Aufgrund meines Alters stieß ich erst Jahre nach der Auflösung auf At The Drive-In, aber seit ich die Band kennengelernt hatte (was sich mittlerweile auch auf einen zweistelligen Jahresbetrag beläuft) sehnte ich mich nach einer Reunion. Dieses Jahr wurden meine Gebete endlich erhört, der 1993 in El Paso gegründete Post-Hardcore Truppe um Sänger Cedrix Bixler fand sich für zwei Konzerte in Deutschland ein. Ein kleiner Wermutstropfen vorab war leider die unbegründete Mitteilung, dass Gitarrist und Gründungsmitglied Jim Ward fortan nicht mehr mit von der Partie sein wird. Während das Konzert in Berlin ausverkauft war, fand ich es jedoch verwunderlich, dass dies beim Kölner Palladium nicht der Fall war und sich im Vorfeld ungewöhnlich viele Leute bemühten, ihre Tickets wieder loszuwerden. Tz.
Den ersten Grund, sich darüber im Nachhinein zu ärgern, lieferten Le Butcherettes, die 2007 in Mexico gegründet wurden und mit Omar Rodríguez-López den zweiten Gitarristen von At The Drive-In zum Produzenten haben. Da erübrigte sich dann auch die Frage, wieso diese Band für den Support ausgewählt wurde. Komplett in rot gekleidet zog das Garage-Punk Trio alle Register dieses Genres und kam damit sehr gut an. Vor allem Teri Gender Bender, an Mikrofon, Keyboard und Gitarre unterwegs, zog die Blicke auf sich und warf nur zu gern selbst welche mit weit aufgerissenen Augen direkt in die auf sie gerichteten Gesichter. Dazu kamen ausladende Tanzbewegungen und eine ebenso ausladende Stimme, mit der Teri sicher umzugehen wusste. Nicht nur das Publikum war begeistert, Teile des Hauptacts verfolgten die Show genauso interessiert vom Balkon aus.
Nun zu Grund Nr. 2: At The Drive-In. Das erste Quartal ist zwar gerade erst um, aber das Konzert des Jahres steht für mich schon fest, denn nach etlichen Konzertbesuchen machte sich bei mir tatsächlich nochmal so etwas wie Aufregung bemerkbar, als die Band auf die Bühne kam. BEWARE! Wie auch der derzeit noch aktuelle Longplayer Relationship of Command von 2000 wurde der Auftritt mit Arcasenal und Pattern Against User eingeleitet. Dabei schien es fast, als sei die Bühne zu klein für Bixler, der immer wieder den Mikroständer in die Luft warf und auffing, von links nach rechts rannte, über den Boden kroch und auf alles stieg, was sich an bekletterbarem Equipment auf der Bühne befand. Ein verdammt lässiger Move Bixlers war es übrigens, das Mikrofon am Kabel nach unten zu schleudern und mit dem Fuß wieder nach oben zu treten. Ebenfalls interessant zu beobachten waren seine Umbaumaßnahmen. So stellte er sich kurzerhand seine Monitorbox aufrecht hin, um zunächst mit wackeligen Knien davon herunterzusingen, bis er den Mikrofonständer quer darüberlegte und bäuchlings auf dem Boden liegend das Mikrofon bearbeitete. Mit Songs wie 300MHz und Lopsided wurden auch In/Casino/Out und die Vaya EP angespielt, jedoch blieb es überwiegend bei Liedern ihres letzten Albums. Zwischendrin ließ Bixler es sich nicht nehmen, einige Ansagen zu machen. Dabei erwähnte er, dass die Band Deutschland während eines längeren Aufenthaltes im Jahr 1999 sehr zu schätzen gelernt hat und er betonte immer wieder, wie unendlich dankbar sie über die Unterstützung ihrer deutschen Fans sind. Dass diese Dankbarkeit auf Gegenseitigkeit beruhte, ließ sich an dem ohrenbetäubenden Jubel unschwer erkennen.
Nachdem das dreizehn Songs umfassende Mainset mit Non-Zero Possibility einen etwas schwermütigen Ausklang fand, brachten die kurze Zeit später dargebotenen Zugaben Napoleon Solo und One Armed Scissor die Menge nochmal vollends zum Ausrasten, als hätten die Leute 15 Jahre lang auf diesen Moment gewartet.
Nun wird es für die Band aber Zeit, ein neues Album und eine weitere Tour nachzulegen!
Setlist At The Drive-In – Köln, Palladium (30.03.2016)
01. Arcasenal
02. Pattern Against User
03. Sleepwalk Capsules
04. 300MHz
05. Proxima Centauri
06. Lopsided
07. Invalid Litter Dept.
08. Enfilade
09. Ursa Minor
10. Cosmonaut
11. Quarantined
12. Catacombs
13. Non-Zero Possibility
14. Napoleon Solo (Z)
15. One Armed Scissor (Z)
Leider waren an diesem Abend keine Fotografen erlaubt.
Bild: Pressefreigabe