Volle Kraft voraus: In der Frankfurter Batschkapp beglückten die Industrial/EBM Pioniere Frontline Assembly und Die Krupps am 5. September 2018 im Rahmen der The Machinists United Tour ein tanzfreudiges Publikum mit einer saftigen Double Headliner Show und das 22 Jahre nach dem Release der Split-EP The Remix Wars Vol. 2.
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Im Vorprogramm ließen Tension Control Bässe und Parolen sprechen. Die Band aus Osnabrück bringt EBM der alten Schule auf die Bühne und ließ das zu Beginn noch spärliche Publikum in der mit einem Vorhang verkleinerte Halle der Batschkapp rasch anwachsen. Tension Control adaptieren mit ihren Stücken das Beste aus DAF, Spetsnaz und Orange Sector. Insofern klingt die Band musikalisch sehr vertraut und das gefällt dem ingesamt eher älteren Publikum in der zum Ende des Konzerts halb gefüllten Halle. Tension Control bringen viel gute Laune mit und verpassen den zumeist gestiefelten Füßen der Besucher ein ordentliches Aufwärmprogramm. Sympathisch.
Dann fühlt sich die Bühne mit Nebel, der von grellen Stroboblitzen durchschnitten wird. Aus den Lautsprechern, die ihrem Namen nun alle Ehre machen, wummern elektronische Zaubertricks und Bass, Bass, Bass. Ein wenig unausgegoren ist der Sound, doch egal: Frontline Assembly sind da und besetzen ihre mit Tarnnetzen verhangen Instrumente. Frontmann Bill Leeb kommt zuletzt auf die Bühne und erntet enthusiastischen Applaus. Die Kanadier lassen es zunächst ruhig angehen und eröffnen mit dem Titeltrack Anthropod ihres kürzlich erschienen Soundtrack-Albums zum Videospiel WarMech, gefolgt von einem neuen Track Eye On You. Doch natürlich ist sich die 1986 gegründeter Band ihrer Vita bewusst und haut im Anschluss mit Neologic Spasm einen älteren Track ins bewegungswillige Publikum. Schlagartig kommt Leben in die Bude.
Wer sich unter der Bezeichung “Electronic Body Music” nichts vorstellen kann, kann nun sehen, warum diese musikalische Spielart einen gut gewählten Namen trägt. Leeb wirkt bisweilen etwas abwesend und wird nur bei Trommeleinlagen – auch gemeinsam mit Rhys Fulber – wirklich lebendig, allzu oft verschwindet der FLA-Fronter jedoch im dichten Rauch der Bühnenshow. Negativ ins Gewicht fällt das kaum, denn die Stimmung ist gut. Vielen FLA-Fans ist die Freude mehr als deutlich ins Gesicht geschrieben. Den Track Vanished widmen Frontline Assembly dem im Januar verstorbenen Jeremy Inkel, der seit 2015 als Klangtüftler bei der Band aktiv war sowie Percussions und Keyboards bediente. Danach beginnt endgültig die Party.
Das Strobo gleitet über die wippenden Oberkörper dahin, die klatschenden Hände des Publikums stanzen Kontraste ins gleisende Licht. Eine ekstatische Tänzerin kann sich nicht mehr halten und beginnt ohne Rücksicht auf Verluste mit ausgefahrenen Ellenbogen vor der Bühne ihre Kreise zu ziehen. Ihr direktes Umfeld reagiert amüsiert, genervt, lässt sich aber auch anstecken. Außerdem bewegt sich vor der Bühne jetzt sowieso fast jeder. Dass die Batschkapp nicht allzu voll ist, erweist sich nun als Vorteil. Denn Füße brauchen Platz zum Tanzen. Die umgehend nach dem Ende des regulären Sets geforderte Zugabe kommt sofort: Mindphaser. Alle glücklich.
Frontline Assembly Klangakrobat Rhys Fulber hat im Mai übrigens mit Your Dystopia, My Utopia einen technoiden Ohrenschmeichler veröffenticht.
Setlist FRONT LINE ASSEMBLY @ Frankfurt, Batschkapp (05.09.2018)
01. Anthropod
02. Eye On You
03. Neologic Spasm
04. Killing Grounds
05. Vanished
06. Shifting Through The Lens
07. Gun
08. Plasticity
09. Deadened
10. Millenium
11. Mindphaser (Z)
Im Gegensatz zu Frontline Assembly verwöhnen Die Krupps vom ersten Takt an mit glasklarem Sound. Das Publikum ist noch ganz elektronisch eingestellt und muss sich gefühlt ein bisschen darauf einstellen, dass nun plötzlich Gitarren durch die Batschkapp sägen. Aber die Krupps sind gerüstet und spielen den Hit Der Amboss als zweites Stück. Insgesamt ist es dennoch überraschend, dass die Band im Rahmen von The Machinists United wenig Änderungen an der Setlist vorgenommen hat und eher rockige als rein elektronische Nummern spielt. Mit Blick auf die Bewegungsmotivation im Publikum lässt sich der Eindruck gewinnen, dass die meisten Besucher auslandende EBM-Tanzschritte dem Headbangen und Pogen vorziehen. Schön, dass mit Die Krupps alles davon möglich ist.
Die Stimmung steigt freilich dennoch mit jedem Song und entlädt sich in eifrigem Klatschen und Begeisterungsrufen, während Fronter Jürgen Engler aufs Heftigte das Stahlophon bearbeitet. Zum Ende des Konzerts wird Engler die Rohre des Instruments in den Graben vor der Bühne werfen. Der Schlag, mit dem der Stahl den Boden trifft, ist nicht einmal annähernd so gewichtig wie die Ansage zu Fatherland, mit dem die Krupps das reguläre Set beenden: “Hier ist er, unser Anti-Nazi-Song.” Ein Stück aus dem Jahr 1993. Die lautstark erflehte Zugabe ist selbstverständlich Wahre Arbeit – Wahrer Lohn / The Machineries Of Joy und schließlich entlassen Die Krupps mit Bloodsuckers ihre nassgeschwitzten Fans zufrieden in die Nacht.
Setlist DIE KRUPPS @ Frankfurt, Batschkapp (05.09.2018)
01. The Dawning Of Doom
02. Der Amboss
03. Schmutzfabrik
04. Germaniac
05. Fly Martyrs Fly
06. Black Beauty White Heat
07. Fuck You
08. To The Hilt
09. Metal Machine Music
10. Robo Sapien
11. Nazis auf Speed
12. Fatherland
13. Wahre Arbeit – Wahrer Lohn / The Machineries Of Joy (Z)
14. Bloodsuckers (Z)