Wenn man den Sound von Der Rest hört, mag man kaum glauben, dass die Band erst 2011 ihr Debütalbum veröffentlichte. Mehr Sinn macht da schon, dass die Gründung bereits 1999 stattfand, denn neumodisch ist wohl eines der Worte, die normalerweise nicht in einer Der Rest-Besprechung Platz finden. Sie klingen vielmehr wie gute alte Bekannte und der Kreis schließt sich, wenn man sieht, mit welchen Bands sie bisher gemeinsam auf Tour waren. Denn in dieser Auflistung finden sich dann die üblichen Genreverdächtigen Fliehende Stürme, Die Art, Lydia Lunch, Henke oder Gallon Drunk. Als erste aktuelle Standortbestimmung sind diese Bands auch schon einmal sehr hilfreich, trotzdem gelingt es Der Rest Mastermind Phil Taraz auf den bisherigen drei Alben jeweils, den Sound der Band um neue Facetten zu erweitern. Als Nordlichter hatten sie auf den ersten Veröffentlichungen natürlich ein wenig die Hamburger Schule besucht und scheinbar mit Tomte und Co. die Schulbank gedrückt, jetzt gehen sie einen etwas anderen, eigenen Weg, der zwar dunkler, aber dafür nicht so stark überlaufen ist.
Das jetzt vorliegende dritte Album nennt sich 10 Lieder für Freunde und darauf beschäftigt sich Taraz erstmals nicht vornehmlich mit sich selbst, sondern nimmt sein Umfeld näher unter die Lupe. Denn die Freunde, oder Songpaten, sind Menschen aus dem Bandumfeld allgemein und Phil Taraz analysiert hier Beziehungen jeglicher Art, mit all ihren Tücken und Problemen, was dann auch durchaus dazu führen kann, dass man sich aus Selbstschutz nicht mehr wieder sehen kann oder bei Dein Schatten zu der Schlussfolgerung kommt: „Mit ein bisschen Glück, werden wir uns nie wieder sehen…“. Es geht aber auch um individuelle Schicksale wie beim schwerfälligen Ungelebt. Bei Der Autor steht hingegen ein ganz anderer Aspekt im Vordergrund, nämlich die Selbstzerstörung und wie man diese zum Teil sogar wissentlich in Kauf nimmt. Denn hier heißt es musikalisch düster, fast bedrohlich, „ich bin der Autor meiner eigenen Zerstörung, ich schreibe jeden Tag ein Kapitel mehr“, das Ganze verbindet er aber durchaus positiv mit der Aussage „es gibt nichts Schöneres, als von sich selbst beeindruckt zu sein“. Ganz so negativ wie vieles auf dem neuen Album erst einmal klingt sieht Phil sein Umfeld aber sicher nicht, doch aus dem Dunklen lässt sich nun einmal viel ziehen und diese Erfahrungen so wundervoll düster mit Molltönen vertonen. Er verbindet all das aber ebenso mit einer gehörigen Portion Hoffnung.
10 Lieder für Freunde ist kein Pop-Album, denn hier wird vollkommen auf Effekthascherei oder gar Mitsingpassagen verzichtet, sondern die Musik vor allem als Stimmungsuntermalung der einzelnen Songs und ihrer Geschichten genutzt. Den Texten fällt eine große Bedeutung zu, doch auch musikalisch ist das Album ansprechend und überzeugt mit teils tieftrauriger, dann wieder bedrohlicher Gitarrenarbeit irgendwo zwischen Dark Wave, New Wave und ruhigerem Metal. Da 10 Lieder für Freunde eher als Einheit punktet, fällt es schwer einzelne Tracks herauszuheben, denn die Favoriten werden sicher je nach Stimmung wechseln. Am zugänglichsten sind jedoch wohl das mit Uptempo-Gitarre noch am ehesten an die vorherigen Werke erinnernde Die Zeit danach oder das dunkel-verspielte Dein Lächeln.
Tracklist:
01. Preludio
02. Labyrinth
03. Es ist seltsam
04. Das Universum atmet
05. Dein Schatten
06. Nichts
07. Selbstschutz
08. Die Zeit danach
09. Der Autor
10. Dein Lächeln
11. Ungelebt