Die König-Pilsener-Arena ist, auch wenn der Oberrang heute geschlossen bleibt, mit über 7.000 Zuschauern recht gut gefüllt und alle warten gespannt auf den exklusiven NRW-Auftritt und zugleich deutschen Tourabschluss von Frauenschwarm Lenny Kravitz. Erst kürzlich hat der Amerikaner sein aktuelles Album Strut veröffentlicht und viele sind gespannt, ob die neuen Songs in ihrer Liveumsetzung gegen die alten Klassiker bestehen können. Und nach dem Opener Trombone Shorty & Orleans Avenue wird diese Spannung leider noch etwas weiter strapaziert, denn die Pause will scheinbar kein Ende nehmen und ersten Pfiffe gehen durch das Rund, die von Song zu Song der Zwischenmusik weiter zunehmen. Um kurz vor 21:30 Uhr ist es dann aber endlich soweit…
Atmosphärisch kommen die Musiker in völliger Dunkelheit zum Intro The Chamber auf die Bühne, dann endlich geht das Licht urplötzlich an und bestrahlt aus vielen Scheinwerfern nur einen: die Lichtgestalt Lenny Kravitz! Die Gitarren beginnen zu sägen und spätestens beim zweiten regulären Song American Woman nicken und grooven alle im Takt. Schon beim nächsten Song findet dies seinen vorläufigen Höhepunkt, denn bei It Ain‘t Over ‘Til It‘s Over kann niemand still stehen oder gar sitzen und so erheben sich auch die Fans auf den Rängen von ihren Plätzen und es wird laut mitgesungen. Und auch der Titelsong des neuen Albums trifft auf Begeisterung, also kein Grund zur Besorgnis beim Star des Abends, auch wenn die Stimmung in der Folgezeit wieder etwa abebbt. Mehr Sorgen muss man sich da aber schon um die zahlreichen Frauen im Publikum machen, nämlich immer dann, wenn Lenny seine Hüften kreisen lässt oder locker seine Lederjacke auszieht und schwenkt. Dann schaut man überall in verzückte Gesichter und das Gekreische übertönt sogar die überlaute Musik der wirklich sehr guten Musiker. Diese erhalten in der Folgezeit auch ausreichend Zeit sich zu beweisen, denn live werden viele Songs wie Sister geradezu ausufernd dargeboten. Das hat dann fast den Charakter einer Jam-Session, was einerseits cool ist, andererseits auch beizeiten anstrengend wird, wenn man wie ich nicht wirklich ein Fan langanhaltender Soli ist. Neben den instrumentalen Passagen wissen aber vor allem die Gesänge von Lenny und seinen Backgroundsängerinnen zu überzeugen. Wirklich stark wie stimmgewaltig der Amerikaner hier auftrumpft und auch beim Einzelbattle gegen die verschiedensten seiner Mitmusiker beim nicht enden wollenden Always On The Run macht der Fünfzigjährige eine gute Figur. Irgendwie sind diese Sessions dann auch faszinierend und nerv tötend zugleich…
Mit Let Love Rule wird es rührselig, denn das war der erste Song den er eingespielt hat und der alles das ausdrückt, warum er dies hier tut. Und nicht wenigen Damen im Publikum entweicht bei seiner Aufforderung „Let‘s all make love together“ ein seufzendes „Ja, gerne“… Und zumindest symbolisch machen wir das dann auch, denn nun stehen alle auf, klatschen und singen mit, während Lenny durch die Zuschauer im Innenraum wandelt. Zurück auf der Bühne stellt er seine Band vor und hebt sich seine Drummerin bis ganz zum Schluss auf, denn diese hat heute Geburtstag und natürlich singen nun alle gemeinsam Happy Birthday.
Eigentlich würde das Konzert an dieser Stelle schon passend enden, aber die Zuschauer, die jetzt völlig außer Rand und Band sind, werden noch mit zwei weiteren Welthits verwöhnt: Zum einen Fly Away und dann nach zwei emotionalen Stunden zum großen Finale bei der Zugabe natürlich mit Are You Gonna Go My Way. „Natürlich“ werden nun fast alle hier gesagt haben und Lenny weiter folgen, bis er bei der nächsten Tour wieder leibhaftig vor ihnen steht.
Setlist LENNY KRAVITZ:
01. The Chamber
02. Dirty White Boots
03. American Woman (The Guess Who cover)
04. It Ain’t Over ‘Til It’s Over
05. Strut
06. Dancin’ Til Dawn
07. Sister
08. Circus
09. New York City
10. Dig In
11. Always on the Run
12. I Belong to You
13. Let Love Rule
14. Fly Away
15. Are You Gonna Go My Way (Z)