spricht, dass jemand altersmilde geworden ist? Ganz so drastisch ist es eher nicht, eher ist hier einer, der eins mit sich ist und die Musik macht, die ihm gefällt. In seinem Fall eingängiger Alternative Rock mit teilweise poppigem Charme. Mal ruhiger, aber auch treibender. Der Titeltrack Apart Together beispielsweise gibt der Nachdenklichkeit eine Stimme, arbeitet gar mit Bläsersätzen und ist eingängig. Ein Talked Too Much, Stayed Too Long hingegen zeigt sich gut gelaunt und irgendwie konsequent – nicht nur musikalisch, sondern auch in dem, was Tim Minchin treibt, antreibt und bewegt. Gute Laune und Nachdenklichkeit schließen sich hier zu keiner Zeit aus, wie man auch in Airport Piano bemerkt. Das hört sich zudem gelungen an und Freunde des guten Alternative Rocks werden es nicht bereuen, wenn sie hier mal ein bis zwei Ohren riskieren. (Homepage: www.timminchin.com, Facebook: www.facebook.com/timminchin) – Marius Meyer