Es ist ja schon ein wenig seltsam: Ausgerechnet im dem Jahr, in dem Tanzen nahezu überall außerhalb der eigenen vier Wände verboten ist, erscheint ein massentaugliches Dance-Pop-Album nach dem nächsten. Vor Ava Max und den zahllosen Hits auf Heaven & Hell gibt es schon lange kein Entkommen mehr, Lady Gaga kehrte nach Country- und Filmmusikexperimenten auf Chromatica zu dem Sound zurück, der sie einst berühmt machte und Dua Lipa lieferte mit Future Nostalgia wohl DIE Popplatte des Jahres ab.
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Und nun meldet sich auch die Frau, die schon vor knapp 20 Jahren wusste, dass “Your Disco Needs You”, mit einem äußerst schwungvollen Dutzend Songs zurück. Die Australierin Kylie Minogue kennt man in Deutschland vor allem wegen ihrer zwei zeitlosen und schon lange zurückliegenden Klassiker I Should Be So Lucky und Can’t Get You Out Of My Head, in der Heimat sowie in Großbritannien holt sie aber weiterhin eine Charts-Spitzenposition nach der nächsten rein.
Gut, der ganz große Hit, mit dem Kylie auch in Deutschland wieder die Hitlisten dominieren wird, findet sich auf dem programmatisch betitelten Disco eher nicht. Aber der 52-Jährigen und ihren Helfern in sieben verschiedenen Aufnahmestudios ist es gelungen, mit ihrer 15. Studio-LP eine Platte ohne Totalausfall zu produzieren. Klanglich gibt es das auf die Ohren, was Fans erwarten: Eingängige Songs mit treibenden Beats, manchmal eher auf 70er-Funk-Grooves, andere Male eher auf 80er-Synthie-Pop basierend. Hier ein paar Streicher, dort ein paar Gitarrenakzente, aber immer steht mindestens ein Bein auf der Tanzfläche.
Da verwundert es doch, dass es nicht mal die schmissigsten Songs sind, die als Singles vorab ausgekoppelt und mit einem Video beschert wurden. Klar, der Opener Magic und auch Say Something sind eingängig und nicht die schlechteste Wahl, die wirklichen Hits heißen aber Supernova und Last Chance. Ersteres lässt mit teils verfremdeten Stimmen aufhorchen und bleibt mit der „Bring It Back, Bring It Back“-Bridge sofort im Ohr, Zweiteres fällt in die Kategorie „Einmal gehört, sofort mitgesungen“ – und immer dabei: ein klatschender Beat.
Eskapismus vor der Einöde und Einsamkeit der Pandemiezeit ist das Thema, dass Kylie Minogue mit ihrer zum Teil eigens produzierten neuen Platte in den Vordergrund stellen wollte. Das hat funktioniert. In puncto zwingendes Songwriting und Abwechslungsreichtum kommt die 1,52 Meter „große“ Veteranin zwar nicht ganz an Dua Lipas Future Nostalgia heran, aber eine gute Dreiviertelstunde Spaß, Sound zum Tanzen oder Putzen in den eigenen vier Wänden ist bei Disco zweifellos drin. Ein gelungenes Alterswerk – wenn man das so sagen darf.
Tracklist KYLIE MINOGUE – Disco
01. Magic
02. Miss A Thing
03. Real Groove
04. Monday Blues
05. Supernova
06. Say Something
07. Last Chance
08. I Love It
09. Where Does The DJ Go?
10. Dance Floor Darling
11. Unstoppable
12. Celebrate You