Freitag, den 12.07.2013:
Schon der Freitag zeigt sich wettertechnisch mit mittleren Temperaturen und ohne Niederschlag gut aufgelegt, so dass das Dorstival seine Vorzüge als familiäres, gemütliches Festival ausspielen kann, zumal das Ganze soundmäßig sogar wirklich gut abgemischt ist, der Klang ist gut und nicht zu laut.
Los geht es für uns mit 3D, die ihr Publikum mit einer Mischung aus Rock, Funk und Soul unterhalten und auch immer wieder Platz für Soli lassen. Die Lokalmatadoren kommen recht gut an und überzeugen u.a. mit Coversongs wie The Message von Grandmaster Flash oder It’s A Man’s Man’s Man’s World von James Brown.
Mehr Action auf der Bühne versprechen Mr. Irish Bastard, die schon beim Soundcheck mit einer sehr „eigenwilligen“ Accapella-Version von New York, New York aufwarten. Doch dann heißt es Spaß pur mit rockigen Songs irischer Prägung. Da wird dann auch schon mal eine „Circle Pit-Wall Of Death“ beim You Spin Me Around Cover (das geschickt mit Schnippseln von I was made for loving you angereichert wird) angeordnet, denn nur Circle Pit oder nur Wall Of Death kann heutzutage schließlich jeder. Die mittlerweile immer größer werdende Menge gibt derweil ihr Bestes und überhaupt ist die Stimmung jetzt sehr gut, es wird viel getanzt und geklatscht. „Wir mussten etwas später anfangen, denn wir schlafen gerne länger! Nein, eigentlich standen wir im Stau auf der A3“, ein Schicksal das angesichts der Vollsperrung wohl viele heute teilten. Von Müdigkeit ist aber hier und jetzt nichts zu merken und so präsentieren die Bastards neben bekannten Stücken auch schon einige Songs vom neuen Album, die ebenfalls sehr gut angenommen werden.
Weniger folkloristisch, dafür etwas härter geht es mit Massendefekt weiter, die ihren schnellen Punkrock mit deutschen Texten verzieren. Es geht gleich zügig los, ein Warmmachen ist nicht nötig um auf Betriebstemperatur zu sein. Präsentiert werden vor allem eher neuere Stücke, doch auch für Wünsche ist Platz und weil Schlagzeuger Dr. Ummer heute Geburtstag hat, darf er sich sein Lieblingslied wünschen. Dieser zeigt sich als Romantiker mit langen Haaren und so folgt Es tut noch immer weh. Kurz darauf ist es Zeit für ein Medley von Bands die von Massendefekt nach eigener Aussage „geschätzt" werden und so stimmt man gemeinsam mit den Fans Fight For Your Right, Boom Boom Boom Boom! I Want You In My Room, You’re My Mate, Last Ressort, und dann nach besonders peinlich Living On A Prayer und Wind Of Change an… Da freut man sich doch gleich wieder auf die nächste Eigenkomposition! Zum Abschluss kredenzen die Meerbuscher uns noch Ein Gruß gen Himmel mit dem einprägsamen Text „Wir trinken immer noch auf dich“, welches auch die Zuschauer wieder laut mitsingen. Das Ganze geht dann fließend in eine Punkrockversion des Neunziger Jahre Hits Mr. Vain über, der das stimmungsvolle Konzert beschließt.
Zeit den Härtegrad zumindest ein klein wenig zurückzufahren und dafür wieder etwas mehr das Tanzbein zu schwingen. The Meteors sind da und mit ihnen die vielleicht bekannteste Psychobilly Band überhaupt bzw. nach eigenen Aussagen sogar die einzig wahre. Überraschenderweise zeigt sich das Publikum zu Beginn noch verhalten, steigert sich nach den ersten Songs aber und vorne wird auch endlich wie längst erwartet gepogt. Die Stimmung ist aber sicher nicht mit einem reinen Meteors Konzert zu vergleichen, bei dem die World Wide Wrecking Crew ganz unter sich ist. Trotzdem macht es durchaus Spaß und so wird vor allem Drummer Wolfgang "The Machine" Hoerdeman den Auftritt in recht guter Erinnerung behalten, denn er kommt aus Dorsten! Zu den gespielten Tracks am heutigen Tag gehört natürlich auch das Rawhide-Cover und gegen Ende die beiden Rausschmeißer Get Off My Cloud und natürlich Wrecking Crew!
Nun wird es voll auf der Bühne und auch davor, denn alle Anwesenden wollen natürlich die Headliner des heutigen Tages sehen, denn diese sind wirklich ansehnlich: Die Leningrad Cowboys aus Finnland sind zu Besuch und das bedeutet 9 Männer und 2 Damen rocken jetzt gemeinsam die Bühne. Das verspricht Spaß pur und damit das auch eingehalten werden kann, darf auch ruhig der ein oder andere Spaßverstärker besungen oder angeordnet werden. Sei es dank der Coverversion von Tequila oder mit der unmissverständlichen Ansage „Are you tired? You need Vodka!”. Und selbst der King Of Rock’n’Roll bzw. eine zurück ins Leben gesendete Ausgabe ist mit von der Partie und nachdem "Elvis Aaron Presley" das Publikum eingestimmt hat, gibt‘s den Blitzkrieg Bop. Neben solchen Gassenhauern, zu denen natürlich auch weitere Coverversionen gehören, kommen vor allem die russisch angehauchten Songs wie Space Tractor gut an und es wird mitgeklatscht, während bei Swing-Nummern wie Sweet Home Chicago eher getanzt wird. Und so feiern die Nordländer gemeinsam mit ihren Fans bis spät in die Nacht und lassen ein begeistertes Publikum zurück.
Samstag, den 13.07.2013:
Der Spaß soll bei der nächsten Band dann auch nicht zu kurz kommen, denn mit Wisecräcker steht nun eine Ska Formation auf der Bühne und die sind ja immer gern gesehen auf Festivalbühnen dieser Welt. Zu Recht, denn der Auftritt macht nicht nur den Zuschauern, sondern auch der Band selbst eine Menge Spaß, was vielleicht auch an dem Bier liegt, das Sänger Alexander "Dr. Klüse" Mende passenderweise bei 3,4,5,6 Bierchen -einem Alkohol kritischen Lied- auf der Bühne wegzischt. Derweil haben die Fans längst damit begonnen, über das Gelände zu skanken. Etwas besinnlicher wird es bei Con Tigo Mas Bien, dem Lieblingslied des Sängers und weil es ein Liebeslied ist, singt er es auf Spanisch. Kein Zufall, denn nach eigener Aussage werden alle Songs mit peinlichen Texten auf Spanisch oder zumindest Englisch vorgetragen. Auf Deutsch gibt’s gegen Ende aber noch Muckerpolizei und zum Abschluss und damit als perfekte Einstimmung auf Grave Digger eine Cover-Version von Metallicas Master Of Puppets, die wirklich gelungen ist und bei der auch die Gitarren ordentlich zum Blaskonzert rocken! Starker Abgang und die Fans skandieren "keine Party ohne Ska" – so ist das!
Zu Grave Digger füllt sich das Gelände, insbesondere vor der Bühne, nun merklich. Die Band stammt aus Gladbeck und damit ganz aus der Nähe – quasi ein Heimspiel und das merkt man auch! Es herrscht eine klasse Stimmung vor der Bühne und auch die Akteure selbst hängen sich richtig rein, posen viel und zeigen auf der Bühne Spielspaß pur. Und wo wir schon einmal hier sind, kann man auch gleich mal ein bisschen persönlich werden und mit Wedding Day ein Lied über eine Frau aus Dorsten intonieren, von der Fronter Chris Boltendahl damals mal verarscht wurde. Eher auf die musikalische Vergangenheit zielt dann Excalibur mit dem die Band eine Reise in die Neunziger unternimmt. Dann steht uns Großes bevor, denn einer der bedeutendsten Welthits der Metalgeschichte wird angekündigt: Rebellion. Die Fans sind begeistert und rufen nach dem Song schnell nach einer Zugabe und sie sollen drei weitere Stücke bekommen, wobei Heavy Metal Breakdown natürlich der krönende Abschluss ist.
Wieder etwas weniger hart, dafür mit einem gehörigen Schuss Verrücktheit geht es mit Knorkator weiter. Statt Basti ist heute Jennifer am Bass zu finden, ansonsten ist alles wie gehabt, und das ist gut so! Nachdem sich Sänger Stumpen zunächst aus einem Bild erstreckt und sich dann aus seinem bunten Strampelanzug geschält hat, besitzt er endlich die volle Bewegungsfreiheit und es kann so richtig losgehen. Der Spaß steht im Vordergrund und angesichts so manches skurrilen Textes wird im Publikum geschmunzelt, gelacht und vor allem aber gerockt. Auch stimmlich wird so allerhand geboten, sei es Dank der unnachahmlichen Kopfstimme von Stumpen bei Songs wie Ich lass mich klonen, oder dem dunklen Organ von Alf Ator, der natürlich bei Böse von allerlei ach so schlimmen Schandtaten berichtet. Dieser Song ist auch showtechnisch in einem eh schon abwechslungsreichen Programm der Höhepunkt, denn während Alf „beichtet“, lässt sich Stumpen in einer großen Kugel über die Köpfe des Publikums hinweg von selbigem tragen. Bevor man aber angesichts der schockierenden Sünden Alfs denken könnte, dass Knorkator wirklich von Grund auf böse sind, entkräften sie diese Gedanken ganz schnell mit einer ganz eigenen Form der Wall Of Death, bei der die Zuschauer ganz langsam aufeinander zugehen und sich die Hand geben sollen. Das Publikum scheint dies nach Ansicht von Stumpen allerdings im Gegensatz zu ihm selbst nicht verstanden zu haben und so folgt folgerichtig Du Nicht, bei dem ordentlich gepogt wird und danach Kurz Und Klein, bei dem dann auch eine Gitarre dran glauben muss… wer von Zerstörung singt, muss wohl auch Zerstörung bringen 😉 Ersatzfrau Jennifer wird wenig später noch die Ehre zu teil, die Zweit- oder besser Drittstimme bei Wir Werden Alle Sterben zu übernehmen, womit auch das Mainset endet. Einzige Zugabe ist Warum, bei dem Stumpen noch einmal seine Kopfstimme zum Äußersten reizt und sich die Band danach leider verabschiedet. Warum???
Für den Schlusspunkt beim Dorstival 2013 sorgen am Ende Weissglut, eine Rammstein-Coverband, die sich natürlich bemüht, ihren Idolen auf der Bühne so ähnlich wie möglich zu sein. Das gelingt trotz aller Requisiten allerdings nur zum Teil, denn irgendwie mag kein echtes Rammstein-Feeling aufkommen. Sei es wegen der nicht vorhandenen Ähnlichkeit von Sänger Chris zu Till Lindemann, oder einfach nur der etwas blutleeren Performance, irgendetwas fehlt. Und so fehlen natürlich weder Hits wie Du Riechst So Gut noch Livekracher wie Asche zu Asche, wenn man aber das Original in diesem Jahr bei seinen Festivalauftritten mal wieder in Aktion erlebt hat, weiß man, dass das nicht das Gleiche ist. Und auch an andere Tribute-Formationen wie Stahlzeit oder gar Völkerball kommen die sympathischen Weissglut leider nicht ganz heran. So ist es ein netter, aber nicht überragender Ausklang eines wirklich interessanten Festivalwochenendes.
Danke Dorstival und vielleicht bis zum nächsten Jahr!
Die Fotogalerien der einzelnen Festivaltage im Überblick:
Galerie Dorstival Tag 1 (Freitag, den 12.07.2013)
Galerie Dorstival Tag 2 (Samstag, den 13.07.2013)
Autor & Fotos: Michael Gamon
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