Highlight des dritten Tages. Electronic Rock’n Roll nennen die fünf
ihren Sound und das trifft es auch sehr gut. Mal etwas gemächlicher, wenn
Sänger Torsten und seine Mannen wie in ihren Anfangstagen Anfang der
Neunziger Jahre in den Synthpop abdriften, dann aber auch wieder mit
energischem Elektrorock mit André als zweiter Gesangsstimme, ganz im
Stile von Nitzer Ebb und umso mehr von And One, wenn Chris Ruiz dort
Steve Naghavi gesanglich unterstützt. Doch enden hier auch schon
weitestgehend die Ähnlichkeiten Days Of Fates’ mit den genannten Bands.
Überzeugen kann man sich davon auch auf ihren drei bisher
veröffentlichten Alben, von denen sich das aktuelle Album "Traffic",
welches im März 2007 erschien, immerhin drei Wochen lang in der Top Ten
der Deutschen Alternative Charts (DAC) behaupten konnte. Mich haben die
Jungs aus Dresden live jedenfalls voll überzeugt und das nicht nur
durch ihr sympathisches Auftreten, sondern auch ihre Songs mit Tiefgang.
Dazu -quasi zur Abrundung- noch eine gelungene Coverversion des Placebo
Hits "Bitter End", der das Auftrittsende alles andere als bitter
erscheinen lies.
Mit technischen Problemen hatten danach Marsheaux zu kämpfen, doch
nachdem urplötzlich nichts mehr ging, konnte der Auftritt nach gut zwei
Minuten fortgesetzt werden. Marsheaux kommen entgegen dem französisch
anmutenden Namen aus Thessaloniki in Griechenland und haben sich dem
Synthpop der 80er Jahre verschrieben und Einflüsse solch bekannter Acts
wie Depeche Mode, OMD, Yazoo oder Human League lassen sich sicher nicht
von der Hand weisen. Aber natürlich kommt einem bei einem solchen
Synthpop-Duo auch gleich ein Name wie Client in den Sinn und ganz falsch
liegt man damit ganz sicher auch nicht, denn ähnlich den Mädels von
Client, sind die Songs der beiden Griechinnen recht monotone Synthstücke
mit Erotikfaktor. Letzterer wird auch durch die Videoshow im Hintergrund
noch weiter untermauert, ansonsten ist die Show recht einfach gehalten.
Für mich stach vor allem die Human League Coverversion "Empire State
Human" hervor, die meisten anderen Songs ähnelten sich leider zum Teil
doch sehr.
Wenig Zeit blieb uns danach für Onetwo, da wir kurzfristig zur Agra
wechseln wollten. Zum Glück hatte ich Onetwo im letzten Jahr zweimal
(gemeinsam mit Psyche und als Opener für The Human League) live sehen
können, so dass dies zu verschmerzen war. Die Band wurde im Jahre 2004
von Propaganda-Sängerin Claudia Brücken und Paul Humphreys, einem Teil
von OMD gegründet und wie diese Wurzeln schon vermuten lassen, ist die
Gruppe im weitesten Sinne dem Synthpop verschrieben. Live wird die Band
durch weitere Musiker verstärkt und bietet Songs ihrer gemeinsamen
Arbeiten auf, aber auch für das ein oder andere Relikt aus den
Vorgängerbands ist noch Platz. Auch Onetwo hatten im Kohlrabizirkus mit
technischen Problemen zu kämpfen, doch ist die Band natürlich abgeklärt
genug, um mit solchen Unwegsamkeiten umgehen zu können.
Uns verschlug es alsbald aber wie geplant in die Agra, wo Christian
Death 1334 angekündigt waren, die sich wegen Namensrechtstreitereien
allerdings nur noch CD 1334 nennen. Diese Band mit all der Historie die
dazugehört, war wohl das heißeste Eisen, dass die WGT-Veranstalter in
diesem Jahr angepackt hatten, handelt es sich hierbei doch um die "alte"
Band Christian Death ohne Sänger Valor, der seinerzeit Rozz Williams
ersetzte. Brisant darum, weil Sänger Valor die Rechte am Namen der
Ursprungsband erworben hatte und dieser am Montag unter dem Namen
Christian Death ebenfalls beim WGT auftrat. CD 1334 erblickt 2007 zum
25. Jubiläum der Kultplatte "Only Theatre Of Pain" das Licht der Welt
und besteht aus den ehemaligen Christian Death Mitgliedern Rikk Agnew
(Gitarre), James McGearty (Bass), Christian Omar Madrigal Izzo (Drums),
dem ex-45 Grave Gitarristen Jaime Pina und der Queen Of Goth Eva O. Und
so bestand das Set beim WGT zu weiten Teilen natürlich aus eben jenem
Klassiker. Die Fans, die sich nach Rozz Williams’ Ausstieg bei Christian
Death seit jeher in zwei Lager gespaltet hatten, feierten ihre Heroen
mit großer Begeisterung und Eva O. wurde immer wieder persönlich
angesprochen und weiter motiviert. Natürlich sind die Jahre auch an
Sängerin Eva nicht spurlos vorbeigegangen, doch trotzdem ging der Sound
gut nach vorne und spätestens bei meinem absoluten Christian Death
Lieblingsstück "Romeos Distress" gab es kein Halten mehr. Der Song wurde
live sogar noch einiges rockiger als in der Studioversion gespielt und
klang wie vieles andere dieses Gigs schon fast metallastig. Ein wirklich
guter Auftritt und bis hierher hatten sich die Befürchtungen bezüglich
der "Doppelbuchung" auch nicht als berechtigt erwiesen, denn am
Sonntag blieb es noch ruhig.
Nach diesem Kurzbesuch ging es wieder zurück in den Kohlrabizirkus, wo
wir offensichtlich ein grandioses Konzert der C-64-Elektroniker von
Welle:Erdball verpasst hatten. Hier soll es enorm voll und die Stimmung
zum zerbersten gewesen sein. Zum Glück standen Welle:Erdball für den
Montag noch einmal auf dem Plan und zwar zur 15-jährigen
Geburtstagsparty der Band in der deutlich kleineren Moritzbastei, doch
dazu später mehr. Ebenfalls weitgehend verpasst hatten wir allerdings
auch den Auftritt der schwedischen Synthpop-Band S.P.O.C.K, die mit dem
tollen "Out There" bereits den Endspurt des Gigs einläuteten. Die Band
besteht aus Sänger Android – Alexander Hofman, Keyboarder Krull-E –
Christer Hermodsson und Yo-Haan – Johan Malmgren, der ebenfalls
Keyboards bedient. Um S.P.O.C.K war es in den letzten Jahren still
geworden (ihre letzte Veröffentlichung stammt aus dem Jahr 2001) und
beim WGT feierten sie ihr Comeback. Die Stimmung im Publikum war
entsprechend gut und man sah dem Publikum nicht nur wegen der
vereinzelten Schwedenflaggen an, dass sie diesen Auftritt herbeigesehnt
hatten. Und auch die Band selbst hatte eine Menge Spaß auf der Bühne und
lies sich für die Zugaben gebührend anfeuern, bevor S.P.O.C.K’s größter
Hit "Never Trust A Klingon" ihren Auftritt vollendete.
Nach S.P.O.C.K trat der Headliner des heutigen Kohlrabizirkustages auf
den Plan: Mesh! Die Engländer begannen mit ihrer Standarderöffnung –
"Firefly" und es folgten Hits am laufenden Band, vornehmlich aber Songs
des letzten Albums "We Collide". An allen Ecken der Halle wurde getanzt
und mitgesungen und der dritte Song des Sets war quasi wieder einmal bei
Mesh Programm: "This Is What You Wanted" schallte es aus den
Lautsprechern und das Publikum konnte dies nur bejahen. Natürlich
durften auch Songs wie "Leave You Nothing" oder "Friends Like These"
nicht fehlen. Den Abschluß besorgte zunächst nach einer knappen Stunde
der Hit "From This Height", doch wollten die Fans natürlich auch von
Mesh noch etwas mehr und so folgten mit "Can You Mend Hearts" und
"Crash" noch zwei weitere Zugaben, womit der Abend im Kohlrabizirkus
würdig beendet wurde. Wieder einmal haben die Jungs aus Bristol einen
überzeugenden Auftritt abgeliefert und bewiesen, dass sie zur
Speerspitze des Genres gehören und Spaß bei und mit ihnen
vorprogrammiert ist.
Weiter ging es aber noch an anderen Stellen und für mich stieg die
Vorfreude auf alte Bekannte meiner musikalischen Lebensreise ins
Unermessliche, denn nach langer Zeit gaben sich Fields Of the Nephilim
mal wieder die Ehre und traten als Headliner des diesjährigen WGT in der
Agra auf. Und dass diese Verpflichtung eine Leistung ist, beweist -neben
dem Massenauflauf an Fotografen im Fotograben- die Euphorie mit der der
Veranstalter die Band ansagte und sie als eine der drei größten Bands
der Szenegeschichte bezeichnete. Nicht zu unrecht, denn Fields Of The
Nephilim wurden 1983, also genau 25 Jahre vor ihrem WGT-Auftritt
gegründet und hatten die Musikwelt bis 1991 ordentlich durcheinander
gewirbelt. Ihre Alben, allen voran das Debut "Dawnrazor" und das
folgende Kultalbum "The Nephilim" schlugen damals ein wie eine Bombe und
fortan wurde die Band in einem Atemzug mit Größen wie The Cure, The
Mission oder den Sisters of Mercy genannt. Songs wie "Moonchild", "Love
Under Will" oder "Last Exit For The Lost" sind heute absolute Klassiker
und werden noch immer gerne in Clubs gespielt. Nachdem sich die Band
1991 aufgelöst hatte, machte Sänger Carl McCoy unter dem Namen "Nefilim"
weiter, wobei er eine etwas härtere Gangart einschlug. Seine Mitstreiter
gründeten zunächst die Gruppe "Rubicon", der noch weitere Projekte
folgten. Seit 2005 hat Carl McCoy Fields Of The Nephilim reanimiert und
im gleich Jahr erschien mit "Mourning Sun" auch ein neues Album. Eine
Tour sollte eigentlich Ende 2006 folgen, wurde jedoch abgesagt. Nun
endlich der erste Auftritt in Deutschland seit so langer Zeit.
Und die Fields legten bei "Shroud" vom letzten Album zunächst
instrumental vor, bevor Carl die Bühne betrat und gleich klar wurde,
dass sie nichts verlernt hatten. Ich hatte sie Ende der 80er Jahre ein
paar mal live gesehen und war damals einfach nur begeistert gewesen.
Umso glücklicher war ich, dass ich in diesem Jahr nicht enttäuscht
wurde. Schon als vierten Song präsentierten sie "Dawnrazor" und gleich
danach den wohl größten Hit ihrer Geschichte, der so manchem Kind der
Nacht zu seinem Spitznamen verhalf: "Moonchild". Der Set war ansonsten
hauptsächlich mit Songs des 2005er Albums gespickt, aber der ein oder
andere Song aus den Anfangstagen war auch dabei. Erste Zugabe nach einer
guten Stunde war "Preacher Man", bevor eine grandiose Version von "Last
Exit For The Lost" das Konzert und damit den Abend beendete. Dieser Song
verdeutlicht wie kaum ein zweiter, was Waverock der achtziger Jahre
bedeutet. Langsam baut er sich auf, um am Ende des knapp zehnminütigen
Stücks mehr und mehr zu explodieren. Untermalt wurde das Ganze über die
volle Konzertlänge von einer unglaublich atmosphärischen Show und einem
noch immer vor Charisma strotzendem Carl McCoy, der mit seinen Mannen
das gesamte Publikum in der Agra in den Bann zog. Die Fields sind zurück
und ich warte nun auf einen Nachschlag …
Der Bericht und Fotos vom Samstag sind bereits HIER online, der Montag folgt in Kürze
Später gibt es dann auch noch ausführlichere Fotosets der jeweiligen Konzerte.