Open Flair Festival, Eschwege (10.-14.08.2016)

Fotos: OPEN FLAIR 2016 (SA-SO 13.-14.08.2016)
Open Flair Festival 2016, Eschwege, Deutschland
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Das Open Flair Festival im gemütlichen Eschwege, Hessen ist mit mittlerweile 32 Jahren eines der ältesten Festivals in Deutschland. Rund 15.000 Besucher trudeln ab Dienstags schon auf dem Camping Platz ein um von Mittwoch bis Sonntag auf ca. 6 Bühnen im gesamten Städtchen von Musik und Walking Acts für die Großen und Kinderprogramm für die Kleinen entertaint zu werden.

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Mittwoch, 10.08.2016:

Um 16:30 Uhr geht es mit einer kleinen Verspätung mit dem Programm los. Lange wurde gemunkelt wer die ????? die das Festival auf der Seebühne eröffnen sollen wohl sein könnten. Vor einer unglaublichen vollen Bühne für diese Uhrzeit am ersten Festival Tag starten die Donots durch.

Die ersten Betrunken springen und Crowd surfen zu den deutschen und englischen Liedern der Band. Und nein, Crowd Surfen ist nicht verboten, sondern erwünscht!

Nach wenigen Liedern sieht es vor der Bühne bei den Securities aus wie im Saustall, überall liegen Konfetti, Federn und sogar Mehl. Die Wasserpistolen bleiben bei dem kühlen Wetter erstmal unbenutzt.

„Wir freuen uns schon das ganze Jahr auf das Open Flair. Von der Bühne kann man auf den See schauen, das Publikum wird von den Securities geteert und gefedert und am Ende des Tages haben alle ein Lächeln auf dem Gesicht […] Aus diesem Grund ist das hier wahrscheinlich das beste Festival der Region“, brüllt Ingo, der Frontsänger der Band.

Nicht nur das Festival, sondern auch die Donots arbeiten eng mit Kein Bock auf Nazis zusammen und zeigen mit dem Lied We’re not gonna take it Präsidentschaftskandidat Trump gekonnt den Mittelfinger.

Während Turbostaat und Flag das Programm fortführen, machen wir uns auf den Weg die Flairschönerung auszukunden. Es gibt neue Wasser- und Lichtinstallationen und schließlich versacken wir in der neuen Chill-Out Area mit Hängematten, Shishas und der Musik der Seebühne im Hintergrund.

Um 22:30 Uhr betreten Wizo als letzte Band des Tages die Bühne, die so aufgeregt sind, dass sie am 11.11.2016 im E-Werk in Köln spielen, dass die mehrfache Wiederholung dieses Faktes zum Running-Gag wird und sogar von Das Lumpenpack am nächsten Tag erwähnt wird.

Donnerstag, 11.08.2016:

Um 14:00 Uhr stehen auf dem Camping Platz beim Beck‘s Truck Elfmorgen und wollen den Rekord im Schubkarre of Death knacken, als dann ein Rettungseinsatz während des Gigs dazwischen kommt, improvisieren sie ein Dankes-Lied an das Rote Kreuz. Als um 17 Uhr die Seebühne mit den Berlinern Kafvka eröffnet wird, ist es noch sehr leer. Viele Besucher verkriechen sich in ihren Zelten vor dem wahrscheinlich kühlsten Wetter, das es in den letzten Jahren auf dem Open Flair gab. Im Anschluss wird es aber immer voller. Hauptsächlich Mädels im Alter zwischen 20-25 Jahren stehen vor der Bühne. Wer hätte gedacht, dass man nach so vielen Jahren die Killerpilze live sehen wird. Auch wenn sich die Musik der Band sehr zum Positiven geändert hat, scheinen sich die Jungs äußerlich kein bisschen geändert zu haben. Die Stimmung ist trotz des Wetters sehr gut und Johannes, der Sänger der dreiköpfigen Band, lässt sich während des Konzerts über die Menge tragen. Dannach steigt die Anzahl der Männer im Publikum und um 19:45 Uhr übernimmt Das Pack. Mit lustigen Choreographien und noch lustigeren Texten animieren sie alle mitzumachen. Bei Liedern wie Weils Geils und Pferdeapfel kann man nach wenigen Minuten und ein paar Anweisungen textsicher mitgrölen. Mit Zwergen, Gangster Rap Rufen und Bierbänken gewappnet betreten die Sitz Pogo Erfinder zum gefühlt 1000. Mal die Open Flair Bühne und Monsters Of Liedermaching feiern mit den Fans, trotz Regenschauern, ein Wiedersehen wie mit alten Freunden.

Freitag, 12.08.2016:

Ab Freitag sind außer der Seebühne, dem E-Werk und der Kleinkunstbühne auch die HR3- und Freibühne auf dem Werdchen in Betrieb. Um 13:00 Uhr, während Grizzly die HR3 Bühne eröffnen, ist es aber wieder noch sehr leer. Knapp eine halbe Stunde später füllt es sich jedoch im Baumkreis vor der Freibühne als Milliarden anfangen. Im letzten Jahr haben sie schon auf dem Open Flair im E-Werk gespielt. Dieses Jahr nicht nur das erste Mal Open Air für die Band, der Auftritt fällt auch genau auf den Release Day des ersten Albums, welches als Festivalangebot für 10€ statt 15€ auf dem Gelände verkauft wird. Die Jungs sind so drin, dass der Sänger einmal voller Bewegungsdrang von der Bühne fällt und später während Oh Chérie sich dem Circle Pit des Publikums anschließt.

Feine Sahne Fischfilet zeigen sich während des Auftrittes total ungläubig, dass es um 15:00 Uhr schon so voll sein kann und kündigen mit einem Augenzwinkern an, dass sie nächstes Jahr als Headliner wiederkommen. Sänger Jan fühlt sich sichtlich wohl, sowohl auf der Bühne, als auch in seinem Körper und läuft regelmäßig Bauchfrei über die Bühne, unter den Zuschauern werden schon Wetten abgeschlossen, ob er am Ende des Konzertes komplett nackt weitermachen wird. Stattdessen taucht zum Ende des Konzertes ein Fass mit Schnaps auf der Bühne auf und Schläuche werden in die Menge geworfen, da “Kurze ja so teuer sind” meint Jan. Mit Rhonda kommt dann kurz drauf auch etwas Frauenpower auf die Bühne des Festivals und Wirtz gibt mit dem Lied Ich Weiß Es Nicht eine Betriebsanleitung für die Festivalgänger:

„Trinkt Bier, habt Spaß, schaut euch gute Bands an und mit ein bisschen Glück, könnt ihr euch Montag noch daran erinnern, dass wir heute hier gespielt haben.“

Um 18:15 Uhr betreten dann Madsen, mit typischem Seemann-Kostüm die Bühne und reißen mit alten Songs wie Du Schreibst Geschichte und neueren Tönen wie Lass Die Musik An, mit dem selben Feeling wie die Killerpilze schon am Vortag, die Menge mit. Bei Grossstadtgeflüster wird dann getanzt, mitgegrölt und bei Fickt Euch Allee werden auch die Eier geschaukelt. Die super energetische Sängerin nimmt einfach jeden mit und keiner kann jetzt noch still stehen.

Dann kommt der Moment auf den viele gewartet haben, Sum 41 betreten um 20:15 Uhr die Bühne. Es ist VOLL. So voll, dass wir tatsächlich zur Seebühne flüchten, wo um 21:15 Uhr der Geheimtipp Meute spielen soll. Mit jeder Minute, die die Techno Marching Band aus Hamburg spielt, füllt es sich vor der Bühne immer mehr und es wird getanzt als wäre man nicht auf einem Festival, sondern in einem Club. Als dann noch der Walking Act Dundu, ein großes, leuchtendes Männchen dazu kommt und im Takt mit der Band tanzt, gibt es kein Halten mehr und die Smartphones werden rausgeholt um diesen Moment festzuhalten.

Den Abschluss an diesem Tag machen Saltatio Mortis, eine mittelalter Rock Band, die keine Angst davor hat mit Feuer zu spielen. Die Feuershow war nicht nur überwältigend, sondern auch schön erwärmend an diesem kühlen „Sommer“ Tag.  Alea, Sänger der Band, fühlt sich offensichtlich sehr wohl beim Open Flair:

„Ich habe noch nie ein Festival gesehen, dass so bunt ist und wo so viele verschiedene Leute zusammen feiern.“

Nachdem alle Konzerte durch sind, gibt es eines der berühmten Feuerwerke, die das Ende der Abende einleiten.

Samstag, 13.08.2016:

Sonne! Endlich Festival-Wetter und das scheinen die Walking Acts gleich ein bisschen zu feiern. Auf dem Weg zum Werdchen laufen wir nicht einem, sondern gleich drei Acts über den Weg unter anderem Meute, welche wir ja schon vom Abend davor kennen und einer kleinen 2-Mann-Feuerwehr.

Während die Essener Band Banda Senderos auf der Seebühne für Stimmung sorgen, feiert Kapelle Petra mit dem Lied Heute ist Geburtstag tatsächlich mal den Geburtstag eines Bandmitglieds. Passend zu den Olympischen Spielen trainiert Gazelle, mit Hanteln aus Pappe und einem Steckenpferd, zu dem Lied Gazelle trainiert für Olympia, für Olympia. Um 18:15 Uhr tritt dann die Rocksensation Wolfmother auf der HR3 Bühne auf und obwohl ich deren CD sehr gerne höre, finde ich die Stimme an diesem Tag live leider sehr anstrengend. Zeitgleich erfahren wir von Festivalbesuchern, dass sie Gefangene des Greencamps geworden sind. Katharina, eine Bewohnerin des Camps, erzählt „Sie haben einfach den Zaun um uns herum gebaut, aber da machen wir nicht mit.“ und kommen mit der Geschichte sogar ins Festival Radio Flair FM 99.7.

Wer schon ein paar Mal auf dem Open Flair war, weiß was jetzt noch Wichtiges fehlt, damit es wirklich das Open Flair ist: Musik zu der man um einen Pott voll Gold tanzen möchte. Dies bieten die Rumjacks aus Sydney, die sich so gar nicht australisch, sondern wie echte Schotten oder Iren anhören. Um 20:15 Uhr betritt Bosse gewohnt tanzfreudig die Bühne und schwitzt gemeinsam mit dem Publikum. Als er in die Menge will, fällt ihm das erste Mal auf, wie hoch die Bühne tatsächlich ist und er bekommt sicherheitshalber von den Securities eine Leiter gereicht. Nachdem er vorsichtig runterklettert, schmeißt er sich in die Fans und singt gemeinsam mit diesen ein paar Lieder, bevor er wieder auf die Bühne klettert und von oben die Menge weiter animiert. Voll, aber nicht gefangen, war man um 22:40 Uhr als Die fantastischen Vier die Bühne betreten. Sowohl mit Klassikern wie Sie ist Weg als auch mit Songs vom letzten Album begeistern sie die Besucher. Während des Konzerts wird schnell klar, dass sie eine besondere Verbindung zu diesem Festival haben, als sie scherzen, neben dem Gelände ein Altersheim für Hip Hopper zu eröffnen. Mittlerweile das fünfte Mal auf dem Flair, spielen sie endlich das erste Mal Die Da. Nach einigen Danksagungen und Verabschiedungen folgt als Zugabe Troy und sie trinken mit einem Fan ein paar Kurze, bevor das zweite Feuerwerk des Open Flairs vor J.B.O. langsam das Ende des Abends ankündigt.

Sonntag, 14.08.2016:

Der zweite Tag mit schönem Wetter und der letzte Tag des Festivals, beginnt mit Schluck Den Druck und Moop Mama, die trotz der frühen Spielzeit einige Besucher vor die Bühne locken. Um 15:15 Uhr scheinen dann mit der libanesischen Band Who Killed Bruce Lee auch die letzten Feierwütigen aus ihren Löchern gekrochen zu sein. Wie auf gefühlt jedem Festival spielen Zebrahead natürlich auch auf den Open Flair und heizen den Leuten gut ein, die nach dem Konzert ausgepowert zur nächsten Bühne marschieren.

Royal Republic sind jedenfall bereit, genau da weiter zu machen, wo Zebrahead zuvor aufgehört haben und spielen Lieder von den letzten drei Alben und werben nochmal für die Deutschland-Tournee im November. The Hives, die zweite Rockband aus Schweden, starten kurze Zeit später um 20:15 Uhr voll durch. Die Energiebündel springen über die Bühne und versuchen die Menge mitzureissen, reden für meinen Geschmack allerdings ein bisschen zu viel 😉 Limp Bizkit spielen um 22:30 Uhr auf der HR3-Bühne als Tages-Headliner und enttäuschen meiner Meinung nach sehr. Gefühlt spielen sie 4-5 Lieder die man kennt und covern dann für circa 30 Minuten andere Bands (Metallica, Nirvana, George Michael & The Who)!? Grund genug für uns, daraufhin das Festivalgelände zu verlassen…

Beim Open Flair gibt es immer irgendwas zu sehen oder zu tun. Wenn man gerade nicht vor einer Bühne steht, kann man sich am Merchandise austoben, sich beim Visions Stand für Autogramme anstellen, mit Bands beim Kein Bock auf Nazis Stand reden, sich Poetry Slam anhören, zu einer Comedy Show gehen oder sich gemütlich in ein Lokal im Städtchen setzen. Hier kommt einfach jeder, ob groß oder klein, auf seine Kosten und wie der Sänger von Saltatio Mortis schon so schön sagte, kenne ich kein Festival, auf dem so viele verschiedene Menschen miteinander Feiern und das Wochenende auf einem der ältesten Festivals Deutschlands genießen.

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