Das diesjährige Line-up wurde von den Britpop-Experten Suede, den wundervollen Travis und den amerikanischen Rockvorreitern Dinosaur Jr. um Mastermind J Masics angeführt. Doch auch ansonsten hieß man viele weitere interessante Bands wie Thees Uhlmann & Band, Glasvegas, Glen Hansard uvm. sowie knapp 3.500 Zuschauer am 22. und 23. November willkommen.
Freitag, 22.11.2013:
Das musikalische Programm des Rolling Stone Weekenders 2013 beginnt pünktlich um 17:15 Uhr mit Junip auf der Hauptbühne im Außenzelt. das Set ist recht ruhig, aber dafür sehr atmosphärisch und äußerst angenehm und auch die kurze Zeit später im Rondell aufspielenden Teleman wissen in diesem kleinen, aber feinen Raum mit sanften Indiepop-Klängen mit Electroeinflüssen zu überzeugen. Sie erinnern mich beizeiten an Belle & Sebastian und ihr Auftritt ist wirklich sehr schön.
Heiß her geht es danach im Baltic Saal, denn Blaudzun schaffen es leicht den Saal zu füllen und draußen für längere Einlassschlangen zu sorgen. Die Temperatur drinnen steigt unaufhörlich und auch die Begeisterung der Fans für den leicht folkigen Indie-Pop der Niederländer, die in ihrer Heimat längst äußerst beliebt sind und auch bald verstärkt als Sympathiewelle über Deutschland schwappen sollten. Schon seit Jahren im vorderen Mittelfeld angekommen sind hingegen die Shout Out Louds. Das Außenzelt ist gut gefüllt als die Schweden die Bühne betreten und spätestens mit Impossible ihr Publikum zum Mitsingen bringen. Eine Stimmung, die sich dank Hits wie Comeback oder Fall Hard locker bis zum Ende hält.
Ein erstes persönliches Highlight steht nun für mich auf dem Programm, denn They Might Be Giants habe ich bereits seit knapp 20 Jahren nicht mehr live gesehen und die Vorfreude ist groß und zum Glück wird sie auch nicht enttäuscht. Denn schon nach wenigen Augenblicken befinde ich mich statt vor der Bühne AUF der Bühne. Die sympathische Band bittet einige Fotografen nach oben und da man sich unten der Kollegen zunächst etwas ziert, mache ich eben den Anfang bevor zwei weitere Kollegen folgen. Von da oben hat man eine nette Aussicht und die Fans jubeln natürlich während sich die Band extrem cool und unbeeindruckt gibt. Das ändert sich schnell, denn jetzt ist Spaß pur angesagt und den haben hier im Baltic Saal wirklich alle. Was für eine klasse Show die sie da abfeiern, da hätte es den Hit Birdhouse In Your Soul als bereits zweiten Song eigentlich fast gar nicht gebraucht! Man spielt sich durch die gesamte Bandhistorie inklusive vieler Songskurrilitäten und es herrscht eine durchweg tolle Clubatmosphäre. „We are on social media and our website is depechemode.com” verkündet man nach dem Mainset fast glaubhaft und geht danach zu einigen Zugaben, darunter Rhythm Section Wanted, über, bevor der großartige Auftritt nach weit mehr als einer Stunde endet, allerdings nicht ohne das Versprechen, dass man nach einer Pause 2014 auf jeden Fall 2015 wieder nach Deutschland kommt! Wir können es kaum erwarten…
Dinosaur Jr. können es heute hingegen offensichtlich wieder einmal nicht erwarten, den Besuchern die Ohren ordentlich durchzupusten und so soll es leider sogar jemanden mit einem geplatzten Trommelfell gegeben haben. Wohl dem, der mit vernünftigen Ohrstöpseln vorgesorgt hat, denn das ist nötig wenn der „Marshall-Turm“ in die Stadt kommt. Gleich als drittes rockt bei Mastermind J Masics The Wagon und das volle Brett fliegt den Fans unaufhörlich um die Ohren. Spätestens beim The Cure Cover Just Like Heaven sind dann wohl alle Anwesenden glückselig, bis auf diejenigen, die ob der überhöhten Lautstärke nur noch ein Fiepen auf den Ohren hören können. Etwas weniger wäre hier wohl bei aller Rockattitüde mehr gewesen.
Während es im Witthüs mit Geige und folkigen Instrumenten bei Paper Beat Scissors angenehm ruhig wird, rockt Steven Wilson den Baltic Saal. Zumindest denke ich mir das, denn leider darf bei dieser Show heute weder fotografiert werden, noch erhält man mit einer Kamera überhaupt Einlass um die Show zumindest zu sehen. Die Qualität des Auftritts kann ich daher von außen nur erahnen. Schade Steven…
Zum Glück kommt aber ja als krönender Abschluss des Tages noch der heutige Headliner: Suede! Sie sind zurück und immer noch so stark wie zu der Zeit, als sie die Bühnen 2003 (weitestgehend) verlassen hatten und Brett Anderson solo weitermachte. Hits wie Trash, Animal Nitrate oder We Are The Pigs und die wundervolle, unnachahmliche Stimme von Brett stellen alle Zeichen schnell auf „Sieg“. Brett tänzelt gekonnt über die Bühne, lässt die Hüften kreisen und feuert sein Publikum immer wieder an und dieses singt lautstark mit. „I can’t get enough“ schallt es aus den Lautsprechern und er spricht uns voll aus der Seele. Die wird auch beim ruhigen The Wild Ones tief berührt, bei dem Brett sich erst auf den Bühnenboden setzt und dann in den Bühnengraben herabsteigt um seinen Fans näher zu sein, was er später bei The Drowners noch einmal ausgiebig wiederholen sollte. Das Publikum ist begeistert und fühlt sich nicht erst bei So Young wieder in die eigene Jugend versetzt, denn Suede bieten ihren Fans eine Verjüngungskur erster Güte. Metal Mickey ist ein weiteres Highlight eines tollen Sets und hier kann sich die Band voll austoben und Brett springt wieder wie ein Derwisch über die Bühne. Gesanglich austoben dürfen sich danach auch die Zuschauer: zunächst beim Mainsetende The Beautiful Ones und dann, nachdem man die Band durch laute Jubelchöre zurück auf die Bühne gerufen hat, bei der tollen Zugabe New Generation. Ein großartiger Auftritt der Briten, der die Vorfreude auf den zweiten Tag noch einmal weiter steigert.
Samstag, 23.11.2013:
Get Well Soon Sänger Konstantin fasst das Festival auch gleich für alle Anwesenden mit einfachen Worten aus seiner Sicht zusammen: "Least Rock’n’Roll, most fun" und erklärt den Rolling Stone Weekender kurzerhand zu seinem Lieblingsfestival. Tatsächlich scheint er sich hier auch um einiges wohler zu fühlen als auf einem großen Festival wie dem Hurricane Festival im letzten Sommer (wir berichteten). Einfach nur toll was die sechs Vollblutmusiker hier wieder an Melodien erschaffen und die Stimmen von Konstantin und seiner Schwester Verena scheinen noch immer von Mal zu Mal schöner zu werden – was eigentlich kaum mehr möglich sein dürfte. So spielt man sich vor einem begeisterten Publikum durch die Bandhistorie und zelebriert Hits wie Roland I Feel You, We Are Free oder Angry Young Men.
Derweil verschenken Empire Escape, wie bei jedem ihrer Konzerte, eine CD. Sie liefern ein feines Konzert ab, von dem ich aber leider wegen einer Fehlinformation im aktualisierten Timetable viel zu wenig mitbekomme. Wichtigster Song, nämlich der, warum sie das alles nach eigener Aussage machen, ist The Chemistry Of Colours, denn sie verbinden damit die Hoffnung, dass am Ende eines jeden Konzertabends zwei Menschen glücklich zusammen nach Hause gehen. Ob es heute geklappt hat ist nicht überliefert, man darf aber wohl nach einem solch schönen Set davon ausgehen.
Im Baltic Saal geht es kurz darauf leicht psychedelisch zu, denn hier spielen nun The Dodos auf und mit ihren Songs lassen die drei amerikanischen Indie-Rocker aus San Francisco wirklich niemanden still stehen, alles wippt mit den Füßen oder tanzt im niedrigsten Saal des Festivals.
Die Schlange vor dem Rondell wird pünktlich zum Auftritt von Josh Record richtig lang und so entscheide ich mich stattdessen direkt für Glasvegas im Zelt, was wohl immer eine gute Wahl ist. Doch scheinbar geht dies nicht jedem so, denn die Schotten berichten, dass sie zuletzt mit Hurts auf Tour waren und dass sich dort die Leute vielfach die Ohren zugehalten haben und man fragt ironisch, ob dies ein Zeichen für Begeisterung in Deutschland sei. Hier beim Weekender seien die Leute jedenfalls deutlich netter und man feiert Songs wie Euphoria oder gegen Ende Go Square Go ordentlich ab!
Im Baltic Festsaal beherrschen bei Phosphorescent als nächstes Molltöne das Geschehen, ich wende mich aber nach einem ersten Eindruck der Zeltbühne zu, denn hier steht mit Thees Uhlmann und Band durchaus ein Hochkaräter auf dem Programm. Die Band aus Hamburg hat hier ja quasi ein Heimspiel und das merkt man auch am Zuschauerzuspruch im Zelt. Ganz auf dem Boden geblieben bedankt sich Thees vor Mädchen von Kasse 2 erstmal bei allen die heute hier arbeiten müssen damit alle anderen in Ruhe feiern können. Und die Tatsache dass jemand sowohl Pink Floyd, als auch ihn mag, quittiert er dem Fan im Pink Floyd Shirt gegenüber gar mit einer Verbeugung und dem großzügigen Angebot, sich an Thees’ Merchandisestand aussuchen zu dürfen was er mag. Auf einen Gastauftritt von Casper hoffen wir heute leider vergeblich, denn dieser ist verhindert und daher muss Thees bei und Jay Z singt uns ein Lied selbst rappen, was er aber durchaus ordentlich und authentisch macht. Und auch sonst nimmt man ihm das „sympathischer Junge aus dem Norden“ stets ab und so ist er den ganzen Auftritt hindurch „einer von uns“ und seine Songs werden gemeinsam zelebriert, allen voran natürlich Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf, bei dem der Gesang der Fans noch lange nachhallt. Und auch bei Römer am Ende Roms gegen Ende des Sets herrscht eine so gute Stimmung, dass man eigentlich gar nicht aufhören möchte, doch mit The Tallest Man On Earth gibt es im Baltic Festsaal einen durchaus guten Grund dafür. Denn auch der mit bürgerlichem Namen eigentlich Kristian Matsson heißende Schwede ist äußerst sympathisch und fasziniert sein Publikum ganz alleine mit einer Gitarre und einem Stuhl auf der Bühne. Seine feinen Akustiksongs werden vom Eröffnungstrack King Of Spain an mit viel Charisma vorgetragen und machen ihn sicher zu einem der „Gewinner“ des Festivals.
Mit Travis folgen nun die Samstagsheadliner. Und diese starten auch gleich mit Mother vom aktuellen Album Where You Stand durch und schieben mit Selfish Jean einen altbekannten Song nach. Fran Healy und seine Band wirken sehr sympathisch und der Frontmann versucht sogar deutsch zu sprechen. Die Schotten spielen sich gekonnt durch ein abwechslungsreiches Set und vor allem Driftwood ist in seiner Liveversion wunderschön. Neben den eigentlichen Songs gehört aber auch ein, nicht ganz ernst gemeintes, Gedicht, dessen Moral darin besteht, man möge besser keine Kinder bekommen. Bei Where You Stand vom neuen Album steigt Fran in den Bühnengraben und auf die Absperrung um seinen Fans nah zu sein. Zwischenmenschliche Nähe ist Fran spürbar wichtig und so hat er Reminder auch für seinen Sohn geschrieben, als Hilfe, falls er mal irgendwann nicht mehr da sein sollte. Schön wird es natürlich wieder bei Writing To Reach You, welches Fran bei seinen hohen Stellen einiges abverlangt. Gegen Ende ziehen Travis das Tempo dann noch einmal an, vor allem bei Blue Flashing Light, dem mit Turn ein weiterer Hit folgt, bevor die Band kurz die Bühne verlässt und dann für insgesamt 3 Zugaben zurückkehrt, an deren Anfang eine schöne Akustik-Version von Flowers In The Window steht. Gewartet haben viele der Zuschauer aber natürlich auf noch einen weiteren Song und den haben sich Travis für den krönenden Abschluss aufgehoben: Why Does It Always Rain On Me sorgt für ein tolles Finale, bei dem dann auch endgültig alle mitsingen während es draußen langsam nieselt…
„Anspruchsvolle Barmusik“ gibt es als nächstes im Baltic Festsaal, wo Sophie Hunger zunächst einmal mit der Technik zu kämpfen hat, so dass sich der Auftritt merklich verzögert und sie sich sogar zu einer Bemerkung hinreißen lässt, die irgendwie fehl am Platz wirkt. Sie hoffe, dass sie mal mit ihrer Musik so viel Geld verdienen würde, dass sie nicht mehr in einer solchen Location spielen muss. Damit schoss sie in meinen Augen etwas über das Ziel hinaus, denn andere Bands hatten mit diesem Saal offenbar keine Probleme und auch bei Sophie Hungers Songs klang es für mich durchaus angenehm, von großen Soundeinbußen keine Spur. Ansonsten ein wirklich feines Set einer talentierten Musikerin.
Der musikalische Abschluss des Rolling Stone Weekenders 2013 ist einem weiteren talentierten Künstler vorbehalten, denn Glen Hansard ist neben seiner musikalischen Karriere, in der er u.a. Sänger von The Frames war, auch Schauspieler und verkörperte den Outspan Foster im Musikfilm Die Commitments. Schon den ersten Song Her Mercy präsentiert der extrem sympathische Frontmann mit viel Energie und Begeisterungsfähigkeit. Auch die später folgende Coverversion des Otis Reading Klassikers Respect ist stark und es wird schnell deutlich, dass alle hier auf der Bühne vertretenen Musiker ihr Handwerk beherrschen und die ganze Show sprüht nur so vor Spielfreude. Während des Auftritts bleibt sogar Zeit zum Kuscheln und das Publikum eröffnet den einen oder anderen Paartanz. Die Zuschauer singen bei diesem perfekten Festivalabschluss begeistert mit und Glen entlässt uns nicht ohne ein paar Weisheiten, von denen eine besagt, dass Satan Italiener ist, Jesus hingegen natürlich Ire!
Der Rolling Weekender unterstreicht an diesem Wochenende seine Ambition als äußerst friedliches und entspanntes Festival und als netter Ausklang der Saison! Wir freuen uns schon jetzt auf die Festivalsaison 2014, denn da kommt sicher wieder Einiges auf uns zu.
Wir haben für euch Bildergalerien der beiden Festivaltage zusammengestellt, die ihr hier oder durch Anklicken der Bilder erreichen könnt:
Bildergalerie: ROLLING STONE WEEKENDER 2013 Tag 1 (22.11.2013)
Bildergalerie: ROLLING STONE WEEKENDER 2013 Tag 2 (23.11.2013)
Autor & Fotos: Michael Gamon
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Bildergalerie: ROLLING STONE WEEKENDER 2013 Tag 2 (23.11.2013)